Haftbefehl in Lübeck wegen Totschlags: Verdächtiger war ein Waffennarr

Ein 57-Jähriger Lübecker soll einen Mann, der in sein Haus eingedrungen war, durch drei Schüsse in den Rücken getötet haben. Gegen ihn wurde Haftbefehl erlassen. Das teilte die Staatsanwaltschaft Lübeck am Freitag Vormittag mit. Der Mann steht unter dringendem Tatverdacht des Totschlags, zudem bestehe Fluchtgefahr. Stoff für einen Krimi: Zwei Männer streifen durch die feine Lübecker Gegend: Was sich in der vorletzten Nacht des Jahres im Lübecker Stadtteil St. Gertrud abgespielt hat, gäbe ein Drehbuch für einen Fernseh-Krimi ab: Zwei Männer streifen durch die feine Villengegend an der Straße Am Burgfeld, nicht weit vom Stadtpark, ebenfalls nicht weit vom Lübecker Amtsgericht. Eine ehemals prächtige Villa sticht heraus: Der Garten ist verwildert, das Gartentor rostig, auch das wuchtige Gemäuer des Hauses ist verwittert und fleckig. Die zwei Einbrecher klettern durch ein Kellerfenster in die Villa: Die Villa scheint leer zu stehen und zu verfallen, so schildert es die Staatsanwaltschaft, die einen der zwei Männer als ihren wichtigsten Zeugen vernehmen ließ. Das Haus weckt die Neugier der beiden und verleitet sie zum Einsteigen: Sie klettern am frühen Morgen durch ein Kellerfenster in das Haus. Was die Männer nicht wissen: Das Haus ist bewohnt, und zwar offensichtlich von einem Mann mit einem großen Faible für Waffen. Im Haus überrascht der bewaffnete Bewohner die Eindringlinge: Bei ihrem Streifzug durch die Villa werden die beiden Eindringlinge im zweiten Obergeschoss von dem 57-Jährigen Bewohner erschreckt, wahrscheinlich mit einer Waffe in der Hand. Die beiden ergreifen die Flucht, der Hausbewohner nimmt die Verfolgung auf. Den Flüchtenden gelingt es, das Haus zu verlassen. Der 38-jährige Eindringling, der als zweiter ins Freie kommt, wird aber von mehreren Schüssen in den Rücken getroffen. In der nahen Adolfstraße bricht er zusammen, wird von Anwohnern entdeckt und stirbt nach dem Transport ins Krankenhaus. Als die Polizei aufs Dach kommt, hat der Bewohner die Waffe in Reichweite: Sein Bekannter entkommt ohne Verletzungen. Er wird sich später selbst an die Polizei wenden und umfassend aussagen. Eine Frau, die ebenfalls als Zeugin befragt wird, erkennt den Verfolger der Einbrecher. Der 57-Jährige geht wieder in sein Haus und betritt das Dach, das von einem steinernen Geländer umfasst ist. Eine Waffe hat er bei sich. Als die Polizei wenig später an diesem Morgen die Villa betritt, kommt sie zu dem Hausbewohner aufs Dach, der die Pistole in Reichweite hat – aber nicht danach greift. Er lässt sich ohne Gegenwehr festnehmen. Der Kampfmittelräumdienst bringt Waffen und Munition aus der Villa: Als am Tag die Lübecker Polizei das Haus gründlich durchsucht, entdeckt sie weitere Waffen und fordert den Kampfmittelräumdienst aus Kiel an. Neben der Pistole, die der Mann auf dem Dach bei sich hatte, bringen die Ermittler ein Gewehr, einen Revolver sowie eine Handgranate aus der Villa. Dazu werden mehrere Kisten Munition sichergestellt. Für die drei Schusswaffen habe der Mann eine waffenrechtliche Erlaubnis besessen, sagt die Lübecker Oberstaatsanwältin Ulla Hingst. Genaue Angaben zur Menge der Munition und weiterer Funde könne sie bisher nicht treffen. „Das wird noch eine Weile dauern“, sagt Hingst, will diesen Hinweis aber nicht auf eine große Menge bezogen wissen. Eindringliche waren offenbar neugierig auf diesen „Lost Place“: Der 57-jährige Verdächtige verweigert die Aussage. „Er lässt sich nicht ein“, sagt Hingst. Der Mann wird von einem Pflichtverteidiger vertreten. Seit Donnerstag befindet er sich in der Justizvollzugsanstalt Lübeck. Die Staatsanwaltschaft Lübeck hat keine Hinweise darauf, dass die beiden Eindringlinge etwas stehlen wollten. Laut der Schilderung des Überlebenden seien sie schlicht neugierig auf diesen „Lost Place“ gewesen, meint Hingst. Der Verstorbene habe weder Rucksack noch Tasche bei sich gehabt, mit denen mögliche Beute hätten fortgeschafft werden können. Die Ermittler gehen daher nicht von einem Einbruch aus, sondern von Hausfriedensbruch. Von Lars Fetköter