Interview: Lübecks neue Senatorin Monika Frank

Den Ort für das LN-Interview mit der neuen Kultur- und Bildungssenatorin Monika Frank hat die SPD durchaus mit Bedacht ausgewählt. Die Botschaft des Treffens im Museumsquartier St. Annen soll sein, dass die 55-jährige SPD-Politikerin einen Bezug zur Kultur hat. Den haben Kritiker ihr abgesprochen. Frau Frank, herzlichen Glückwunsch zur Wahl. Wie bewerten Sie das Abstimmungsergebnis in der Bürgerschaft? Ich freue mich, gewählt worden zu sein. Und ich freue mich auf Lübeck. Sie haben 22 Stimmen bekommen. Sind Sie damit zufrieden oder sagen Sie: Es hätten auch mehr sein können. Wenn es drei Kandidatinnen gibt, teilen sich die Stimmen eben auf. Wie ist die SPD auf Sie gekommen? Ich habe eine interessante Stellenausschreibung gesehen und mich dann bei der SPD gemeldet. Ich habe zuvor recherchiert, dass es eine Kooperationsvereinbarung mit der CDU gibt und dass das Vorschlagsrecht für diese Stelle bei der SPD liegt. Wie läuft ein Hearing der Bewerber, das ja nicht öffentlich ist, eigentlich ab. Wird man da so richtig auf Herz und Nieren geprüft? Monika Frank (SPD) ist am Donnerstag in der Bürgerschaft mit 22 Stimmen zur neuen Kultur- und Bildungssenatorin gewählt worden und tritt ihr Amt am 1. Januar 2021 an. Frank setzte sich gegen Meike Fechner und Amtsinhaberin Kathrin Weiher durch. Monika Frank ist 55 Jahre alt und seit 1991 SPD-Mitglied. Ihr Abitur baute sie in Hannover, wo sie auch Lehramt studierte. 1984 ging sie für ein halbes Jahr nach Frankreich als Au-pair. Während ihres Studiums hatte sie zahlreiche Jobs. Der Lebenslauf, mit dem sie sich in Lübeck bewarb, umfasst vier eng beschriebene Seiten voller Tätigkeiten, Kompetenzen und Fortbildungen. Monika Frank hat keine Kinder und ist geschieden. Mir wurden 17 Fragen gestellt. Ich war angespannt. Aber ich kenne das aus Bremen als tägliches Geschäft. Erzählen Sie bitte von Ihrem Lebenslauf. Ich habe mal Germanistik und Politik studiert, habe dann ein Studium für Lehramt in Deutsch, Sozialkunde und Geschichte abgeschlossen. Ich bin dann nicht in der Schule, sondern in der Jugendbildung gelandet. Danach bin ins Landesjugendamt von Niedersachsen gewechselt und leite heute die oberste Landesjugendbehörde von Bremen. Wo sind Sie geboren und aufgewachsen? In Hannover. Da habe ich auch studiert. Wann sind Sie in die SPD eingetreten? 1991. Warum die SPD? Ich komme aus einer Arbeiterfamilie und gehöre zu den wenigen, die in den 1980er Jahren ohne akademischen Hintergrund ein Studium angefangen haben. Für die friedensbewegte Jugend der 1980er Jahre war es mit der Helmut-Schmidt-SPD nicht ganz einfach. Aber für Ziele, die mir wichtig sind wie beispielsweise Bildungsgerechtigkeit, finde ich kein besseres politisches Zuhause. Haben Sie mit der SPD mal gehadert? Immer mal wieder. Aber eine politische Heimat gibt man nicht so leicht auf. Sie waren früher im Bundesvorstand der Falken, also der sozialistischen SPD-Jugend. Bekommt Lübeck jetzt eine ganz linke Senatorin? Bin ich eine ganz Linke? Wer in seiner Jugend keine Revolution machen will, hat kein Herz, wer das mit 40 Jahren machen will, hat keinen Verstand – heißt es nicht so?Die Jüngeren finden mich heute wahrscheinlich reaktionär. Hatten Sie schon einmal mit Lübeck zu tun? Ich war vor vielen Jahren hier mal auf einer Tagung, und ich vor drei Jahren eine Woche Urlaub in Lübeck verbracht. In Bremen liegt der Schwerpunkt Ihrer Arbeit im Jugendbereich. In Lübeck kommt noch vieles dazu – Kultur, Sport, Bildung. Fühlen Sie sich für alle diese Aufgaben gewappnet? Kinder-, Jugend- Familien- und Bildungspolitik gehen ganz eng zusammen. Dabei geht es um Chancengerechtigkeit. In der Erwachsenenbildung bin ich zu Hause. Sport gehört seit 2015 in Bremen zu unserem Haus. Zur Kultur habe ich, was die fachliche Expertise und das Steuern von Verwaltung angeht, noch nicht so enge Bezüge. Die Unabhängigen in der Bürgerschaft haben gesagt: Eine solche Fehlentscheidung hat die Kulturstadt Lübeck nicht verdient. Verletzt Sie das oder perlt das ab? Überzeichnungen gehören zum politischen Geschäft. Detlev Stolzenberg (Fraktionschef der Unabhängigen) hat mich angesprochen und gesagt, er habe nie meine Kompetenz infrage gestellt, sondern das Auswahlverfahren. Ich kenne niemanden in dieser Republik, der gleichzeitig Kultur und Sport kann. Die FDP hat Amtsinhaberin Kathrin Weiher mit Blick auf deren Führungserfahrung nominiert. Haben Sie die auch? Ich habe 22 Jahre Führungserfahrung in der öffentlichen Verwaltung. Ich war Dezernentin im niedersächsischen Landesjugendamt, ich habe in Bremen den Bereich Jugend im Jugend- und Sozialamt geleitet, ich habe das Referat Kinder- und Jugendförderung geleitet, ich hatte die Fachaufsicht über den Eigenbetrieb Kita Bremen. Was das Bewegen von Geld angeht: 115 Millionen Euro sind es in meinem künftigen Aufgabenfeld, ich verwalte jetzt 430 Millionen. Sie müssen als Kultur- und Bildungssenatorin viele öffentliche Termine absolvieren. Liegt Ihnen das? Ich bin auch schon in Fernsehstudios aufgetreten. Prinzipiell bin ich in der zweiten Reihe, aber ich habe die Senatorin auch schon bei Terminen vertreten. Mit welchen Vorstellungen treten Sie das neue Amt an? Ich werde das Rad nicht neu erfinden, sondern mir erst einmal einen Überblick verschaffen, wo Lübeck steht. Ich habe Vorstellungen davon, welche Aufgaben schnell auf meinem Schreibtisch landen werden. Ganz wichtig am Anfang ist, die Akteure und natürlich meine Mannschaft kennenzulernen. Die Amtsinhaberin hatte so manchen Disput mit Elternvertretern, wenn es um das große Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf ging. Wie ist Ihre Haltung dazu? Ich bin nicht für 24-Stunden-Kitas, die sind dem Kindeswohl nicht förderlich. Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nicht nur eine Aufgabe der Kommune. Dafür müssen auch Firmen und Betriebe in die Verantwortung genommen werden. Haben Sie Kinder? Nein. Also war die Vereinbarung von Familie und Beruf für Sie nie ein Problem? Richtig. Werden Sie nach Lübeck umziehen? Auf jeden Fall. Wo möchten Sie gerne wohnen? So zentral wie möglich. Ich möchte gerne die kurzen Wege genießen. In Ihrer Rede in der Bürgerschaft sagten Sie, sie seien gekommen, um zu bleiben. Werden Sie für eine zweite Amtszeit zur Verfügung stehen? Ich habe nicht vor, meinen Wohnsitz in sechs Jahren wieder zu wechseln. Ich muss noch zwölf Jahre arbeiten. Aber das hängt auch davon ab, wie zufrieden die Lübeckerinnen und Lübecker mit mir sind. Lesen Sie auch den Kommentar: Lübecks Senatorenwahl – drei Frauen und ein Posten Von Kai Dordowsky