LN-Livetalk: Freie Taxifahrt für Senioren zur Corona-Impfung

Zum 17. Mal seit Beginn der Pandemie hat Bürgermeister Jan Lindenau sich live zu Corona-Fragen geäußert. Lesen Sie hier eine Zusammenfassung. Den kompletten Livetalk können Sie auf der LN-Facebookseite sehen. Wie ist die aktuelle Lage in Lübeck? Wir haben über 4000 laborbestätigte Fälle und 424 aktiv Erkrankte, das ist immer noch eine sehr hohe Zahl. Auch die Zahl der Verstorbenen ist mit 63 hoch. Die Infektionszahlen pro Tag nehmen leicht ab. Wir haben jetzt einen Inzidenzwert von 100,7. Damit sind wir in Schleswig-Holstein zwar nicht mehr an der Spitze, aber immer noch weit im oberen Bereich. Es gibt nicht mehr viele Neuinfektionen in der Fläche. Jetzt konzentriert es sich auf Gemeinschaftseinrichtungen wie Pflegeheime. Das macht es für die Bekämpfung etwas einfacher, weil man sich auf diese Einrichtungen konzentrieren kann. Wir haben allerdings auch das mutierte Virus, und das ist in der Stadtbevölkerung unterwegs. Die Gefahr ist, dass die Kontaktketten nicht mehr so verfolgt werden können wie jetzt. Deswegen mein dringender Appell, die Regeln zum Infektionsschutz weiter einzuhalten. Müssten Kassiererinnen besser gegen das neue Virus geschützt werden? Der Infektionsweg des mutierten Virus ist nicht anders als bei dem bisher verbreiteten. Die erprobten Schutzmaßnahmen mit Plexiglasscheiben funktionieren da genauso. Es steht aber jedem frei, zusätzlich einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Müssen Kinder und Erzieher nicht schnell getestet werden? Erzieherinnen und Erzieher haben Anspruch auf kostenlose FFP-Masken. Wir haben auch Sondertestprogramme angeboten. Dabei haben wir aber keine besonderen Gefahren für Lehrer und Erzieher festgestellt. Wie kann Lübeck mit gutem Gewissen bei einer Schulöffnung dabei sein? Wir müssen die 100er-Marke nachhaltig unterschreiten. Die Strategie des Landes ist noch nicht wirklich klar. Meine Position ist: Ohne nachhaltige Inzidenz unter 100 auf der lokalen Ebene ist eine Öffnung fahrlässig. Wir werten in Lübeck gerade die Entwicklung der Zahlen über längere Zeit aus – zum Beispiel darüber, wie die Entwicklung bei Kindern war. Wenn Schulen und Kitas geöffnet werden, heißt das auch, dass viel mehr Bewegung in der Stadt ist. Was sagen Sie zu dem Flickenteppich aus unterschiedlichen Regeln in den Bundesländern? Das halte ich für eine Katastrophe. Die Akzeptanz in der Bevölkerung wird dadurch geringer. Leider verlassen auch die norddeutschen Bundesländer den Weg des abgestimmten Vorgehens. Man hat aus den vergangenen Monaten wenig gelernt. Was machen Städte wie Rostock oder Münster besser? Ich kann mich nur mit Städten in Schleswig-Holstein austauschen, weil Städte in anderen Bundesländern andere Rahmenbedingungen haben. Kiel hat rückläufige Zahlen. Wenn wir die Ausbrüche in den Pflegeeinrichtungen nicht hätten, wären wir aber auf einem ähnlichen Niveau. Die Maßnahmen in Kiel sind deckungsgleich mit denen in Lübeck, zum Teil sind wir sogar noch konsequenter, trotzdem haben wir höhere Zahlen. Wenn man sich den gesamten Verlauf der Pandemie ansieht, sieht Lübeck besser aus als andere Städte. Lesen Sie auch Travemünde: Kutter "Dresden" wird nach Untergang Ende Februar gehoben Lübeck: Figurentheater sagt März-Spielzeit ab Britische Corona-Mutation: Schon 20 Fälle in Lübeck Hilft die Stadt Senioren beim Transport zum Impfzentrum? Ja. In der Regel werden sie von ihren Familienangehörigen mit dem Auto dorthin gebracht. Aber: Ältere Menschen, die bereits einen Impftermin haben, aber aufgrund erheblicher gesundheitlicher Einschränkungen die Wohnung nicht allein verlassen oder niemanden haben, der sie auf dem Weg zum Impfzentrum unterstützen könnte, können sich bei der Stadt melden. Am Telefon wird dann geklärt, ob eine Taxifahrt oder ein Fahrdienst durch das Deutsche Rote Kreuz und die Johanniter Unfallhilfe ermöglicht werden kann. Das ist übrigens in Schleswig-Holstein kein Standard. Hat die Disziplin in Lübeck nachgelassen? Was vielen noch nicht bewusst ist, ist: In dem Moment, wo sie auf Menschenansammlungen treffen, gilt Maskenpflicht – überall da, wo der Mindestabstand von 1,50 Meter nicht eingehalten werden kann, zum Beispiel beim Rodeln. Sonst verspielen wir alle unsere Erfolge. Wir werden die Kontrollen wieder verstärken. In welchem Tempo können Impftermine in Lübeck vergeben werden? Wir sind abhängig davon, inwieweit das Land Impfstoff bereitstellt und Termine vergibt. Die Terminzuweisung ist noch nicht für alle über 80-Jährigen abgeschlossen. Ich fürchte, es wird für alle anderen noch ein bisschen dauern. Wie wird in der MuK mit übrig gebliebenem Impfstoff verfahren? Der wird verimpft. Es wird kein Impfstoff verschenkt. Werden in den Geschäften die Abstände eingehalten? Wir haben sehr unterschiedliche Situationen. Das Ordnungsamt sucht regelmäßig Geschäfte auf und kontrolliert. Es wird Stück für Stück besser. Problematisch ist immer noch die Anzahl der Menschen, die sich in einem Raum aufhalten. Wir bleiben da dran – durch Kontrolle und durch Ansprache der Lebensmittelketten. Wird das Betretungsverbot für Travemünde verlängert? Ja, das Betretungsverbot für Tagestouristen am Wochenende wird erst mal für eine Woche verlängert, entsprechend der Landesverordnung. Wir haben aber die Genehmigung aus Kiel, unsere Allgemeinverfügung bis zum 7. März zu verlängern. Wir werden in Travemünde an diesem Wochenende verstärkt kontrollieren. Polizei und Ordnungsamt haben einen besonderen Einsatzplan abgesprochen. Wie sieht es in den anderen Ostseebädern aus? Wir stehen sporadisch im Kontakt. Ich werbe für eine einheitliche Regelung in der Lübecker Bucht. Bisher war sie nicht zu erreichen, aber spätestens wenn der Tourismus wieder losgeht, muss es sie geben. Warum dürfen die Friseure öffnen und Nagelstudios nicht? Natürlich gibt es Ungerechtigkeiten. Sie sehen an meiner Frisur, dass ich auch gern mal wieder zum Friseur gehen würde. Aber mir kann keiner erklären, warum für Friseure etwas anderes gilt als für Nagelstudios. Entweder man sagt, körpernahe Dienstleistungen bleiben möglich, oder alle müssen schließen. Bei einer Nagelpflege ist eher Abstand möglich als beim Friseur. Wird es an den Grundschulen Kohorten geben, oder bleiben die Klassen unter sich? Da gibt es noch nichts Konkretes. Die Landesregierung wird sich vor dem 15. Februar nicht festlegen. Wenn Sie mich fragen, muss die Mund-Nasen-Bedeckung in den Schulen Pflicht bleiben. Worauf kann sich der Einzelhandel einstellen? Klar ist: Gerade den Einzelhandel trifft jede weitere Woche hart. Jetzt geht die Diskussion um Baumärkte oder Gartencenter schon wieder los. Was nützt ein Gartencenter bei gefrorener Erde? Solche Debatten nützen dem Einzelhandel nicht. Richtig finde ich, Regeln aufzustellen, bei welchen Inzidenzwerten man was tut. Es gibt nach wie vor Probleme mit den Unterstützungsleistungen des Bundes. Es ist beschämend, wenn man sich damit brüstet, dass die Novemberhilfen jetzt ausgezahlt werden. Die wichtigste Aufgabe ist jetzt, dass alle gut auf eine Öffnung vorbereitet sind. Der Bund muss weitere Hilfen für den Einzelhandel zügig gewähren, und wir müssen das regional durch Wirtschaftsförderung unterstützen. Und die Gastronomie? Gibt es Hoffnung für Ostern? Der Ministerpräsident hat deutlich gemacht: Restaurationsbetriebe können erst bei einer Inzidenz von unter 35 öffnen. Ob das zu Ostern sein wird, kann ich jetzt nicht sagen. Ich bestelle mindestens ein, zwei Mal die Woche mein Mittagessen bei Gaststätten, das sollten vielleicht mehr Leute ab und an tun. Haben Sie schon einen Friseurtermin? Nein, ich bin heute nicht zum Telefonieren gekommen. Ich werde am Wochenende selbst Hand anlegen – auch mit der Perspektive, dass ich es nach dem 1. März wieder retten lassen kann. Von Hanno Kabel