Lübeck: Manchester Große feiert 70. Geburtstag

Drei Generationen der Familie Große stehen an diesem Tag im Geschäft, alle tragen – wen wundert’s – Jeans: Familienoberhaupt und Firmengründer Hans-Werner Große (97), seine Frau Karin (78), Sohn Werner (54) und Enkel Moritz (23). Hans-Werner Große, der auch im hohen Alter noch ohne Stock geht und geistig fit und fröhlich ist, zieht nach 70 Jahren eine kleine Bilanz. Seine Geschichte zeige, „dass man alles lernen kann, wenn man will“. Handel vom Fahrrad statt Studium: Der weithin bekannte Segelflieger hatte nach dem Krieg, zurück in Lübeck, eigentlich studieren wollen. Ein Kamerad von der Luftwaffe, der eine kleine Textil-Manufaktur betrieb, riet ihm dazu, eher Handel zu treiben. Er beschaffte Große Handtuch-Reste, Manchester-Hosen (Cordhosen) und andere Waren, mit denen Große 1945 per Fahrrad durch Lübeck und Umgebung fuhr. Später bekam er eine kleine Verkaufsbude in der Königstraße, wo heute die Firma Hünicke ansässig ist, 1950 schließlich zog die inzwischen gewachsene Firma Manchester Große ins Haus Königstraße 85. „Mitarbeiter sind Freunde fürs Leben“: Heute hat der Familienbetrieb, den inzwischen Sohn Werner führt, rund 20 Mitarbeiter, davon etliche in Teilzeit. Rund 20 000 Hosen in den Jeansgrößen 23 bis 62 sind im Laden ausgestellt, weitere liegen im Lager. Längst gibt es bei Manchester Große nicht nur die strapazierfähigen Baumwollhosen, sondern auch T-Shirts und andere Oberteile für lässige Freizeit-Outfits. Viele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind schon seit Jahrzehnten bei Manchester Große tätig. „Unsere Mitarbeiter sind Freunde fürs Leben, wir haben eine eigene WhatsApp-Gruppe und machen viel gemeinsam“, sagt Werner Große. Gemeinsame Generationen-Einkaufsfahrten: Senior-Chefin Karin Große ist noch immer in der Firma aktiv, gerade was Organisation und Buchführung anbelangt. „Und auch heute noch fahren wir mit drei Generationen und ein bis zwei Mitarbeitern zum Wareneinkauf“, erzählt der heutige Firmenchef Werner Große. Anekdoten von Einkaufstouren können Hans-Werner und Karin Große einige erzählen – zum Beispiel die vom Einkaufsflug nach Dänemark. Mit dem eigenen kleinen Motorflugzeug wollten Großes die in den 1970er Jahren angesagten Flicken-Jeans einkaufen. „Dabei haben wir das Flugzeug so vollgeladen, dass es richtig durchhing und wir versuchen mussten, das Gewicht auszugleichen“, sagt Karin Große schmunzelnd. Gewinnspiel statt großer Feier: Dass das 70-jährige Bestehen der Firma ausgerechnet ins Corona-Jahr fällt, macht es der Familie nicht gerade leicht. Statt einer großen Feier starteten Großes deshalb ein Preisausschreiben. Im Schaufenster waren und sind ein kleines, altes Fahrrad, ein Trümmerfeld und eine Flasche Champagner zu sehen. „Wir haben das Lübeck der Nachkriegszeit nachempfunden und wollten zeigen, wie Hans-Werner Große damals um Lübeck herum gefahren ist“, erklärt Unternehmensberater und Freund der Familie Claus Oldörp. Passanten waren aufgefordert, ihre Gedanken dazu aufzuschreiben. Drei Gewinner und ein Gläschen Sekt: „Eigentlich hatten wir einen Gewinn ausgelobt, jetzt haben wir drei Gewinner“, sagt Karin Große. Denn unter den vielen Einsendungen seien drei so schöne gewesen, dass man spontan entschieden habe, alle drei zu würdigen. Bei einem Gläschen Sekt erhielten die drei Gewinner Gerrit Bahr, Christa Meyer und Günter Zschacke je einen Gutschein über 77,77 Euro für den Kauf einer Jeans – wobei Hans-Werner Große gleich hinzufügte, dass die Jeans auch durchaus teurer sein dürfe. Die kleine Zusammenkunft nutzte er zum „Dank an alle, die uns geholfen und die Treue gehalten haben“. Auch an die Jugend denkt man bei Manchester Große: Für Schüler und Studenten gibt es zum Jubiläum einen Rabatt von zehn Prozent. Lesen Sie auch Verölte Priwallpromenade: So kann sie gereinigt werden Ständig Ärger: Was ist los bei Lübecks Priwallfähren? Lübeck: Frauenrechtler und Klimaschützer demonstrieren vor der MuK Von Sabine Risch