Lübeck: Mehrzahl der Gemeinden sagt coronabedingt Gottesdienste ab

Die Krisensitzung der evangelischen Geistlichen fand am Dienstagmorgen per Zoom-Videokonferenz statt – die drängendste Frage an dem Tag: Wie halten wir es mit den Gottesdiensten in der Hansestadt zu Weihnachten? „An diesem digitalen Pastorenkonvent haben fast 50 Kolleginnen und Kollegen teilgenommen“, weiß Pastor Robert Pfeifer zu berichten, der zusammen mit Pastorin Inga Meißner in St. Marien predigt. Alle seien hin- und hergerissen gewesen, angesichts dieser schweren Entscheidung und vor dem Hintergrund des hohen Sieben-Tage-Inzidenzwertes für Lübeck. Letztendlich habe sich das Meinungsbild ergeben, dass ungefähr 80 Prozent für eine Absage der Zusammenkünfte in Präsenz plädieren würden. Das letzte Wort hat allerdings jede Gemeinde selbst und so jeder Kirchengemeinderat als höchste Entscheidungsinstanz in dieser Frage. Bis zum 10. Januar keine evangelischen Präsenzgottesdienste in den Innenstadtgemeinden: „Wir in St. Marien als zentrale und größte City-Kirche wollten aber im Konvent vorangehen und hatten uns bereits Gemeinde intern am Montagabend abgestimmt“, merkt Theologin Meißner an. Mit diesem Votum sei man in die Digital-Sitzung gegangen, und dieser Impuls habe jetzt dazu geführt, dass alle Innenstadtgemeinden gemeinsam erst mal bis zum 10. Januar keine Präsenzgottesdienste mehr durchführen werden. Dies gilt auch für die geplanten Freiluft-Veranstaltungen an den Weihnachtstagen auf der Altstadtinsel. „Diesbezüglich hatten wir zusammen mit den katholischen Kollegen zu Weihnachten drei Open-Air-Gottesdienste auf dem Markt konzipiert, mit Wachdienst und Genehmigung von der Stadt. Da blutet uns wirklich das Herz, dass wir dies canceln müssen“, betont Pfeifer. Geschehen rund um die Gottesdienste unkontrollierbar: Der ausschlaggebende Grund für alle Absagen sei gewesen, dass man trotz bester Schutzkonzepte keine Kontrolle darüber gehabt hätte, was rund um die Gottesdienste hätte passieren können. „Wenn dann auf einmal eine große Anzahl an Menschen ohne Anmeldung kommt et cetera. Das wäre bei der momentanen Infektionslage einfach zu riskant gewesen“, begründet der Marienpastor. Übersicht für Schleswig-Holstein: Wie stark verbreitet sich die Corona-Erkrankung? Übersicht für Deutschland: Die Gesamtentwicklung, alle Hotspots und Reisewarnungen Diese beiden Artikel sind kostenlos für alle lesbar, die nachfolgenden regionalen Analysen sind LN-Plus-Lesern vorbehalten. Testen Sie jetzt kostenlos LN+! Interaktive Karte: Wo sind die Corona-Hotspots in Schleswig-Holstein? Analyse: Gibt es mehr Corona-Infektionen, weil auch mehr getestet wird? Belegung der Krankenhäuser mit Corona: Wie viele Intensivbetten in Schleswig-Holstein sind frei? Mehr aus Ihrer Region: Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Lübeck Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Ostholstein Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Segeberg Zahlen und Fakten zum Coronavirus im Kreis Herzogtum Lauenburg Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Stormarn Laut aktueller Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus gelten für den Besuch eines Gottesdienstes klare Regeln. So ist unter anderem zu Weihnachten eine Anmeldung zum Gottesdienst Pflicht. Zudem sind in einer Kirche maximal 50 Personen pro Gottesdienst an festen Sitzplätzen erlaubt; unter freiem Himmel sind das 100 Personen an festen Sitzplätzen. Für Pastor Kai Schäfer aus Schlutup gibt es aber trotz dieser Bedingungen keinen Anlass, alle Präsenz-Zusammenkünfte abzusagen. „Allerdings haben wir die Anzahl der Gottesdienste an Heiligabend reduziert; jetzt finden noch zwei unter freiem Himmel vor unserer Fischerkirche statt“, sagt er, „alles jedoch nur nach vorheriger Online-Anmeldung.“ Für ihn ist es sehr wichtig, „dass Gottes Wort zu den Menschen gelangt“. In Wichern findet nur Heiligabend nichts in Präsenz statt: In der Gemeinde seines Kollegen Christian Gauer in Moisling hingegen findet am 24. Dezember nichts statt. „Das ist jammerschade, weil wir uns für diesen Tag sehr viel ausgedacht hatten. Aber unter diesen Rahmenbedingungen halten wir es für nicht durchführbar“, resümiert der Wichern-Pastor. Dafür habe das Gottesdienst-Programm vor Heiligabend und nach Heiligabend jedoch weiter Gültigkeit. Bei einem Blick auf die Homepage von St. Johannes in Kücknitz herrscht auch noch Normalität; Anmeldungen für die Weihnachtsgottesdienste sind also noch möglich. „Wir werden endgültig darüber am Mittwochabend entscheiden“, kündigt Pastor Albrecht Martins an. Die Tendenz bei den Hauptamtlichen gehe aber in Richtung Absage. Lesen Sie auch Lübeck: Keine Tagestouristen mehr in Travemünde Corona: Hier gilt in Lübeck und Travemünde Maskenpflicht Gibt es Schnee an Weihnachten? Gab es früher öfter Weiße Weihnacht in Lübeck? Doch das letzte Wort hat auch hier der Kirchengemeinderat. Allerdings habe man eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. „Zudem setzen wir bei den geplanten Gottesdiensten viele Ehrenamtliche als Ordner ein. Einige von ihnen haben schon verdeutlicht, dass sie sich angesichts der hohen Infektionszahlen, auch bei uns in Kücknitz, Sorgen um die eigene Gesundheit machen“, so Martins. Travemünde mit den niedrigsten Infektionszahlen sagt auch ab: Auch im Stadtteil mit den niedrigsten Infektionszahlen in Lübeck wurde schon die Reißleine gezogen. So heißt es aus Travemünde: „Der Kirchengemeinderat hat sich schweren Herzens entschlossen, alle Gottesdienste in der St. Lorenz- und der Versöhnungskirche, sowie in den Gemeindehäusern vom 4. Advent bis einschließlich zum 10. Januar 2021 abzusagen.“ Diesen Entschluss verkündet auch Pastor Björn Schneidereit aus St. Thomas: „Wir haben es uns sehr schwer gemacht, aber das Gesundheitsrisiko sowohl für die Besucherinnen und Besucher als auch für unsere ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer erschien uns zu groß, sodass wir alles bis zum 10. Januar abgesagt haben.“ Insgesamt ergibt sich also in der Hansestadt ein uneinheitliches Bild bei den 24 evangelischen Kirchengemeinden. Deshalb empfiehlt Pröpstin Petra Kallies den Klick auf die Internetseite der jeweiligen Ortsgemeinde als beste Informationsquelle. Was die katholischen Gemeinden in Lübeck angeht, ist wohl das gleiche Vorgehen ratsam, da dort laut Jochen Proske von der Propstei Zu den Lübecker Märtyrern noch keine endgültige Entscheidung gefallen sei. Diese verspricht er aber für Ende der Woche. Diese Texte haben wir exklusiv für LN-Plus-Leser recherchiert: Das sind die Corona-Regeln ab Dezember Private Treffen: Diese Regeln gelten im Dezember in Schleswig-Holstein Sport draußen und drinnen: Das ist in SH erlaubt Hier informieren wir kostenlos über Corona-Regeln: Diese Corona-Regeln haben die Bundesländer für Weihnachten und Silvester erlassen In einem gemeinsamen Brief des evangelischen Bischofsrates an die fast 1000 Kirchengemeinden in der Nordkirche betonen die Oberhirten: Ob analog oder rein digital, ob draußen oder drinnen – gleich, welcher Weg eingeschlagen werde, gebe es für die Entscheidungen vor Ort Rückendeckung. „Denn entscheidend ist, dass wir in allen wie immer gearteten Beschlüssen im Blick auf das Weihnachtsfest beieinanderbleiben, einander stützen und stärken“, heißt es. Von Michael Hollinde