Tanzend versuchen sich Said Zakiev und Xia Sheng herauszufordern, täuschen an und gehen in Deckung. Dann geht alles ganz schnell: Zakievs Fäuste schlagen in die Deckung ein, Tritte bringen den Gegner ins Taumeln. Der nächste Schlag zwingt Zakiev in die Seile. Die Menge tobt. Es ist „K1-Warriors Fightnight“ — und die Hansehalle ist so gut wie ausverkauft. „Das ist mal was anderes als Handball“, sagt Jule, die sich mit ihren Freundinnen Anna und Marie die Kämpfe anschaut. Durch Freunde sind die 17-Jährigen auf die Veranstaltung aufmerksam geworden. 30 Sportler messen sich bei der Fightnight in verschiedenen Disziplinen und Gewichtsklassen. Neu im Programm ist Shooto, ein eigenständiger Mixed- Martial-Arts-Kampfsport aus Japan.
Heavy-Metal-Musik dröhnt aus den Lautsprechern und begleitet die Sportler durch das Publikum zum Ring — jeder Takt heizt die Menge etwas mehr an. Bevor es vom Ringrichter „Fight!“ heißt, werden die Bandagen der Kickboxer überprüft. Das dient nicht nur der Fairness, sondern auch der Sicherheit der Kontrahenten. Während des Kampfes sind lediglich die Rufe der Trainer zu hören. Sie geben ihren Schützlingen lautstark Anweisungen und motivieren sie. Für einige der Kampfsportler ist es das erste Duell vor großem Publikum. Für eine solche Anzahl Neulinge sei das technische Niveau insgesamt gut, sagt Andreas Wiechmann, ehemaliger Profi und stolzer Siegertrainer an diesem Abend. Seine Mutter Karin sitzt auch im Publikum. „Es ist schade, dass der Sport so wenig Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bekommt“, sagt die 65-Jährige. „Viele denken immer noch, dass Kampfsport Gewalt ist.“
Die Kampfsportszene präsentiert sich an diesem Abend wie eine große Familie, die Kämpfe sind fair: Einige Sieger und Verlierer fallen sich nach der Entscheidung der Richter sogar in die Arme, alle beglückwünschen sich — an diesem Abend geht es um Sport. Das zeigt auch die Stimmung der 2000 Zuschauer, die gebannt die Kämpfe verfolgen, harte Treffer mit einem Raunen kommentieren und in den Pausen die Duelle diskutieren. Davor Glusac, der die Kampfnacht jedes Jahr mit organisiert, ist zufrieden: „Das war eine rundum schöne und friedliche Veranstaltung, die dem Zuschauer viel bot“, sagt er: „Ohne unsere Unterstützer wäre das nicht möglich.“
Mit Zurufen und Jubeln werden die Kontrahenten angefeuert — auch die Kämpfe gewinnen im Laufe des Abends an Härte. „Die Stimmung ist toll“, sagen Verena und Andreas (beide 45) Meinhold, die das Geschehen zusammen mit Sohn Fynn und Freunden von der Tribüne aus verfolgen. Auch der Cheforganisator der „K1-Warriors Fightnight“ zieht eine positive Bilanz: „An diesem Abend haben die Kämpfer gut zusammengepasst“, sagt Karsten Honhold, der Betreiber des World of Punch in Lübeck ist. „Das war eine runde Sache.“ Höhepunkt des Abends ist der Kampf um den Internationalen Deutschen Titel im Halbschwergewicht zwischen dem Kölner Patrick Kolbe und Alavutdin Gadhziev, den der Russe für sich entscheiden kann und sich dafür vom Publikum feiern lässt.
Am 2. November geht die „Fightnight“ in die nächste Runde.
Philip Schülermann