Lübeck: Politiker lehnen Privatisierung der Wochenmärkte ab

Das Gespräch im Rathaus über die Zukunft der Lübecker Wochenmärkte hatten sich die Händler anders vorgestellt. Statt eines neuen Konzeptes wurde ihnen eine drastische Erhöhung der Standgebühren angekündigt – oder eine Privatisierung der Wochenmärkte. „Das wäre der Albtraum“, sagt Fischhändler Ingo Massa. Bundesweit versuchen Kommunen immer wieder einmal, ihre Wochenmärkte an private Firmen abzugeben. „Wenn das so käme, hätten wir nichts mehr zu sagen“, erklärt Ingo Massa, „dann wäre Lübeck uns los.“ Unabhängige: Markthändler werden unter Druck gesetzt: Mit der Androhung einer Privatisierung würden die Marktbeschicker unter Druck gesetzt, kritisieren die Unabhängigen. Als möglicher Betreiber sei von der Verwaltung die Firma „Marktgilde“ genannt worden. Die „Marktgilde“ betreibt nach eigenen Angaben seit 35 Jahren an über 120 Standorten bundesweit mehr als 200 Märkte. Sven Bössow, Geflügelhändler und Vorsitzender der Marktkaufleute, kennt mehrere Beispiele von Kommunen, die eine Privatisierung versucht haben. „Das ist ein ganz schwieriges Verfahren“, sagt Bössow. Sogar die FDP lehnt eine Privatisierung ab: In Lübeck hat das Ansinnen jedenfalls keine Chance. Peter Reinhardt, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD: „Wir wollen keine Privatisierung.“ Frank Müller-Horn (Unabhängige): „Das ist eine schlechte Idee. Lübeck gäbe etwas aus der Hand, as den Charme und die Vielfalt dieser Stadt prägt.“ Die Logik einer Privatisierung erschließe sich den Grünen nicht, erklärt Wirtschaftspolitiker Axel Flasbarth. Sogar die FDP lehnt das ab. Wirtschaftspolitikerin Heike Stegemann: „Wir halten nichts davon, die Kosten einfach von der Stadt auf eine private Betreibergesellschaft abzuwälzen.“ Auch mit einer 150-prozentigen Erhöhung der Standgebühren beißt die Verwaltung bei den Politikern auf Granit. „Über eine angemessene Erhöhung können wir reden“, sagt CDU-Wirtschaftspolitiker Ulrich Krause, „aber 150 Prozent sind nicht zielführend.“ Blumen-, Obst- und Gemüsehändler mit langen Marktständen würden unverhältnismäßig zur Kasse gebeten. Die Unabhängigen fordern von Erhöhungen in moderaten Schritten. Angemessene Gebührenerhöhung ist für Politiker denkbar: „150 Prozent sind nicht nachvollziehbar“, erklärt Grünen-Politiker Flasbarth, „wir können aber in der Verwaltung der Märkte Kosten sparen.“ Wenn die Stadt endlich die Infrastruktur der Wochenmärkte verbessern würde, könnte man mit den Marktbeschickern auch über höhere Gebühren reden, sagt FDP-Politikerin Stegemann. Seit März 2019 würden Vorschläge der Liberalen dazu vorliegen, aber immer noch kein Konzept von Wirtschaftssenator Sven Schindler (SPD). Fischhändler Ingo Massa erinnert die Politiker an die Wahlversprechen aus den jüngsten Wahlkämpfen. Bessere Oberflächen auf den Marktplätzen, mehr Stellplätze für Autos und Fahrräder, eine Überdachung von Ständen und eine bessere Beschilderung seien zugesagt worden. Lesen Sie auch Lübecker Weihnachtsmarkt findet trotz Corona statt Lübeck prüft Ausbau von zwei Gymnasien Nach Tod von Baby im UKSH: Staatsanwaltschaft Lübeck ermittelt Von Kai Dordowsky