Karstadt-Filialen in Lübeck schließen: Mitarbeiter zahlen die Zeche

Was für eine bittere Woche für die Lübecker Innenstadt. Die Gläubigerversammlung hat dem Rettungsplan für den insolventen Konzern Galeria Karstadt Kaufhof zugestimmt. Das könnte 16 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Job retten. Von einem „Startschuss für einen Neuanfang“ war in Essen die Rede. Für die mehr als 185 Beschäftigten in Lübeck gibt es dagegen keine Hoffnung mehr. In der traditionsreichen Filiale am Schrangen wird man ein trauriges Weihnachtsgeschäft erleben. Hohe Mieten haben die Filiale erdrosselt: Viele der Betroffenen arbeiten seit Jahrzehnten bei Karstadt. Es ist nicht das erste Mal, dass sie um ihre Arbeitsplätze bangen mussten. Sie zahlen jetzt die Zeche für Karstadts kurzfristige Geschäftspolitik. Schon 2006 steckte Karstadt tief in der Krise. Damals hat man sich mit dem Verkauf der Immobilien an das zu diesem Zweck gegründete Anleger-Konsortium Highstreet Luft verschafft. Jetzt haben die damals vereinbarten hohen Mieten die Filiale erdrosselt. Was sich in Lübeck viele immer noch nicht vorstellen wollen und können: Das Kaufhaus muss Ende Januar endgültig seine Türen schließen. Hilfe aus Kiel? Die Landesregierung zuckt mit den Schultern: Es ist völlig unklar, wie es im Herzen Lübecks weitergeht. Der Kontaktwunsch des Bürgermeisters ging ins Leere. Kein Wunder, denn bei Highstreet handelt sich um ein seelenloses Immobilien-Konsortium mit Sitz in Amsterdam, das von Anwälten vertreten wird. Eine Verantwortung der Eigentümer ist in diesem Geschäftsmodell nicht vorgesehen – weder gegenüber den Mitarbeitern noch den Standorten. Keine guten Aussichten also für Lübecks Innenstadt. Zumal auch die Kieler Landesregierung mit den Schultern zuckt. Bürgermeister Jan Lindenau hatte sich zumindest für die Transfergesellschaft Geld aus Kiel erhofft. Auch andere Städte stehen vor dem gleichen Problem: Lübecks lange Geschichte ist geprägt von Kaufleuten, ehrbaren und sicher auch windigen. Der lübsche Handel hat gute und schlechte Zeiten erlebt. Der aktuelle Niedergang im Herzen der Hansestadt jedoch ist beispiellos. Durch die Corona-Krise stehen ohnehin viele kleine Händler vor dem Aus – das Karstadt-Desaster kommt zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Es ist für die Hansestadt wenig trostreich, dass auch andere Städte vor dem gleichen Problem stehen. Weil in Deutschland rund 50 Warenhäuser schließen werden, fordert der Deutsche Städtetag mehr Handlungsspielraum für die Kommunen. Die Idee: Betroffene Städte sollen mit Hilfe von Bund und Ländern die Möglichkeit bekommen, Schlüsselimmobilien selbst zu erwerben, um dann neue Nutzungskonzepte zu entwickeln. Klingt aus Sicht der Steuerzahler erst einmal abenteuerlich. Die Folgen eines jahrelangen Leerstands in wichtigen Stadtzentren könnten am Ende aber für die Gesellschaft weit teurer werden. Lesen Sie auch So geht es mit Lübecks Karstadt-Beschäftigten weiter Galeria Karstadt Kaufhof: Gläubigerversammlung stimmt Rettungsplan zu Lübeck: Schließung der Karstadt-Häuser beschlossen Von Gerald Goetsch