Lübeck: Die jungen DJs von der Holstentor-Schule

Sebastian (13), Nina (14) und Sverre (13) sind um ein schwarzes Gerät von etwa der Größe eines Din-A-3-Blatts versammelt, das an einen Laptop angeschlossen ist. Darauf sind Schalter, Drehknöpfe, Schieberegler und zwei gut handtellergroße Scheiben angebracht, die entfernt an Plattenteller erinnern. Was kein Zufall ist, denn das Gerät ist eine DJ-Konsole. Also die digitale Version dessen, was in den 70er Jahren an Tischen mit zwei Plattentellern und einem Mischpult anfing. Grundbegriffe des DJ-Handwerks: Wie so vieles, hat die digitale Revolution auch das Handwerk des DJs demokratisiert. Es ist heute auch für musikinteressierte Jugendliche ohne Vorkenntnisse zugänglich, die ein bisschen Neugier und technisches Geschick mitbringen. Bei ihrem Musiklehrer Benjamin Laudien lernen Siebtklässler der Holstentor-Gemeinschaftsschule im Wahlpflichtunterricht die Grundbegriffe. Saubere Übergänge: Die Schüler üben gerade, wie man einen glatten Übergang von einem Musikstück zum nächsten hinbekommt. „Man sucht eine ruhige Stelle“, sagt Sebastian und zeigt auf das Computerdisplay, auf dem die Musik in bunter Grafik sichtbar wird. „Dann nimmt man den Bass vom nächsten Stück. . .“ „Wir haben den Bass aus Stück B geloopt“, erklärt Nina. „Wenn das zweite Stück anfängt“, fährt Sebastian fort, „nehm’ ich die Bässe ein bisschen raus. . .“, er dreht an einem Regler, „ . . .dann kommt der neue Bass rein.“ Mehr als Techno: Benjamin Laudien (31) ist seit vier Jahren Musiklehrer. Als Millionen Menschen zur Love Parade durch Berlin zogen, war er noch ein Kind. Diese Zeit, sagt er, präge immer noch ein weit verbreitetes Bild von elektronischer Clubmusik: „Die Leute denken an Techno, an Dr. Motte, und denken, alle nehmen irgendwie Drogen.“ Dabei habe sich diese Musikkultur inzwischen weiterentwickelt. Im Studium hat Laudien sich intensiv damit beschäftigt. Elektronische Musik ist überall: „Ich hab’ gemerkt, dass dieses Thema an den Schulen sehr stiefmütterlich behandelt wird“, sagt Laudien und fragt rhetorisch: „Welche von den Songs, die wir im Radio hören, haben keinen Einfluss von elektronischer Musik?“ Daran knüpft er an: „Die meisten hören ja das, was im Radio läuft. Dadurch hat man eine Tür, die offen steht.“ Die Schüler sollen bei ihm lernen, verschiedene Sparten der elektronischen Clubmusik zu unterscheiden und Begriffe wie Techno, Deep House, Tech House oder Disco richtig zu verwenden. Auflegen bei der Unterstufen-Disco: Ihm geht es darum, der Lebenswelt der Kinder möglichst nahe zu kommen. „Die meisten Lehrer, die etwas mit Elektronik machen, gehen in den Bereich Musikproduktion“, sagt er. Seine Schüler dagegen arbeiten mit vorhandenen Musiktracks. „Das ist etwas, was sie im Schulalltag benutzen können. Beim Lauftag, beim Tag der offenen Tür, und es soll auch irgendwann mal eine Unterstufen-Disco geplant werden.“ Verschiedene Stile kombinieren: Erst einmal, sagt Laudien, lernen die Kinder die Grundtechniken. „Irgendwann bringen sie ihre eigenen Sachen mit. Sie können dann zum Beispiel Hiphop mit elektronischer Tanzmusik kombinieren. Oder eine Stimme, die sie interessant finden, über einen anderen Beat legen.“ Manche probierten schon jetzt Dinge aus, die er ihnen noch gar nicht gezeigt habe. „Ich bin erstaunt, wie schnell sie das draufhaben.“ Wissen über Mixtechniken: Gianna (13) hört jetzt genauer hin, wenn im Radio Musik läuft. Sie hat gelernt, zwischen EQ-Mix (Mischen mit dem Höhen- und Tiefen-Regler), Upfader Mix (mit dem Lautstärkeregler) und Crossfader Mix (Überblenden von einem Stereokanal zum anderen) zu unterscheiden. Jetzt will sie dieses Wissen auch anwenden. „Wenn Lauftag ist, sollen wir die Musik aussuchen“, sagt sie. „Da würde ich gern die Übergänge gut hinkriegen.“ Lesen Sie auch: Lübecker Schulen leiden unter dem Mangel an Musiklehrern Lübecker Jungmusiker spielen um die Wette Strandkonzert: Kult-DJ Alle Farben begeistert 1500 House-Fans Von Hanno Kabel

Wahlpflichtfach - Musikunterricht mal anders: Die jungen DJs von der Lübecker Holstentor-Schule