Karstadt Lübeck: Bürgermeister LIndenau über die Rettung

Anfangs sah es nicht aus, als könne Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) für den Karstadt-Standort Lübeck viel bewegen. Doch dann kam der Eigentümer RFR, der im Oktober die Immobilie übernahm, auf ihn zu. Im LN-Interview spricht Lindenau über seine Bemühungen – und über die Zukunft des Einzelhandels in der Innenstadt. Wann haben Sie zum ersten Mal Kontakt zum Immobilieneigentümer gehabt? Nach dem Eigentümerwechsel kam der erste Anruf: „Herr Lindenau, wir haben hier eine Menge Nachrichten und Schriftwechsel von Ihnen liegen. Es hat den Anschein, dass dringender Gesprächsbedarf besteht.“ Man merkte gleich, dass man es jetzt nicht mehr mit einer Fondsgesellschaft, sondern einer echten Immobiliengesellschaft zu tun hatte. Von da an gab es intensiven Austausch darüber, was man an dem Standort ansiedeln kann. Karstadt zahlt „deutlich geringere“ Miete: Wann gab es die ersten Anzeichen, dass Karstadt vielleicht doch bleiben könnte? Karstadt hatte immer ein großes Interesse, am Standort zu bleiben. In den letzten Wochen zeichnete sich dann ab, dass es in erster Linie um die Frage der Mietkosten ging. Wie sieht die Einigung aus? Über die Einzelheiten kann ich nichts sagen. Nur so viel: Mir wurde seitens Karstadt mitgeteilt, dass ein langfristiges Mietverhältnis vereinbart wurde, die Miete deutlich geringer ist, und dass Investitionen getätigt werden sollen. Welchen Einfluss haben Sie als Bürgermeister überhaupt gehabt? Die Stadt hat schon Einflussmöglichkeiten – vor allem bei Baugenehmigungen und Nutzungsänderungen. Vergessen wir nicht, dass die Immobilie in einem aktuellen Sanierungsgebiet steht, und dass das touristische Entwicklungskonzept der Stadt keine neuen Hotelbauten vorsieht. Ich habe die Angelegenheit Karstadt in der Verwaltung zur Chefsache erklärt. Aber der Erfolg ist eine Teamleistung von ganz vielen: Betriebsrat, Mitarbeitern des Karstadt-Konzerns, dem Eigentümer RFR, Stadtplanung und Wirtschaftsförderung. Wirtschaftsminister Buchholz war „nicht dienlich“: Welche Rolle hat die Landesregierung gespielt? Der Wirtschaftsminister hat schon im Juni eine Videokonferenz einberufen, nach der er erklärt hat, welche Standorte überleben und welche nicht. Das war zumindest nicht dienlich. Politik und Verwaltung sollen für gute Rahmenbedingungen sorgen, aber nicht auf diese Weise in die Geschäftspolitik eingreifen. Jetzt stellen wir fest, dass die Einschätzung des Ministers falsch war. Zu dem Zeitpunkt war längst noch nicht alles versucht worden, was möglich war. Lesen Sie auch: Karstadt Lübeck: Die Kunden halten ihrem Kaufhaus die Treue Karstadt-Rettung: Schwung durch Lübecks Weihnachtswunder Karstadt Lübeck gerettet: Mitarbeiter jubeln Sind jetzt die Probleme der Innenstadt gelöst? Nein, natürlich nicht. Die Bürgerschaft hat schon 2019 beschlossen, dass es keine weitere Flächenentwicklung für den Einzelhandel auf der grünen Wiese geben wird. Der Rahmenplan Innenstadt und der Beschluss über das Sanierungsgebiet sehen außerdem Investitionen in die Attraktivität der Innenstadt vor, die einen hohen zweistelligen Millionenbetrag erreichen werden. Wir sind auch intensiv im Gespräch mit Immobilieneigentümern. Gerade bei auswärtigen Eigentümern muss man sich aktiv kümmern, sonst passiert nichts. Eine wunderbare Terrasse bei Karstadt – ungenutzt: Die Strukturkrise des Einzelhandels existiert aber unabhängig davon. Wie stellen Politik und Verwaltung sich darauf ein? Wir sind ja schon mittendrin. Einkaufen wird immer Bestandteil der Innenstadt sein, aber nicht mehr so ausschließlich wie früher. Es wird tendenziell nur noch in Erdgeschosslagen stattfinden und nicht mehr über zwei, drei, vier Geschosse wie früher bei Warter oder Haerder. Oder heute bei Karstadt. Auch da gibt es jetzt aber ein Umdenken bei den Konzepten. Bei Karstadt im vierten Stock gibt es eine wunderbare Terrasse unmittelbar unterhalb der Marienkirche. Als ich das gesehen habe, war ich völlig perplex und fragte: „Warum stellt ihr hier Bettwäsche aus?“ Das wäre ein idealer Ort für Erlebnisgastronomie. Karstadt-Sports-Haus: „Ein Hotel wollen wir nicht“: Was wird aus dem Karstadt-Sports-Haus nebenan? Der Eigentümer hat ein Interesse daran, dass es nicht leer steht. Über eine mögliche Nutzung kann ich aber noch nichts sagen. Ich bin mit dem neuen Eigentümer über mögliche Nutzungen und Projektentwicklung im Gespräch. Ein Hotel wollen wir nicht. Von Hanno Kabel