Lindenau im LN-Livetalk: Keine Corona-Entwarnung für Lübeck

Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) hat sich am Freitag zum 13. Mal im Livestream den Fragen der LN und ihrer Leser rund um die Corona-Krise gestellt. Hier ist eine ausführliche Zusammenfassung. Das gesamte Video können Sie auf der Facebook-Seite der LN nachsehen. Wie steht Lübeck bei den Infektionszahlen da? Wir haben leider nur einen Seitwärts-Trend. Es ist im Moment nicht damit zu rechnen, dass wir Maßnahmen verändern. In den letzten Wochen lagen die täglichen Neuinfektionen konstant zwischen 15 und etwas über 20. Wir hatten Anfang November einen deutlichen Knick in der Kurve, aber ein wirklicher Trend nach unten sieht anders aus. Die Sieben-Tages-Inzidenz wird mit vom RKI 42 angegeben. Der tatsächliche Wert liegt aber bei 57,2. Er war seit Mitte Oktober nicht mehr unter 50. Es gibt offenbar technische Probleme bei der Verarbeitung der Daten im RKI. Wir versuchen, bis Anfang der Woche mit dem RKI zu klären, woran es liegt. Wie steht es derzeit um die Maskenpflicht? In Travemünde gilt auf der Vorderreihe, der Travepromenade und der Priwallpromenade jetzt wieder Maskenpflicht, weil der Tagesbesuch deutlich zugenommen hat. Auch in der Fußgängerzone in der Innenstadt steigt das Aufkommen. Hier bleiben die Bestimmungen bestehen, auch bei den großen Einkaufszentren. Die neue Landesverordnung wird das noch schärfer fassen: Alle Einkaufszentren mit angeschlossener Parkfläche müssen eine Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung erlassen. Davon werden auch zum Beispiel das Campus-Center im Hochschulstadtteil und die Baumärkte betroffen sein. Sieht das Ordnungsamt weg, wenn Menschen sich nicht an die Maskenpflicht halten? Nein. Alle Einsatzkräfte von Ordnungsamt und Polizei sprechen regelmäßig Verwarngelder aus. Sie sind sieben Tage in der Woche im Einsatz, können aber nicht immer überall sein. Wo wir Verstöße feststellen, werden sie geahndet. Es geht ja nicht nur um die Mund-Nasen-Bedeckung, sondern auch um Gastronomie, um illegale Flohmärkte oder Privatfeiern. Wir haben auch für dieses Adventswochenende punktuelle Kontrollen geplant. Wie ist es in Geschäften, in denen das Ordnungsamt die Einhaltung selbst nicht überwacht? Das Ordnungsamt kontrolliert dort, ob die Einhaltung überwacht wird. Der Eindruck ist, dass das gut umgesetzt wird. Wir dürfen nicht verkennen, dass der personelle Aufwand groß ist. Im Zweifel fragen die Mitarbeiter des Ordnungsamts beim Verantwortlichen nach, warum Menschen im Laden sind, die keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Lesen Sie auch: Lübeck: So viele Neuinfektionen gibt es am Freitag Lübecker Politiker: Land soll Silvesterfeuerwerk verbieten Kultur-Förderung: Lübecks Possehl-Stiftung gleicht Minus des Hansemuseums aus Könnte Lübeck das Silvesterfeuerwerk in der ganzen Stadt verbieten? Lübeck könnte zusätzliche Bereiche zu Verbotszonen erklären. Schon jetzt sind nahezu alle Bereiche der Lübecker Innenstadt betroffen, weil es hier eine hohe Dichte von Kirchen, Krankenhäusern und Altenheimen gibt. Die Bürgerschaft hat sich für ein flächendeckendes Verbot ausgesprochen. Das müsste aber das Land verfügen. Sollte man nicht lieber den Alkohol verbieten statt des Feuerwerks? Der Alkoholverkauf ist auch jetzt schon eingeschränkt. Es gibt zum Beispiel keinen Punsch in der Breiten Straße. Aber auch das Feuerwerk hat etwas mit Corona zu tun. Schon jetzt sind die Krankenhäuser stark belastet, und durch Verletzungen könnte es zu einer deutlichen Überbelastung der Notfallaufnahmen kommen. Wann ist mit Ersatzbussen für die Schülerbeförderung zu rechnen? Die Schulen haben ihre Stundenpläne angepasst, und wir haben drei Zusatzbusse eines privaten Unternehmens hinzugezogen. Die sind aber nicht gut angenommen worden. Es kommt darauf an, dass die Bürger selbst vielleicht mal eine Viertelstunde früher oder später fahren als gewohnt. Gibt es neue Zahlen zu den Infektionen in Schulen und Kitas? Zurzeit sind zehn Schulen und fünf Kitas betroffen. Wir haben aber bisher kein großflächiges Ausbruchsgeschehen feststellen können. Es waren alles Einzelfälle. Am Trave-Schulzentum haben wir 75 Tests gemacht, auch dort ist kein Ausbruch festgestellt worden. Bei Einzelfällen müssen nicht ganze Klassen und Kohorten in Quarantäne geschickt werden. Die Maskenpflicht in den Schulen im ganzen Land ab Klasse 5 wird unabhängig vom Inzidenzwert bis Weihnachten bestehen bleiben. Warum gibt es am 8. und 9. Januar Distanzunterricht statt Ferientage? Das ist eine Landes-Entscheidung, die man kontrovers diskutieren kann – wie übrigens auch die Sonderregeln Schleswig-Holsteins. Man hat einen Mittelweg gewählt. Ich hätte mir eindeutige Regeln für ganz Deutschland gewünscht. Die Pendler zwischen Lübeck und Hamburg zum Beispiel müssen jetzt an einem Tag unterschiedliche Regeln einhalten. Könnten die Gastronomie-Regeln nach dem 20. Dezember gelockert werden? Ich will da keine Hoffnung verbreiten. Es ist unrealistisch, damit zu rechnen. Wir werden nach meinem Bauchgefühl frühestens im Januar darüber reden. Schleswig-Holstein will über Weihnachten zwei Hotelübernachtungen erlauben. Gibt es in Lübeck schon Anfragen von Hotels? Noch haben wir keine neue Landesverordnung, sondern nur einen Entwurf. Ich bin gespannt, wie das kontrolliert werden soll. Wie soll man feststellen, dass jemand hier zum Familienbesuch ist? Soll er eine Einladung vorweisen? Das war schon schwierig bei der Unterscheidung zwischen Geschäftsreisen und touristischen Reisen. Ich halte solche Ausnahmeregelungen für schwierig, sie behindern eher die Pandemiebekämpfung. Besteht ohne Hotels nicht die Gefahr, dass die Leute in den Privatwohnungen zu eng aufeinander hocken? Auf Familienfeiern breitet sich das Virus schnell aus. Wenn man danach ins Hotel geht, macht das aus meiner Sicht keinen Unterschied – man feiert zusammen, geht dann ins Hotel und trifft sich zum Frühstück wieder. Ist es möglich, die veraltete Technik der Gesundheitsämter zu modernisieren? In Lübeck gibt es schon Licht am Ende des Tunnels. Wir schicken keine Faxe mehr, es sei denn, ein anderes Gesundheitsamt besteht darauf. Eine neue Software wird gerade installiert, die Mitarbeiter werden geschult. Die Schnittstelle zum RKI wird dadurch aber wohl nicht besser, das haben wir von anderen Städten gehört. Das Land lässt körpernahe Dienstleistungen wie Nagelpflege und Fußpflege wieder zu. Könnte das Tourismus aus anderen Bundesländern auslösen? Das kann man nicht ausschließen, wir sind nah an der Landesgrenze. Ich sehe, dass Körperpflege wichtig ist. Ich hätte mir aber gewünscht, dass man das bundesweit einheitlich regelt. Wann und wo kann ich mich für die Imfpung anmelden? Die Details kann ich noch nicht beantworten. Die Organisation soll bis zum 15. Dezember stehen. Bis dahin wird aufgebaut: Kühlgeräte, Räume für die Beschäftigten, Spritzen, Tupfer, Pflaster usw. Der Zeitplan steht, die Lieferketten stehen auch. Wer zuerst geimpft wird, legt die Impfkommission fest. Das werden wohl die Angehörigen medizinischer Berufe sein, als nächstes dann Risikopersonen aus Pflegeeinrichtungen. Wie wird das Impfen in der MuK ablaufen? Es wird in der Rotunde sechs Impfstraßen geben. Wer kommt, wird erst begrüßt, dann desinfiziert und dann geimpft. Nach der Imfpung muss man 15 Minuten unter ärztlicher Beobachtung vor Ort bleiben. Es wird mehrere Ausgänge geben. Die MuK-Rotunde ist hoch und gut durchlüftet, und wir können innen mit mobilen Wänden alles trennen. Wann gibt es kostenlose FFP2-Masken für Risikogruppen? Im Moment gibt es dafür keine Pläne. In Kliniken, Pflegeheimen und Rettungsdiensten kommen sie zum Einsatz. Wenn sie an alle Risikogruppen ausgegeben würden, würde das zu Engpässen führen. Falls Kitas schließen: Gibt es dann eine Notbetreuung für Kinder von Angehörigen systemrelevanter Berufe? Das ist nicht geplant. Es soll absolut nicht zu Kohortenmischung kommen. Wenn eine Kita schließt, hat das ja Gründe, und die Kinder sollen nicht in eine andere Kita kommen. Es bleibt nur, familiäre Betreuung zu organisieren. Lübeck gibt für die Linderung der Corona-Folgen einiges an Geld aus. Was bleibt am Ende an Schulden übrig? Für das Jahr 2020 werden wir keine Neuverschuldung haben. Zehn Millionen Euro stehen zur Verfügung, davon sind knapp vier Millionen ausgeschöpft. Die Ausfälle der Gewerbesteuer werden uns erstattet, das sind allein 17 Millionen. Für 2021 kann ich nicht ausschließen, dass wir uns zusätzlich verschulden. Der Busverkehr wird sicherlich Verluste einfahren, ebenso die Museen und Schwimmbäder. Dafür werden wir beim Bund Hilfe beantragen. Gibt es wirklich kein bisschen Weihnachtsmarkt in Lübeck? Ich gehe nicht davon aus, dass sich an den Regeln jetzt etwas ändern wird. Nutzen Sie die Zeiten des Wochenmarktes. Da gibt es Mutzen- und Bratwurststände. Ich gebe aber zu, das ist kein Weihnachtsmarkt. Wir sollten alle Zusammenkünfte auf das Nötigste beschränken. Von Hanno Kabel