Corona in Lübeck: Schulen und Kitas bereiten sich auf die Öffnung vor

Rüdiger Rückbrodt ist vor allem froh, „dass die Kinder wieder in die Schulen kommen dürfen.“ Der langjährige Leiter der Kahlhorst-Schule weiß, „dass den Kindern die Schule und der Kontakt untereinander unendlich fehlt.“ Schule sei ja nicht nur Mathe, Deutsch und Sachkunde, sondern auch der Besuch im Museum oder auf dem Bauernhof. Rückbrodt: „Auch das gehört zur Kindheit dazu.“ Mindestens eine Woche lang Wechselunterricht: Auch Ulf-Michael Cosmus sagt: „Wir freuen uns auf den 1. März. Es ist schön, dass die Kinder wieder in die Schule kommen.“ Der Leiter der Kaland-Schule macht aber keinen Hehl daraus, dass die Öffnung der Grundschulen nach der monatelangen Corona-Pause mit erheblichem Aufwand verbunden ist. „15 Klassen sind ab Montag wieder da“, rechnet Cosmus vor. Jede Klasse wird halbiert. D ie eine Hälfte startet mit Präsenzunterricht, die andere Hälfte bleibt noch im Distanzunterricht. Dann wird gewechselt. Präsenz- und Distanzunterricht gleichzeitig und die Notbetreuung seien eine personelle Herausforderung. Cosmus: „Ich habe ja keine zweite Mannschaft auf der Auswechselbank sitzen.“ Im laufenden Schuljahr besuchen 7142 Kinder die 35 Grundschulen und vier Außenstellen in der Hansestadt. Die Grundschüler sind auf 360 Klassen aufgeteilt. Das geht aus der Schulstatistik der Hansestadt hervor. Die Mühlenweg-Schule wechselt täglich zwischen Präsenz- und Distanzunterricht. Vorteil: „Die Schüler, die montags in der Schule sind, nehmen gleich die Aufgaben für den Distanzunterricht am Dienstag mit“, nennt Schulleiterin Jeanette Burat ein Beispiel. 190 Kinder zählt die Grundschule. Die 14 Lehrkräfte seien ausreichend für Wechselunterricht und Notbetreuung. Aber, so die Schulleiterin: „Die Personalplanung ist wie ein Sudoku.“ „Wir wechseln tageweise“, erklärt Stephanie Arden, Leiterin der Dom-Schule , „die kurzen Abstände zwischen den Präsenzphasen halten wir für pädagogisch sinnvoller.“ Die Kinder aus der Notbetreuung werden in ihre Klassen aufgenommen. Allerdings habe das Land vorgegeben, dass maximal 60 Prozent der üblichen Klassengröße erreicht werden darf. Für den Distanzunterricht nutzt die Grundschule mit 212 Kindern und 18 Lehrkräften die ganze Bandbreite der Angebote – von Videokonferenzen bis zum Material im Hängeregister. „Da unsere Kinder den Distanzunterricht gut meisterten, ist der wöchentliche Wechsel eine neue Herausforderung, aber nichts, was wir nicht bewältigen“, sagt Jörg Rosenberger. Die Schule am Koggenweg hat den Mittwoch für den Onlineunterricht der „Zuhauseschüler“ reserviert. „Da ist der Lehrer als Ansprechpartner immer zu erreichen“, erklärt der Schulleiter. Insgesamt sieht Rosenberger die Öffnung der Schulen kritisch: „Leider wird das Pferd immer von hinten aufgezäumt.“ Erst impfen, dann testen, dann Schule – das wäre der bessere Weg gewesen. Lesen Sie auch Kontaktverfolgung bei Corona: Lübeck setzt auf App „Luca“ Verhafteter Geldtransporter-Räuber ist Reemtsma-Entführer Thomas Drach Oldenburg: Polizei löst Corona-Party auf Jede Menge Masken: Jedes Kind brauche drei Masken am Tag, schätzt Schulleiter Rüdiger Rückbrodt. Die gleiche Zahl nennt sein Kollege Ulf-Michael Cosmus. „Maskenpflicht in der Schule ist nichts Neues“, berichtet Jeanette Burat von der Mühlenweg-Schule, „aber jetzt müssen es medizinische Masken oder FFP2-Masken sein.“ Die Dom-Schule habe medizinische Masken vom Land bekommen, sagt Schulleiterin Stephanie Arden: „Aber das sind Einmal-Masken. Unsere Schule kann nicht in großem Maßstab Masken kaufen.“ Die ausreichende Versorgung der Kinder liege in der Verantwortung der Eltern. Was bedeutet eingeschränkter Regelbetrieb in Kitas? Land und Stadt haben geregelt, dass nicht gleich alle Kinder wieder in die Betreuungseinrichtungen dürfen. Sondern erst einmal nur die Sprösslinge von Eltern, die in systemrelevanten Berufen wie Polizei, Arzt oder Lehrerin arbeiten. Oder der Nachwuchs von Eltern, die beide berufstätig sind und die Kinder nicht woanders unterbringen können. Kinder von berufstätigen Alleinerziehenden und Kinder mit besonderem Schutzbedarf sowie Kinder, die mit hohem Aufwand gepflegt werden müssen. Laut Perspektivplan der Landesregierung dürfen wieder alle Kinder in die Kitas, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in Lübeck drei Wochen lang unter 100 oder eine Woche lang unter 50 liegt. In ganz anderen Größenordnungen kalkuliert Dörte Eitel vom Kitawerk, dem mit 38 Einrichtungen größten Kita-Anbieter in Lübeck. „Wir haben gerade wieder 30 000 Masken bestellt.“ Am 1. März werden das Betretungsverbot und die Beschränkung der Gruppengrößen in den Lübecker Kitas zunächst für eine Woche aufgehoben. Ab Montag gilt der eingeschränkte Regelbetrieb. Eingeschränkt bedeutet, dass noch nicht wieder alle Kinder kommen dürfen. Dörte Eitel vom Kitawerk rechnet mit einer Auslastung ihrer Kitas von 75 Prozent. Immer mehr Kinder in der Notbetreuung: Schulen wie auch Kitas standen im zweiten Lockdown nicht monatelang komplett leer. Es gab die Notbetreuung. Ein paar Zahlen: In der Kahlhorst-Schule wurden bis zu 145 von 450 Kindern in der Schule betreut. In der Dom-Schule waren es 48 bis 52 von 212. Fast 100 von 333 Kindern wurden in der Kaland-Schule betreut. In der Mühlenweg-Schule waren es bis zu 35 von 190. Beim Kitawerk, dem größten Kitaträger, sind momentan rund 30 Prozent der über 2000 Kinder in der Notbetreuung. Bei den zwölf Kitas von Kinderwege schwankt die Zahl der Kinder in Notbetreuung von 40 bis 83 Prozent. Bei den zehn Schulkindhäusern sind es zwischen 17 und 91 Prozent. Von insgesamt 2362 Kindern, die täglich von Kinderwege betreut werden, sind aktuell 960 in der Notbetreuung. In den 28 städtischen Kitas sind 32 Prozent der Kinder in der Notbetreuung. Von Kai Dordowsky