Lübeck: Angeklagter fehlt beim Prozess – und kassiert einen Haftbefehl

Er soll bei einer Verkehrskontrolle direkt auf einen Polizisten zugefahren sein – noch dazu ohne Führerschein. Am Donnerstag hätte der Strafprozess gegen Frederik von T. (Name von der Redaktion geändert) vor dem Amtsgericht Lübeck beginnen sollen. Doch der Angeklagte, dem unter anderem Nötigung zur Last gelegt wird, erschien nicht. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Schöffengericht einen Haftbefehl. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Die Staatsanwaltschaft wirft dem 38-jährigen Angeklagten einen zur Verdeckung einer anderen Straftat begangenen, gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vor. Dazu kommen versuchte gefährliche Körperverletzung, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte und Fahren ohne Fahrerlaubnis. So soll von T. an einem Abend im August des vergangenen Jahres mit einem Kastenwagen in Lübeck unterwegs gewesen sein, obwohl er keine Fahrerlaubnis hatte. Wilde Fahrt durch Polizeikontrolle: In der Malmöstraße signalisierten Polizeibeamte bei einer Verkehrskontrolle, dass er stoppen soll. Der Angeklagte soll zunächst abgebremst haben, dann aber wieder Gas gegeben haben und direkt auf einen der Beamten zugefahren sein. Dieser konnte sich nur durch einen Sprung zur Seite retten. Laut Anklage soll es dabei darum gegangen sein, nicht beim Fahren ohne Führerschein ertappt zu werden. Angeklagter taucht nicht vor Gericht auf: Geduldig versuchte der Vorsitzende Richter, Felix Spangenberg, den Angeklagten telefonisch zu erreichen – erfolglos. In einer Lübecker Gartenlaube soll er sich derzeit aufhalten, bekam Spangenberg schließlich heraus. Und so war auch keine polizeiliche Vorführung möglich, weshalb antragsgemäß Haftbefehl erlassen wurde. Zeuge: Geldstrafe statt Erscheinen vor Gericht: Doch der Prozessauftakt war auch durch ein weiteres Ärgernis geprägt: Ein Zeuge, der auf dem Beifahrersitz des Angeklagten gesessen und von T. persönlich kennen soll, fehlte ebenfalls unentschuldigt. Ihn erreichte der Richter am Telefon. Doch statt sich auf den Weg zum Gericht zu machen, was Spangenberg ihm dringend empfahl, legte der Zeuge einfach auf. Und zwar nachdem er den Strafrichter noch wissen ließ, er habe den Termin vergessen und nehme dann eben die Geldstrafe von 150 Euro in Kauf. Ein Verhalten, das Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht die Köpfe schütteln ließ. Lesen Sie auch Lübeck: Eis zu dünn - Lebensgefahr auf Wakenitz und Stadtparksee Lübeck: Robbe in der Trave auf dem Eis vor der nördlichen Wallhalbinsel Lübecker Depenmoor: Räumung der Drogeninsel Angeklagter wird per Haftbefehl gesucht: Das Gericht hatte einen Hauptverhandlungstag anberaumt und drei Zeugen geladen. Zwei von ihnen mussten unverrichteter Dinge wieder abziehen. Beim nächsten Verhandlungstermin wird der Angeklagte aus der Haft vorgeführt – wenn er denn gefunden und festgenommen wird. Von Rüdiger Jacob