Lübeck Karstadt: Kauft die Stadt das Gebäude?

Karstadt wird zur Schule: In das leere, zweite Gebäude sollen Schüler einziehen. Geplant ist, dass vier Gymnasien darin Klassenräume erhalten. Einziehen sollen zudem Hochschulen und Start-up-Unternehmen. Die Bürgerschaft muss darüber entscheiden am Donnerstag. Die Zustimmung gilt als Formalie, da die Große Koalition dafür stimmt und die Mehrheit steht. Noch ist unklar, was das Haus kostet. Ein zweistelliger Millionen-Betrag ist im Gespräch. Daher ist die Entscheidung der Bürgerschaft ein Grundsatz-Beschluss. Ein Jahr lang soll die Idee konkretisiert werden. In einem Jahr fällt dann die endgültige Entscheidung. Was kostet das Karstadt-Haus? Dazu müssen zwei Punkte geklärt sein. Nummer eins: die Kosten. Die Stadt muss den Kaufpreis zahlen und die Sanierung. Einen zweistelligen Millionenbetrag wird das Großprojekt verschlingen – schätzungsweise 10 bis 20 Millionen Euro. So entsteht der Kaufpreis: Die Fakten: Der Eigentümer des Gebäudes ist RFR Holding aus Frankfurt. Sie wollen mit der Stadt ins Geschäft kommen. Die Stadt will das Haus kaufen. Das Besondere: Der Kaufpreis ist keine Verhandlungssache. Da das Karstadt-Haus im neuen Sanierungsgebiet der Altstadt liegt, ist der Preis nicht verhandelbar. Lübecker Altstadt: Besondere Situation: Denn in einem Sanierungsgebiet macht die Stadt alles hübsch – und investiert Millionen. Daher erhält jedes Haus im Sanierungsgebiet einen Eintrag ins Grundbuch. Einen sogenannten Sanierungsvermerk. Heißt: Hauseigentümer in dem Sanierungsgebiet können ihre Immobilie nicht für einen exorbitant hohen Preis verkaufen. Damit soll verhindert werden, dass die Stadt alles schick macht, die Hauseigentümer indes nichts an ihrer Immobilie machen – und sie später für viel Geld veräußern. Lübecks Bürgerschaft tagt: am Donnerstag um 16 Uhr in der Musik- und Kongresshalle (MuK). Dabei geht es um Millionen. Die Hauptthemen: Karstadt und Travemünder Woche. Soll die Stadt das Karstadt-Haus kaufen? Der Kaufpreis wird auf einen zweistelligen Millionen-Betrag geschätzt. Und: Soll die Stadt eine halbe Million Euro in die Travemünder Woche stecken? Beide Themen werden voraussichtlich beschlossen. Brücken stehen ebenfalls auf der Tagesordnung: Hubbrücke und Mühlentorbrücke. Bei der Hubbrücke geht es darum, wie sie saniert werden soll. Das kann Mehrkosten für Lübeck von neun Millionen Euro bedeuten. Bei der Mühlentorbrücke geht es um eine Ersatzbrücke für satte 2,66 Millionen Euro. Also kann RFR Holding den Preis des Karstadt-Hauses nicht selbst bestimmen. Der Gutachterausschuss legt den Wert fest. Daher ist es für RFR Holding im Prinzip egal an wen, sie das Haus verkaufen – mehr Geld gibt es sowieso nicht. Stadt will Geld vom Land: Und die Stadt? Die will die Kosten für das Karstadt-Haus nicht aus der eigener Tasche bezahlen – zumindest nicht alles. Sondern: Sie hofft auf Gelder von Land und Bund. Denn durch die Corona-Pandemie sollen Fördertöpfe gefüllt werden, die den Handel in der Innenstadt nach vorne bringen. Darauf hofft die Stadt. Nach Angaben von Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) ist die Stadt schon im Gespräch mit dem Land. Wie nutzen die Schulen das Karstadt-Haus? Punkt Nummer zwei: das Konzept. Die vier Innenstadt-Gymnasien sollen den größten Teil des Gebäudes nutzen. Mit von der Partie sind Katharineum, Johanneum, Ernestinenschule und Oberschule zum Dom. Noch ist unklar, wie die Fläche genau aufgeteilt wird. Es sollen 25 bis 30 Klassenräume auf vier Etagen entstehen. Erhält jede Schule eine Etage für sich? Oder werden die Räume von allen Schulen genutzt – nur zu unterschiedlichen Zeiten? Fragen, die in diesem Jahr geklärt werden. Mit am Tisch sitzen auch die Hochschulen, die im Erdgeschoss einziehen sollen – beispielsweise mit Offenen Laboren. Den Keller sollen Start-up-Unternehmen zu günstigen Mieten belegen. Lesen Sie auch Lübeck: Karstadt-Haus wird zur Schule: Das sind die Reaktionen Leerstehendes Karstadt-Haus Lübeck: Klassenräume für Schulen geplant Lübeck - Karstadt-Schließung: So groß ist der Einfluss der Stadt Rendsburg: Kaufhaus wird Altenheim: Blick nach Rendsburg: In der 30 000-Einwohner-Stadt ist das ehemalige Hertie-Kaufhaus zum Altenheim geworden. Seit September 2020 gibt es dort Platz für gut 100 Menschen. Das Gebäude stand seit 2009 leer. 2016 haben Investoren das Gebäude gekauft. 2019 wurde es abgerissen – nur ein Skelett aus Stahlbeton und das Fundament bleiben erhalten. Nun ist das Haus fertig. Es steht direkt am Markt – und bildet die Verbindung zwischen oberer und unterer Stadt. Im Erdgeschoss sind Gewerbeflächen – noch unvermietet angesichts der Pandemie. Altenheim: Was bringt es dem Einzelhandel? Und was sagt der Handel in Rendsburg? „Es war klar, dass kein neues Kaufhaus kommen würde“, so Anja von Allwörden, stellvertretende Chefin des Stadtmarketings. Die Investoren hätten nicht Schlange gestanden. Nun ist sie froh, dass mit dem Neubau „eine unschöne Lücke geschlossen wurde“. Die Auswirkungen des Altenheims auf den Handel könne sie noch nicht einschätzen, angesichts des Lockdowns. Aber: Die Senioren in der Einrichtung erhalten Besuch von Familie, die Angestellten gehen dort zur Arbeit. Von Allwörden: „Daher ist es schon eine Belebung.“ Von Josephine von Zastrow