Lübeck: Haus Eden erstrahlt nach Sanierung in neuem Glanz

Nagelneuer Tanzboden, eine riesige Spiegelwand, Ballettstangen, ein Flügel, ein Tresen für künftige Gäste und seit Mittwoch auch Gardinen, die wegen der Höhe des Raumes mit einem Gerüst aufgehängt werden mussten: Im 180 Quadratmeter großen ehemaligen Kinosaal mit seinen fünf Meter hohen Decken ist alles bereit für Veranstaltungen kultureller Art. Doch bislang war Mieterin Marie Louise John, die im November mit ihrer „BewegungsArt“ hier eingezogen ist, die einzige Nutzerin. Natürlich mit Einzelunterricht. Sie nutzt die Räume montags bis donnerstags, an den Wochenenden sollen in dem Raum kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Doch das wird noch eine Weile dauern. Neuer Festsaal im Haus Eden begeistert: Nicht nur Marie Louise John ist glücklich über ihren neuen, wunderschönen Raum, den – wie alle anderen Räume der bis vor drei Jahren maroden und verschachtelten Immobilie – Hausherrin Renate Hagenkötter farblich gestaltet hat. Auch Andreas Hagenkötter ist ganz verliebt in den einstigen Kinosaal, der nun, stets in Absprache mit der Denkmalpflege, mit moderner Technik ausgestattet ist und im wahrsten Sinne des Wortes neu erstrahlt. Livestream von der Dreifach-Premiere am Sonnabend: Zur Eröffnung am Sonnabend, 19. Dezember, agieren zwei Leute im Festsaal, Zuschauer sind nur virtuell dabei: Marie Louise John tanzt vier Lieder der „Lübeck-Improvisationen“ von Daniel Fritzen, der an dem Flügel sitzt, den er über die Hamburger „Klangmanufaktur“ organisiert hat. „Es ist eine dreifache Premiere“, sagt Marie Louise John: „die erste Veranstaltung im Festsaal, die Uraufführung der Improvisationen und unsere erste Zusammenarbeit.“ Daniel Fritzen ergänzt: „Es ist keine Komposition, sondern eine Improvisation, die ich gleich aufgezeichnet und bislang nur gestreamt habe.“ Für Sonnabend bringt er sein gesamtes Equipment mit, Marie Louise Johns Mann Piotr Fuhrman unterstützt technisch. Der Livestream ist ab 19 Uhr unter: www.klavierfunke.de zu erleben. Rokokosaal im Seitenflügel, Friseur zieht ins Erdgeschoss: Der einstige Kinosaal ist nicht der einzige fertiggestellte Raum: Bereits seit Juli sind der Rokokosaal im Seitenflügel und ein weiterer, privat genutzter Raum fertig geworden. Im Erdgeschoss des Vorderhauses, wo zu Hanseaten-Dielen-Zeiten getanzt und gefeiert wurde, stehen letzte Trockenbau-Arbeiten für einen Friseursalon an. Eigentlich wollte Uwe Marino zum Jahresende mit seiner „Headcut Society“ aus der Glockengießerstraße in die Königstraße ziehen, „jetzt wird es wohl Januar“, sagt Andreas Hagenkötter. Das heutige „Haus Eden“stammt aus dem 13. Jahrhundert. Bis Mitte des 16. Jahrhundert war es von Kaufleuten bewohnt, weitere Nutzungen folgten. Von 1846 bis 1920 nutzte es der „Bürgerverein“, unter anderem für Konzerte und Tanzveranstaltungen. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Haus mehrfach umgebaut. Das Erdgeschoss wurde von 1846 an fast durchgehend als Café und Tanzlokal genutzt – ab den 1960er Jahren bis 2016 als „Hanseaten Diele“. 1968 hatte Rolf Maaß das Tanzlokal von Hans-Lothar Fauth übernommen, kurz vor seinem Tod im Dezember 2010 übertrug Maaß die Leitung an Elfi-Jacqueline Meyer. 2013 ging sie im Streit mit den Eigentümern der Immobilie. Seitdem wurde nur noch selten hier getanzt. Im Obergeschoss wurde zwischen 1919 und 1985 ein Kino betrieben, das zuletzt „Eden Lichtspiele“ hieß. Als der Ratzeburger Rechtsanwalt Andreas Hagenkötter die Immobilie 2016 für sich und seine Familie erwarb, taufte er das ganze Haus in „Haus Eden“ um. Liste aller Eigentümer seit 1268: Im Eingangsbereich des aufwendig sanierten „Haus Eden“, der an die ursprüngliche Stelle zurückverlegt wurde, befindet sich ein kleines Museum mit allerlei Erinnerungen an alte Kino-Zeiten, mit Bildern des Hauses und einer genauen Chronik aller Eigentümer seit 1268 – denn so alt ist das Haus in der Königstraße 25 bereits. Lesen Sie auch Lübeck: Mehrzahl der Gemeinden sagt coronabedingt Gottesdienste ab Lübeck: Schwelbrand in ICE vor dem Hauptbahnhof – Verspätungen Forscher entwickeln Corona-Frühwarnsystem: Lübeck ist dabei Andreas und Renate Hagenkötter haben viel Zeit und Geld in das alte Haus gesteckt. Doch sie bereuen nichts: „Man hat das Gefühl, etwas Bleibendes geschaffen zu haben, was uns überdauert“, sagt Andreas Hagenkötter kurz vor seinem 60. Geburtstag. Von Sabine Risch