Lübeck: Schlepper "Axel" im Museumshafen

Da staunt der Hafenkenner nicht schlecht: Als Rolf Schramm am Museumshafen entlang fuhr, sah er zu seiner großen Überraschung den Hafenschlepper „Axel“. „Was für eine Sensation!“, zeigt sich der Lübecker begeistert. „Das Schiff kenne ich von früher, aber ich habe es ewig nicht mehr gesehen!“ Der Schlepper ist etwa 30 Meter lang und mit einer Pfahlzugstärke von 42 Tonnen ein echtes Kraftpaket. Was aber sucht er dann in Lübeck, wo die großen schweren Einsätze ausbleiben? „Stärkster Schlepper im deutschen Ostseeraum“: Einem Laien, dessen Augen weniger geschult sind, als jene Rolf Schramms, erschließt sich die Besonderheit nicht auf dem ersten Blick. Was ist so ungewöhnlich daran, dass die „Axel“ im Museumshafen liegt, wenn doch „Lübeck“ an der Bordwand prangt? Ursprünglich wurde die „Axel“ tatsächlich für den Lübecker Hafen gebaut, 1990 im Auftrag der Lübecker Reederei „Johannsen & Sohn“. Warum also verließ sie die Hansestadt überhaupt? Als „Axel“ vor dreißig Jahren in Lauenburg vom Stapel lief, war das Schiff „der stärkste Schlepper im deutschen Ostseeraum“, berichtet Michael Schäfer, Geschäftsführer von „Johannsen & Sohn“. „Sie wurde damals für die immer größer werdenden Schiffe gebaut“, erzählt Schäfer, der das Unternehmen in fünfter Generation leitet. Bis 2011 war sie im Lübecker Hafen tätig, dann allerdings wurde sie „mangels Auftragslage nach Rostock verlegt.“ Von Rotterdam nach Tallinn: Seither hat die „Axel“ deutlich mehr von Europa gesehen, als Rostock und den Lübecker Heimathafen. So arbeitete sie etwa im vergangenen Jahr mehrere Monate im Hafen von Rotterdam. Und während andere Schlepper „nur für Häfen“ konzipiert sind, wird die „Axel“ sowohl in Häfen „als auch Off Shore eingesetzt, etwa für Versorger-Schiffe von Öl-Plattformen“, erklärt Schäfer. „Besonders spektakulär war eine Seereise vom Esbjerg in der dänischen Nordsee bis nach Tallinn“, so der Geschäftsführer der Lübecker Reederei, die dieses Jahr ihr 125. Jubiläum feiert. „Axel“ schleppte hierbei die „Wilson Aegean“, ein sogenanntes „Totschiff“, das heißt ohne Betrieb und Besatzung, durch den Nord-Ostsee-Kanal. Seit März im Lübecker Heimathafen: Von diesem Auftrag kommend, passierte die „Axel“ vor wenigen Wochen den Schellbruch. Seitdem liegt das fast historische Schiff im Museumshafen und wartet auf neue Einsätze. „Axel“ ist mittlerweile nicht mehr der stärkste Schlepper im Ostseeraum, sondern befindet sich mit 42 Tonnen Pfahlzugkraft, nur noch im „guten Mittelfeld“, so Schäfer. Ihre besondere Bedeutung liegt aber nicht zuletzt darin, dass die „Axel“ eine der letzten Schlepper aus vollständig deutscher Produktion ist. „Es werden keine deutschen Schlepper-Neubauten mehr produziert“, erzählt Schäfer. „Claus“, mit 75 Tonnen Zugkraft der neueste Zuwachs der Schlepper-Flotte von „Johannsen & Sohn“, wurde etwa im türkischen Ereğli angefertigt. Lesen Sie auch Lübeck: Museumshafen leidet unter rücksichtslosen Partygängern Museumsschiffe aus Lübeck gehen auf die Werft Der stärkste Schlepper der Welt bewegt die „Ever Given“ Dass die „Axel“ als ältester Schlepper der Flotte nun im Museumshafen liegt, lässt Schäfer schmunzeln: „Sie liegt zwar im Museumshafen, aber ins Museum gehört sie natürlich noch nicht“, betont der Schiffseigner. „Wir sind zuversichtlich, sie noch 10 bis 15 Jahre im Einsatz zu haben.“ Die nächsten Aufträge werden bereits verhandelt. Vermutlich wird die „Axel“ ihren Lübecker Heimathafen schon in den nächsten zwei Wochen wieder verlassen. Von Timm Lewerenz