Karstadt Lübeck vor der Gläubigerversammlung

Die Deadline für die Karstadt-Häuser in Lübeck hat Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) vor einem Monat definiert. Am 1. September sei die Gläubigerversammlung in Essen, erklärte Lindenau am 1. August bei einem Solidaritätsfrühstück der SPD für Karstadt auf dem Schrangen: „Danach ist nichts mehr zu erreichen.“ Gläubiger treffen sich am Dienstag und Mittwoch: Am Dienstag und Mittwoch ist es soweit. Am Dienstag kommen laut Medienberichten rund 1000 Gläubiger des Warenhaus-Konzerns in Essen zusammen. Einen Tag später finde die Gläubigerversammlung für die Sporthäuser statt, sagt der Lübecker Betriebsratsvorsitzende Thomas Wieschendorff. Der August sei ergebnislos verstrichen, bestätigt Wieschendorff: „Auf uns ist niemand zugekommen.“ Die Infos aus der Konzernzentrale lauteten: Der Vermieter habe kein Interesse, und für eine Transfergesellschaft habe Karstadt Sports kein Geld. Auf einer gravierenden Mietminderung durch den Vermieter High Street ruhte die einzige Hoffnung in Lübeck. „Ich habe von High Street nichts mehr gehört“, sagt Bürgermeister Lindenau, „es hat sich keiner bei uns gemeldet, und wir haben auch niemanden erreicht.“ Aber Mietminderung sei auch kein Allheilmittel, hat der Kieler Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) festgestellt: „In Flensburg hat selbst die nicht dazu geführt, dass Galeria, Karstadt, Kaufhof an seiner Entscheidung gerüttelt hat.“ Gewerkschaft konnte nichts ausrichten: Auch die Gewerkschaft Verdi konnte nichts ausrichten, bestätigt Sprecher Frank Schischefsky: „Es hat den Anschein, dass Karstadt seine Pläne durchzieht und die Mitarbeiter dem freien Spiel der Kräfte überlässt.“ In den vergangenen Wochen keimte in anderen Städten wieder Hoffnung auf, weil der Warenhaus-Konzern seine Schließungspläne abspeckte – von 62 auf 47 Häuser. Lübeck hat davon nicht profitiert. Mit der Gläubigerversammlung nächste Woche werde der Maßnahmenkatalog festgezurrt, mit dem die Insolvenz des Konzerns abgewendet werden soll, erklärt der Bürgermeister: „Die Kündigungen der Mietverträge in Lübeck sind Teil dieses Verfahrens.“ Das heißt: Am 31. Oktober ist Schluss im Sporthaus, Ende Januar schließt das Warenhaus. Die Landes- und die Lübecker SPD haben zuletzt von der Kieler Landesregierung gefordert, dass sie sich wenigstens für eine Verschiebung der Schließungen einsetzen. „Durch den Zeitgewinn sollen Perspektiven für den Fortbestand der Standorte entwickelt werden“, sagt der SPD-Kreisvorsitzende Jörn Puhle. Im Landtag am Donnerstag stieß die SPD-Landtagsfraktion mit dieser Forderung auf heftigen Widerstand. Vier von fünf Karstadt-Häusern in Schleswig-Holstein sollen geschlossen werden: Flensburg, Neumünster, Norderstedt und Lübeck. Das Haus in Kiel bleibt. Nach Angaben von Verdi sind 330 Beschäftigte in den Warenhäusern und Sporthäusern davon betroffen. Mitte Juni hatte die Gewerkschaft Verdi die Pläne des Essener Konzerns öffentlich gemacht. Ende Juni lud die Konzernspitze den Kieler Wirtschaftsminister, den Verdi-Landesbezirk, Betriebsräte und die Bürgermeister der betroffenen Städte in Schleswig-Holstein zu einer Videokonferenz ein. Im Anschluss erklärte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) die Gründe des Konzerns für die Schließung: Die betroffenen Häuser erwirtschafteten ihre Kosten nicht, machten zu wenig Umsatz und könnten keine Investitionen mehr stemmen. Bürgermeister Lindenau wirft der Landesregierung und speziell dem Kieler Wirtschaftsminister vor, weit weniger für die Karstadt-Standorte im Land getan zu haben als andere Bundesländer. Anderswo seien große Förderprogramme für die betroffenen Städte aufgelegt worden. Die Landesregierung hat das mehrfach abgelehnt. Lindenau kritisiert den Kieler Wirtschaftsminister: Buchholz habe schon Ende Juni nach einem Gespräch mit der Essener Konzernzentrale die betroffenen Karstadt-Standorte abgeschrieben, kritisiert Lindenau. Das Wirtschaftsministerium erinnert daran, was der Konzern Ende Juni offenlegte: „Leider gibt es für einen Großteil der Häuser in Schleswig-Holstein weder ausreichend Kunden noch ein tragfähiges Konzept, wie mit den Warenhäusern künftig Geld verdient werden soll.“ Vier Immobilienentwickler sind interessiert: Beim Bürgermeister haben sich inzwischen vier Immobilienentwickler gemeldet und Interesse an den Häusern geäußert. Dabei geht es auch zukünftige Nutzungskonzepte. Ein Hotel oder ein Ärztehaus mit Pflegezentrum werde es nicht geben, sagt Lindenau. Denkbar sei Einzelhandel im Erdgeschoss, denkbar seien Büros und einzelne Institute von Hochschulen, denkbar sei eine Gastronomie im vierten Stock, die die Dachterrasse mit nutzen könnten. „Es gibt auch Überlegungen, die Gebäude durch innenliegende Höfe mit Licht zu versorgen“, sagt der Bürgermeister. Ein Problem für Interessenten: Sie wissen nicht, zu welchem Preis sie kaufen können. Alles, was Lübeck voranbringt: Jeden Montag gegen 18 Uhr in Ihrem E-Mail-Postfach. Hier kostenlos den Newsletter „Lübeck next“ bestellen! „Auch wir müssen wissen, welche Preise aufgerufen werden“, erklärt Lindenau. Denn es gibt immer noch Überlegungen unter Politikern, ob die Hansestadt die Gebäude erwirbt. Das könne die Hansestadt nicht alleine, stellt der Bürgermeister klar: „Das ginge nur über ein Konsortium, an dem die Stadt oder die KWL beteiligt wäre.“ Lindenaus größte Sorge ist derzeit, dass die Gebäude in irgendeinen Immobilienfonds wechseln und dann für Jahre leer stehen. 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