Festnahme nach Angriff auf Lübecker Bank: So lief die Aktion des SEK

Großes Polizeiaufgebot an der Fackenburger Allee: Die Busspur steht voll mit Streifenwagen. Am Montagnachmittag zieht die Bankfiliale der Commerzbank kurz vor der Einmündung in die Ziegelstraße Blicke auf sich. Fast alle Scheiben der Front sind beschädigt. Über den Gehweg ist Flatterband bis zur Bushaltestelle gespannt. In etwas Entfernung bleibt der Blick bei mehreren Polizeibeamten hängen, die sich vor einem Haus, nur wenige Meter von der Bankfiliale entfernt, sammeln. Es dauert nicht lange, bis von Passanten zu hören ist, dass in der Bank jemand randaliert und dabei die Scheiben zerschlagen hat. Einige Zuschauer stehen auf beiden Seiten der Fackenburger Allee und beobachten die Szenerie. Es ist kurz nach 14 Uhr. Seit einer guten Stunde geht das schon so, erklärt ein Beobachter und gibt zu verstehen, dass er das Geschehen schon von Anfang an verfolge. Tatverdächtiger dem Amtsarzt vorgeführt: Ein bewaffneter 26-jähriger Lübecker soll am Montag die Scheiben einer Commerzbankfiliale in der Fackenburger Allee eingeschlagen haben und sich daraufhin im Nebengebäude verschanzt haben. Ein Spezialkommando überwältigte den mutmaßlichen Täter am späten Nachmittag. Die Polizei teilte am Dienstagmorgen mit, dass der Festgenommene noch am Abend einem Amtsarzt vorgeführt wurde. Dieser habe ihn anschließend in eine geschlossene Psychiatrie eingewiesen. Das Motiv für seine Tat bleibt nach Auskunft der Polizei weiter im Dunkeln. Ob dieses im Zusammenhang mit dem bekanntgewordenen Vollstreckungshaftbefehl steht, konnte auch gestern nicht beantwortet werden. Der Einsatz auf offener Straße entwickelte sich bis zum Zugriff zur Geduldsprobe für die Einsatzkräfte – mit glücklichem Ausgang. Schaulustige am Straßenrand: Polizisten halten immer wieder Fußgänger davon ab, sich an dem Absperrband vorbei ihren Weg zu bahnen. Am Gebäude, vor dem die Beamten stehen und mit Schutzschilden einen Zugang blockieren, führt eine Außentür offenbar in den Keller. Vor den Fenstern zum Keller stehen mehrere Mülltonnen. Es scheint, als hätte die Polizei diese bewusst als Schutz positioniert. Immer wieder versuchen Beamte, an den Lücken der Mülltonnen vorbei im Inneren der Räumlichkeiten etwas zu erkennen. Zwischendurch rufen sie einen Namen. Keine Bewegung, keine Antwort. Ab und zu ist zu beobachten, dass Beamte das Haupthaus betreten. Gegen 15.30 Uhr hört man ein Fahrzeug mit Sirenen näher kommen. Diese unterscheidet sich von denen der immer wieder vorbeifahrenden Rettungswagen. Nur Sekunden später fährt ein dunkler SUV mit einem einzelnen Blaulicht vor. „Da kommt das SEK“, raunt einer der umstehenden Zuschauer. Und richtig, aus dem Fahrzeug steigen zwei Herren mit Sturmhaube auf dem Kopf. Man kann beobachten, wie sie von Polizisten auf den neuesten Stand gebracht werden. Dann kehren sie zu ihrem Fahrzeug zurück und legen ihre Schutzausrüstung an. Im olivfarbenen Kampfanzug und mit Schutzweste und Helm bekleidet, kehren sie zum Treppenaufgang zurück. Bewaffnet mit Maschinenpistole und Schutzschild beziehen sie Stellung und übernehmen offenbar die Bewachung des Zuganges. Und dann passiert erst einmal – nichts. Absichern und warten: Freeze, also Einfrieren nennt man das Vorgehen im Polizei-Jargon. Einfach nur absichern und weitere Schritte so sicher wie möglich für alle Beteiligten vorbereiten, wird später ein Polizeisprecher erklären. Noch etwa 30 Minuten später fährt ein dunkler Mercedes mit Blaulicht vor. Dem entsteigen wieder zwei SEK-Beamte. Einer von ihnen gesellt sich mit einer Ramme zu den beiden am Kelleraufgang. Wieder vergehen unendlich lang wirkende Minuten. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite haben sich in der Zwischenzeit über eine Länge von gut 100 Metern etliche Zuschauer versammelt, welche gebannt vor den Geschäften stehen und das Geschehen interessiert verfolgen. Die meisten von ihnen ohne Maske, eng an eng. Polizisten ermahnen zum Schutz vor Corona. Andere Beamte sind damit beschäftigt, immer wieder Fußgänger hinter der Absperrung zu halten und neugierige, langsam vorbeirollende Autofahrer zur Weiterfahrt zu bewegen. Zugriff mit Beamten in voller Schutzausrüstung: Dann geht auf einmal alles sehr schnell: Weitere Fahrzeuge, allen voran ein weißer Lieferwagen ohne Kennzeichen, fahren vor. Mehr als zehn schwerbewaffnete Beamte in voller Schutzausrüstung rücken vor. An einer Art Lanze wird kurz etwas vorbereitet, und dann verschwinden alle im Kelleraufgang. Bei den umstehenden Personen kann man beobachten, wie sie sich in Erwartung eines Knalls die Ohren zu halten. Punkt 17.12 Uhr: Ein kurzes Rammgeräusch an der Tür, ein wenig Geschrei und dann: Stille! Nach nur wenigen Sekunden kommen die ersten Sondereinsatzkräfte wieder die Treppe herauf. Der große Knall ist ausgeblieben. Lesen Sie auch Die Feuerwehr warnt: Auf Eis herrscht Lebensgefahr Zeugen gesucht: Transporter beschädigt in Lübeck Fahrzeug und flüchtet Das Sondereinsatzkommando verschwindet ebenso schnell, wie es aufgetaucht ist, wieder vom Ort des Geschehens. Wenige Minuten später bringen Polizeibeamte einen Mann in beigefarbener Hose und grünem Pullover in Handschellen zu einem der Streifenwagen. Über dem Kopf hat er eine Jacke, um ihn vor den Blicken Dritter zu schützen. In Windeseile verlassen zwei Streifenwagen das Geschehen. Absperrbänder werden entfernt, und nach kurzer Zeit ist nach fast viereinhalb Stunden alles so, als ob nie etwas passiert sei. Nur an der Bankfiliale arbeiten in der Zwischenzeit Glaser, um die Schäden zumindest notdürftig zu reparieren. Zur Schadenshöhe und zu Auswirkungen des Vorfalls auf den Bankalltag gibt die Commerzbank auf LN-Anfrage keine Auskunft. Von MOPICS