Lübeck: Die komplizierte Wahl des Stadtpräsidenten in der Bürgerschaft

Eine Wahl ist nicht nur eine Wahl, sondern häufig ein komplizierter Vorgang. Wie diese Wahl zum Stadtpräsidenten. Auf der Tagesordnung der Bürgerschaft am Donnerstag steht sie gleich zwei Mal. Die Kandidaten: Sabine Haltern (61, SPD) und Klaus Puschaddel (72, CDU). Doch die beiden Bewerber treten nicht gegeneinander an – sondern nacheinander. Der Grund: Es gibt zwei gleich starke Fraktionen in der Bürgerschaft. So haben SPD und CDU je zwölf Sitze. Daher gebührt jeder der Fraktionen das Recht, einen Kandidaten vorzuschlagen. Und für jeden Vorschlag gibt es einen Tagesordnungspunkt. Soweit, so gut. Wahl zum Stadtpräsidenten: Wer kommt zuerst dran? Daraus folgen verschiedene Wahl-Szenarien. Aktuell steht als erstes Sabine Haltern zur Wahl. Sie muss mehr Ja-Stimmen bekommen als Nein-Stimmen. Enthaltungen werden nicht gezählt. Fall eins: Sie gewinnt. Dann ist sie Lübecks neue Stadtpräsidentin. Und die zweite Wahl mit Puschaddel entfällt automatisch. Fall zwei: Haltern verliert. Dann wird die zweite Wahl aufgerufen – und Klaus Puschaddel steht zur Abstimmung. Bekommt er mehr Ja-Stimmen, ist er der neue Stadtpräsident. Fall drei: Bekommt Puschaddel mehr Nein-Stimmen, dann gibt es keinen neuen Stadtpräsidenten. Dann muss die Wahl in der Bürgerschaftssitzung im Januar wiederholt werden . Aber dieser Fall gilt als unwahrscheinlich. Mehrheit steht für Klaus Puschaddel: Allerdings: Während der Bürgerschaft kann ein Politiker beantragen, die Reihenfolge der Wahlen umzudrehen. Heißt: Erst kommt Puschaddel dran, dann Haltern. Aktuell hat Puschaddel eine Mehrheit in der Bürgerschaft. Wählen wollen ihn CDU, Grüne, Unabhängige, FDP, Linke und BfL. Kommt Puschaddel zuerst dran, würde das Haltern eine Blamage ersparen. Aber die SPD ist überzeugt von ihrer Kandidatin. Die GAL auch. Noch keine Festlegung gibt es bei AfD und Freien Wählern. Lesen Sie auch: So funktioniert die Lübecker Bürgerschaft - ln-online.de Kampfkandidatur ums Spitzenamt: Kann die Lübecker GroKo das überstehen? Stadtpräsident: Soll Klaus Puschaddel den Job machen? Gabriele Schopenhauer verlässt die Bürgerschaft: Wer leitet die Sitzung? Silke Mählenhoff (61, Grüne). Sie ist die letzte verbliebene Stadtpräsidentin im Amt. Gabriele Schopenhauer (69, SPD) hat zum 16. November ihr Amt niedergelegt, Puschaddel das Amt des Stellvertreters am 10. November. Schopenhauer hat zudem auch ihr Mandat in der Bürgerschaft abgegeben. Für sie rückt Sabine Odendahl in die SPD-Fraktion nach. Bürgerschaft: Jeder Sitz zählt: Petitesse: Hätte die SPD so schnell keinen Nachrücker für Schopenhauer gehabt, hätte sich die Fraktion selbst aus dem Rennen genommen. Dann wäre die SPD in der Sitzung der Wahl nicht mehr auf zwölf Sitze gekommen, sondern nur auf elf. Damit hätte sie gar keinen Kandidaten fürs Stadtpräsidentenamt vorschlagen können, denn es zählt die Fraktionsstärke am Tag der Abstimmung. Dann wäre die CDU die stärkste Fraktion gewesen und hätte allein einen Kandidaten präsentieren dürfen. Von Josephine von Zastrow