Ein frühlingshaft grünes Band für jeden Besucher gleich am Eingang, Jungen und Mädchen mit bunten Blumen in den Händen, die Mut machende Lieder singen, diverse Stände mit Glücksrad, Schmuck und mehr. Wer am Sonntag St. Petri eher zufällig betrat, konnte nicht ahnen, dass es hier um ein ernstes, ein trauriges Thema ging: schwerkranke oder sterbende Kinder und ihre Familien.
Eine Muschel, sagte Gastgeber Pastor Bernd Schwarze, biete Schutz, umschließe „behände und sicher ein zartes und gefährdetes Leben“. Es sei wahrhaftig kein leichter Dienst, dem sich der Verein zuwende, der sich die Muschel zum Namensgeber erwählt habe.
Mit derzeit 53 ehrenamtlichen und vier hauptamtlichen Mitarbeitern will der ambulante Kinderhospizdienst „Die Muschel“ schwer- und unheilbar kranke Kinder und deren Familien zu Hause, in gewohnter Umgebung, betreuen und begleiten. Marlies Borchert, Vorsitzende des Vereins und Geschäftsführerin der Segeberger Kliniken, betonte, wie wichtig es sei, gerade die Geschwisterkinder zu begleiten: „Sie erleben in dieser Situation häufig einen emotional-seelischen Ausnahmezustand; und den gilt es, nicht zu übersehen, sondern zu versuchen, zumindest für ein klein wenig Ablenkung und Ausgleich zu sorgen.“ Zurzeit betreut „Die Muschel“ 14 Familien mit 15 kranken und 22 Geschwisterkindern — drei Familien mit vier Kindern sind aus Lübeck.
Stadtpräsidentin Gabriele Schopenhauer, die sich begeistert zeigte vom Kinderchor „Katinka“ aus dem Hochschulstadtteil, erinnerte daran, dass sich das Leben von Familien oft innerhalb weniger Minuten verändere. „Jeden Tag kann es jeden persönlich treffen.“ Deshalb sei sie dem Verein sehr dankbar, dass er die Initiative ergriffen habe.
Obwohl der ambulante Kinderhospizdienst seine Tätigkeit erst im vergangenen Jahr auf Lübeck ausgeweitet hat, gibt es in der Hansestadt viele Unterstützer. Die Dorothea-Schlözer-Schule hat durch diverse Aktionen schon Spenden in Höhe von 17 400 Euro an die „Muschel“ überweisen können, am Sonntag kamen weitere 1700 Euro, erwirtschaftet beim Nikolausmarkt, hinzu. Andere Schulen spendeten ebenfalls, Mitarbeiter der Deutschen Bank halfen am Sonntag ehrenamtlich mit.
Das größte Kapital des Kinderhospizdienstes sind jedoch die Ehrenamtler, die nach einer entsprechenden Schulung regelmäßig mithelfen, die betroffenen Familien zu begleiten. Diese Menschen für die Mitarbeit zu gewinnen, war ein Ziel des Tages in St. Petri. Dana Helbig (38), die unmittelbar vor der Geburt ihres ersten Kindes steht, musste niemand überzeugen. „Das Thema Kinderhospizarbeit hat mich interessiert, ich habe mich viel damit beschäftigt und möchte wahrscheinlich bald mitarbeiten“, sagt sie. Sie bewundere, wie Kinder mit dem Tod umgehen. „Wir können viel von ihnen lernen.“
Für vertiefende Gespräche blieb fast keine Zeit, so rasant wechselten die Programmpunkte auf der Bühne — von Samba-Trommeln aus Mölln über Akrobatik der Waldorfschule bis hin zur Lehrerband „Schlözer-Combo“ zog fast ständig Action die Besucher in ihren Bann.
Sabine Risch