Lübeck: Bau der Stadtgrabenbrücke soll 2023 beginnen

Sie soll Lübecks neuste Brücke werden: die Stadtgrabenbrücke. Die Querung für Fußgänger und Radfahrer wird den Hauptbahnhof mit der Altstadt verbinden. Die Kosten werden bisher auf 2,5 bis vier Millionen Euro geschätzt. Der Bau soll 2023 starten. Doch der Großen Koalition ist das nicht schnell genug. Sie will den Bau vorziehen und auf einen Architekten-Wettbewerb verzichten. Ende Januar soll es einen Antrag in der Bürgerschaft dazu geben. Der Bau der Querung könnte dann ein halbes Jahr früher beginnen: im Herbst oder Winter 2022. Große Koalition will die Stadtgrabenbrücke schnell: Klare Ansage: Die Große Koalition will die Brücke unbedingt haben. „Wir wollen Tempo machen“, erklärt SPD-Verkehrsexperte Ulrich Pluschkell. „Wir brauchen eine schlichte, unspektakuläre, aber funktionstüchtige Brücke.“ Diese Ansicht vertritt auch die CDU. Christopher Lötsch, Vorsitzender des Bauausschusses: „2023 – so irre schnell ist das nicht.“ Für Lötsch ist klar: „Wir wollen eine Brücke und kein Kunstwerk.“ Kein Wettbewerb der Architekten: Der Kunstgriff: Es soll keinen Architekten-Wettbewerb geben. Das spart sechs Monate Zeit. Außerdem spart es Geld: 80 000 Euro. So viel kostet ein Wettbewerb. Die Große Koalition will eine klassische Ausschreibung. Heißt: Die Stadt sagt, was für eine Brücke sie will. Ingenieurbüros geben ein Angebot ab und legen eine Brücken-Planung vor. Politiker sind für einfache Lösung: Zustimmung kommt von den Unabhängigen. „Der Gestaltungsspielraum bei dieser Brücke ist sowieso gering“, argumentiert Frank Müller-Horn. Denn die Umgebung gebe bereits viel vor. Müller-Horn: „Lieber eine einfache Lösung.“ So sieht es auch die GAL. „Das soll eine einfache Brücke werden, um die Kosten nicht hoch zu treiben“, sagt Carl Howe. „Die Brücke ist notwendig.“ Vor allem damit die Radfahrer einen sicheren Radweg haben. Howe: „Seit Jahren bauen wir am Lindenplatz und sehen, dass es nicht besser wird.“ Deshalb: „Wir brauchen die Stadtgrabenbrücke so früh wie möglich.“ Schon im Mai 2006 wurde die Stadtgrabenbrücke – vor 14 Jahren. Damals sollte sie 1,46 Millionen Euro kosten. Das Geld war schon im Finanzplan der Stadt reserviert. Aber die CDU stoppte das Vorhaben mit ihrer Mehrheit in der Bürgerschaft im August 2006. Grund: Die Stadtkasse war klamm, und die CDU wollte das Geld in die Sanierung von Schulen stecken. Geplant war: Die Konrad-Adenauer-Straße hinter der IHK wird um 100 Meter als Fuß- und Radweg verlängert. Dann folgt die Brücke. Sie überspannt auf 40 bis 50 Meter den Stadtgraben und trifft auf der anderen Seite auf den Parkplatz an der Musik- und Kongresshalle (MuK). Die Brücke sollte vier Meter breit sein und sich maximal 4,50 Meter neigen. Die Durchfahrtshöhe wurde mit 4,50 Meter angegeben. Damals war die Querung als Schrägseilbrücke konstruiert. Auf der Uferseite der MuK war ein 35 Meter hoher Stahlpfeiler vorgesehen. Daran sollte die Brücke mit sechs Seilen aufgehängt werden. Fünf in Richtung Konrad-Adenauer-Straße, eines zur MuK-Seite. Heute müssten die Pläne allerdings verändert werden, so die Stadt. Zu viele Vorschriften haben sich in 14 Jahren geändert. Radfahrer auf die Puppenbrücke: Eine völlig andere Sicht haben die Grünen. „Ich halte den Brückenbau für falsch“, sagt Roland Vorkamp. Er sei eine Fehlinvestition. Denn: „Die Radwege sind gut organisiert.“ Radfahrer würden die Puppenbrücke und die Holstenstraße nehmen, um in die Altstadt zu fahren, nicht die neue Stadtgrabenbrücke, sagt Baupolitiker Arne-Matz Ramcke. Aber er hätte lieber die Radfahrer auf der Puppenbrücke und eine Stadtgrabenbrücke für Autos. Lesen Sie auch Lübecks Stadtgraben: Neue Brücke – aber nicht für Autos Lübeck: Neubau auf Ford-Lorenzen-Gelände am Lindenteller startet Neubau am Lübecker Lindenteller: Baustart für 2022 geplant Neubau am Lindenteller: Für einen Wettbewerb argumentiert indes die Stadt. „Wir wollen keine separierten Lösungen“, so Bausenatorin Joanna Hagen (parteilos). Denn: Direkt neben der neuen Brücke wird das ehemalige Ford-Lorenzen-Areal neu bebaut. Das ehemalige Autohaus wird abgerissen und ein Neubau errichtet. Das Finanzunternehmen Hypoport verlegt seinen Firmensitz dorthin. Für das Bürogebäude startet Anfang 2021 ein Architekten-Wettbewerb. Die FDP sieht es ähnlich. „Die Brücke wird an einem sensiblen Ort errichtet“, sagt Baupolitiker Thomas-Markus Leber. Er findet: „Ein Wettbewerb fordert die Kreativität der Architekten heraus.“ Bürgerschaft hat die Brücke beschlossen: Doch beim Brückenprojekt will die Große Koalition keine weiteren Verzögerungen. Bereits im Februar 2019 hatte die Bürgerschaft den Bau der Brücke beschlossen. Für die Stadt hatte die Querung dagegen keine Priorität. Sie wollte das Projekt weiter verschieben. Daher hat im September 2020 die Große Koalition auf die Tube gedrückt und extra 500 000 Euro im Finanzplan 2021 bewilligt, damit die Querung schnell geplant werden kann. Die Stadt wollte die Sache langsamer angehen und zunächst nur 150 000 Euro dafür ausgeben. Von Josephine von Zastrow