Kultur-Förderung: Lübecks Possehl-Stiftung gleicht Minus des Hansemuseums aus

Es ist Lübecks Museum Nummer eins: das Europäische Hansemuseum. Aber das Haus an der Untertrave schreibt jedes Jahr ein Defizit. Die Possehl-Stiftung gleicht das Minus aus – und ist trotz der roten Zahlen sehr zufrieden mit dem Haus. Geplant war, dass die Stadt das Haus übernimmt. Museum braucht zwei Millionen Euro: Die Zahlen: Alles in allem kostet das Hansemuseum vier Millionen Euro pro Jahr. 2019: Die Einnahmen belaufen sich auf zwei Millionen Euro. Davon sind 1,6 Millionen Euro Ticketverkäufe sowie 400 000 Euro Zuschuss der Stadt. Bleibt ein Minus von zwei Millionen Euro im Jahr. Dieses Minus gleicht die Possehl-Stiftung aus. Denn sie ist Eigentümerin und Betreiberin des Museums. Das geht aus Papieren hervor, die den LN vorliegen. Stiftung sehr zufrieden: Trotz der hohen Kosten ist die Stiftung hochzufrieden mit dem Hansemuseum. „Wir betreiben das Museum total gerne“, sagt Professor Klaus-Peter Wolf-Regett, stellvertretender Vorsitzender. Denn: Das Museum erfülle drei Stiftungszwecke auf einmal. Es dient der Verschönerung des Lübecker Stadtbildes, es fördert Kunst und Kultur sowie Jugend und Bildung. Üblicherweise organisieren andere Menschen Projekte und fragen bei der Possehl-Stiftung nach Geld. Die Stiftung prüft dann, ob einer ihrer Stiftungszwecke erfüllt ist. „Dieses Mal ist es andersherum“, erläutert Wolf-Regett. Die Possehl-Stiftung betreibt das Museum – und erfüllt somit selbst ihre eigenen Stiftungszwecke. Deshalb: „Wir haben nicht als Erstes die Wirtschaftlichkeit im Auge gehabt“, so Wolf-Regett. Das hieße indes nicht, dass sich die Stiftung überhaupt nicht für Zahlen interessiere. Das Theaterfigurenmuseum im Kolk ist das zweite Museum der Possehl-Stiftung. Die Kulturstätte besteht aus zwei Gebäuden – ein Theater und ein Museum. Seit Mitte 2017 sind beide Häuser geschlossen. Nun wird ein Haus umgebaut, ein anderes abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Das Projekt wird teurer und dauert auch länger als ursprünglich geplant. Denn der Bau ist aufwendiger als gedacht. Die Possehl-Stiftung plant mit einem zweistelligen, niedrigen Millionen Betrag. Daher belaufen sich die Kosten auf schätzungsweise um zehn bis 20 Millionen Euro. Fertig werden wird alles erst 2023. Hansemuseum hat die meisten Besucher: Das Hansemuseum hat die meisten Besucher im Vergleich mit allen anderen Museen in Lübeck. 2019 lockte das Haus 115 000 Besucher an, davon 90 000 zahlende Gäste. 2018 waren es 103 000 Besucher, davon 85 000 zahlende Gäste. Heißt: 2019 kamen 25 000 Besucher kostenlos ins Museum, 2018 waren es 18 000. „Wir freuen uns, dass die Zahl der nicht zahlenden Gäste steigt“, sagt Wolf-Regett. Denn: Überwiegend sind es Schulklassen, die ohne Eintritt in die Ausstellung dürfen. Wolf-Regett: „Das ist unser Bildungsauftrag für die Jugend.“ Lesen Sie auch: Fünf Jahre Europäisches Hansemuseum: Lübeck kann sich gratulieren Lübeck - 114.000 Besucher im Hansemuseum – LN - Lübecker Nachrichten Lübeck - Millionen-Projekt: So will das Hansemuseum Besucher locken – LN - Lübecker Nachrichten Vergleich mit den Museen der Stadt: Die Stadt betreibt zehn Museen, die unter der Kulturstiftung zusammen gefasst sind. Doch die Völkerkunde ist geschlossen. Damit zahlt die Stadt für neun Häuser jährlich fünf Millionen Euro. Die Besucherzahl 2018 lag insgesamt bei 240 000 Gästen. Im Durchschnitt haben die Häuser 232 000 Besucher pro Jahr (2012 bis 2019). Das Hansemuseum holt 50 Prozent seiner Kosten selbst rein. Das ist der sogenannte Eigenfinanzierungsanteil. Die Museen der Stadt nehmen 35 bis 38 Prozent ihrer Kosten durch Ticketverkäufe ein. Da alle neun Häuser zusammen gezählt werden, gleichen die beliebten Häuser wie Holstentor und Buddenbrookhaus die Zahlen der kleineren Häuser aus wie die der Katharinenkirche, die nur selten geöffnet hat. Sowohl das Hansemuseum als auch die Kulturstiftung erklären, dass ihr Eigenfinanzierungsanteil ein hoher Wert sei – im Bundesvergleich. Allerdings: Weder der Deutsche Museumsbund noch das Institut für Museumsforschung hat Vergleichszahlen anderer Museen. Stadt sollte das Hansemuseum übernehmen: Der ursprüngliche Plan: Die Stadt sollte das Museum nach 15 Jahren übernehmen. Die Possehl-Stiftung hat das Haus für 50 Millionen Euro gebaut und sollte es 15 Jahre betreiben. Ein Vertrag ist ausgehandelt, der die Anteile des Hansemuseums von der Stiftung an die Stadt überträgt. Er liegt seit Februar 2016 vor. Abschließend entscheiden muss darüber die Bürgerschaft. Possehl-Stiftung freut sich am Museum: Das Ganze hängt in der Luft. Und damit können offenbar sowohl Stadt als auch die Possehl-Stiftung gut leben. Denn: Die Stadt hat kein Interesse ein Museum zu übernehmen, in das sie jährlich zwei Millionen Euro stecken muss. Und die Possehl-Stiftung hat ihre Freude an dem Haus. Denn die Sicht der Stiftung ist eine andere. Wolf-Regett: „Es ist ein absolutes Erfolgsmodell.“ Von Josephine von Zastrow