Die Grenzen des Konsums

Gegensätzlicher hätten die Standpunkte und Argumente der Podiumsteilnehmer kaum sein können. Kathrin Menges (Henkel-Vorstand), Professor Meinhard Miegel (Sozialwissenschaftler und Wachstumskritiker) und Tobi Rosswog (Aktivist, Karriereverweigerer und praktizierender Konsumkritiker) waren selten einer Meinung. „Wir konsumieren mehr als die Erde hervorbringt“, sagte Professor Christian Berg von der Uni Kiel, der die Runde moderierte. „Und wir konsumieren auch mehr, als wir brauchen.“ Der Planet werde geplündert, die Ozeane verdreckt, lautete seine Einschätzung. Rosswog teilte diese Ansicht. Er lebte jahrelang frei von Geld oder eigener Wohnung und versorgte sich mit dem, was andere weggeworfen hatten. Es sei enorm wichtig, Vorhandenes sinnvoll zu nutzen, sagte der Aktivist. „Das ist das Nachhaltigste, was man tun kann.“ Kleidung beispielsweise werde nicht einfach „aufgebraucht“, sie könnte problemlos mit anderen geteilt werden. Die Grundfrage sei, ob die Menschen alle paar Jahre ein neues Handy, ein Laptop oder ein Auto bräuchten. „Die Hamsterspirale darf nicht weiter angeheizt werden“, sagte Rosswog. „Die Erde hat nicht nur eine Produktivkraft“, befand Miegel. „Sie hat auch eine Entsorgungskapazität.“ Etwa 20 Prozent aller Menschen würden mehr Müll produzieren, als sich entsorgen ließe – „einschließlich der Deutschen, egal, ob arm oder reich“. Kathrin Menges, die Mitglied im Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung ist, lobte ihr eigenes Unternehmen Henkel unter anderem für seine selbst auferlegte Umweltverpflichtung und die Traditions-Firmenführung als „besonders nachhaltig“. Dem widersprach Miegel: „Wir benutzen den Begriff der Nachhaltigkeit, weil das heute einfach dazugehört.“ Zu Beginn des Abends hatte Dr. Angela Huang von der Forschungsstelle für die Geschichte der Hanse und des Ostseeraums einen Exkurs in die Welt des Konsums gewagt. Huang streifte auch die Zeit des Mittelalters, wo bereits eine breite Kommerzialisierung der Gesellschaft habe beobachtet werden können. „Diese Zeit war der Aufbruch in den Konsum“, sagte Huang. Statt Alltagsgüter selbst herzustellen, konsumierten die Menschen zunehmend Güter, die über den Handel bereitgestellt worden seien, so die Expertin. jac

Lübeck - Die Grenzen des Konsums