Lübeck: Pfleger vom UKSH klagt über unfaire Verteilung vom Sonderbonus

„Wir machen genau so eine Arbeit wie die Kollegen im Stationsbetrieb und gehen trotzdem leer aus“, beklagt Marc Sauer, der als examinierter Krankenpfleger und sogenannter Study Nurse im Studienzentrum für Hautkrebskunde des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) in Lübeck arbeitet. Er spricht vom Krankenpflegebonus, den viele Pflegekräfte schon im letzten Jahr vom Land ausgezahlt bekamen. Bonus nicht für Forschung und Lehre vorgesehen: Christian Kohl, Sprecher des Kieler Gesundheitsministeriums, erklärt: „Der Bonus war vorgesehen für Kliniken und Personen, die in besonderer Weise durch die Corona-Pandemie betroffen waren und sind.“ Das betreffe in herausgehobenem Umfang die Akutkrankenhäuser und die dort angestellten Kräfte „und nicht den Bereich Forschung und Lehre“. Der Krankenpflegebonus ist eine Sonderauszahlung, die vom Bund und Ländern finanziert wird. Der Bonus wird an Pflegekräfte von Kliniken und Senioreneinrichtungen ausgezahlt, die durch die Corona-Pandemie besonders betroffen sind. Je nach Beschäftigung erhalten Pflegekräfte steuer- und abzugsfrei bis zu 1500 Euro. Der Bund stellt dafür rund 100 Millionen Euro bereit, was etwa 1000 Euro pro Auszahlung entspricht. Die Bundesländer können den Bonus mit eigenen Mitteln auf bis zu 1500 Euro aufstocken. Schleswig-Holstein investiert hierfür nach Angabe des Gesundheitsministeriums insgesamt 55 Millionen Euro. Alle Infos zur Corona-Prämie finden Sie auf der Webseite des Bundesministeriums für Gesundheit und der des Landes Schleswig-Holstein. Pfleger: „Wir fühlen uns herabgesetzt“: Sauer, der im Studienzentrum über den Bereich Forschung und Lehre angestellt ist, findet das ungerecht. Bei seiner Arbeit habe er ebenso Patientenkontakt wie die direkt Angestellten des UKSH. „Wir begleiten die Patienten zu Untersuchungen, überwachen ihre Vitalfunktionen, reden ausführlich mit ihnen“, erzählt Sauer und spricht damit für sich und seine Kollegen im Studienzentrum. Somit seien sie dem Ansteckungsrisiko gleichermaßen ausgesetzt. Zudem würden die Angestellten des Studienzentrums einspringen, wenn Pflegekräfte im Stationsbetrieb ausfallen. Das gelte nicht nur für das Hautkrebszentrum, sondern für alle Einrichtungen von Forschung und Lehre. „Wir bilden die letzte Verteidigungslinie. Und trotzdem gehen wir leer aus“, sagt Sauer verärgert und betont: „Wir fühlen uns herabgesetzt.“ Das wolle er nicht einfach so hinnehmen. Pflegekammer: „Es herrscht eine Ungerechtigkeit“: Von der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein bekommt Sauer Rückenwind. Sprecher Jan Dreckmann sagt: „Es herrscht eine Ungerechtigkeit, da hat der Kollege vollkommen recht.“ Trotzdem verweist er darauf, dass Krankenpflegekräfte in Schleswig-Holstein insgesamt deutlich mehr vom Pflegebonus profitieren, als vom Bund eigentlich vorgesehen war. Laut Dreckmann richtet sich die Auszahlung an Krankenpfleger nämlich ursprünglich nach der Zahl der Corona-Patienten, die in der jeweiligen Einrichtung behandelt wurden. Da die Zahl der Corona-Fälle im Norden verhältnismäßig gering ausfällt, hätten die Angestellten hier demnach nur sehr wenig oder gar kein Geld erhalten. Das Land habe den Bonus aber stattdessen aus eigener Tasche auf den Höchstsatz von 1500 Euro aufgestockt. Das Problem sei allerdings, dass durch die strengen Kriterien bei der Vergabe viele Einrichtungen ausgeschlossen werden. Dazu gehören laut Dreckmann nicht nur die Studienzentren, sondern auch Tageskliniken, forensische Psychiatrien oder Sozialstationen. Ministerium: Einsatzbereich ist entscheidend: Christian Kohl vom Gesundheitsministerium erklärt: „Nach den Festlegungen über den Krankenpflegebonus ist der Anspruch auf Krankenhäuser mit Zulassung beschränkt.“ Bei der Ermittlung der berechtigten Beschäftigten wurde nach dem jeweiligen Einsatzbereich differenziert. Im UKSH musste laut Kohl danach differenziert werden, ob Beschäftigte den Bereichen Krankenversorgung oder Forschung und Lehre zuzuordnen sind. „Im ersten Fall konnte nach den Festlegungen des Landes ein Anspruch auf den Krankenpflegebonus geltend gemacht werden, bei einer Tätigkeit in Forschung und Lehre hingegen nicht“, so der Sprecher. UKSH hat keinen Ermessensspielraum: Auch Anna Dammrich-Warth, Sprecherin des UKSH, bestätigt: „Um den Krankenpflegebonus als unsere Mitarbeiter beanspruchen zu können, mussten verschiedene Kriterien erfüllt sein, zu denen auch gehörte, dass eine Beschäftigung in der Krankenversorgung stattgefunden haben musste.“ Mitarbeiter, die ganz oder zum Teil in der Forschung und Lehre ihren Arbeitsplatz hatten, fielen demnach – entgegen Marc Sauers Ansicht – nicht oder nur anteilig unter den Bonus. Dammrich-Warth betont jedoch auch: „Der Landespflegebonus ist keine Zuwendung des UKSH als Arbeitgeber, sondern des Landes Schleswig-Holstein.“ Das UKSH habe keinen Ermessensspielraum bei der Bewertung, ob Mitarbeiter einen Bonus erhalten. Die Klinik sei als Arbeitgeber nur damit beauftragt gewesen, den Bonus an die entsprechenden Pflegekräfte auszuzahlen. Lesen Sie auch UKSH: Die meisten Corona-Toten starben an einer Lungenentzündung Nach Corona-Ausbruch bei Sana Lübeck: Wer hilft den Krankenhäusern? SH: Manche Pflegekräfte haben Bonus nicht bekommen „Kein Werturteil ihrer wichtigen Arbeit“: Das UKSH bitte ausdrücklich um Verständnis, so die Sprecherin. Die betroffenen Angestellten sollten dies nicht als „Werturteil ihrer sehr wichtigen und engagierten Arbeit“ verstehen. Sollte sich an den Auszahlungen etwas ändern, werde man alle Mitarbeiter umgehend informieren. Jan Dreckmann von der Pflegekammer zeigt indes Verständnis für beide Seiten. „Das Land hat mit dem Krankenpflegebonus schon etwas Gutes gemacht“, betont er. „Aber es wurden eben Grenzen gezogen, wodurch in vielen Bereichen Ungerechtigkeit entsteht.“ Von Rabea Osol