Lübeck: So läuft Homeoffice in der Pandemie bei öffentlichen Verwaltungen

Kanzlerin Angela Merkel will es. Ministerpräsident Daniel Günther will es. DGB-Nord-Chef Uwe Polkaehn will es. Arbeitnehmer sollen, wo immer möglich, im Homeoffice arbeiten, um in der Corona-Pandemie Kontakte zu reduzieren. Arbeitgeber sollen, wo immer das möglich ist, Homeoffice anbieten. Das hat die Kanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten im Januar vereinbart. Schleswig-Holsteins Landesvater und der DGB-Nord-Chef haben gemeinsam an die Beschäftigten appelliert, von zu Hause aus zu arbeiten. Nicht alle Beschäftigten der Stadt haben einen Computer am Arbeitsplatz: Tausende Lübeckerinnen und Lübecker verdienen ihre Brötchen bei öffentlichen Arbeitgebern. Wie halten es die großen Verwaltungen mit dem Homeoffice?, wollten die LN wissen. In der Stadtverwaltung arbeiten knapp 4000 Beschäftigte. Einen Computer am Arbeitsplatz haben 2300. Wie viele Homeoffice nutzen, kann die Verwaltung nicht beantworten. „Die Anzahl derjenigen Mitarbeitenden, die diese Möglichkeit nutzen, ist in ständiger Bewegung“, sagt Stadtsprecherin Nicole Dorel. Zahlreiche Dienstleistungen könnten gar nicht aus dem Homeoffice erbracht werden, sagt Nicole Dorel – beispielsweise Feuerwehr und Rettungsdienst, die Betreuung in den Kitas, Inobhutnahmen durch das Jugendamt oder die Überwachung von Corona-Auflagen durch das Ordnungsamt. Bei Amtsgeschäften wie Beglaubigungen und der Ausstellung von Führungszeugnissen oder Personalausweisen sei der persönliche Kontakt zu den Bürgern zwingend. Außerdem würde Homeoffice durch den Datenschutz eingeschränkt. Bis zu 400 Beschäftigte bei den Stadtwerken im Homeoffice: Um Kontakte zwischen Beschäftigten zu reduzieren, bietet die Stadtverwaltung unter anderem einen Arbeitszeitrahmen von 6 bis 22 Uhr, Schichtarbeit sowie Wochenenddienste an. Bei den Stadtwerken sind täglich 350 bis 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Homeoffice. 800 Arbeitsplätze wurden auf Heimarbeit umgestellt. „Die Differenz erklärt sich dadurch, dass keine Pflicht zum Homeoffice besteht“, erklärt Unternehmenssprecher Lars Hertrampf, „wer allein im Büro arbeiten möchte, kann auch dies weiterhin tun.“ Manche Beschäftigte würden teilweise im Homeoffice und teilweise im Büro arbeiten. Auch im Stadtwerke-Konzern gibt es Aufgaben, die nicht im Homeoffice erledigt werden können. Hertrampf nennt Busfahrer, Monteure, Werkstattmitarbeiter, den Störungsdienst und die Leitstellen. Kontakt zu Arbeitslosen vorrangig digital oder telefonisch: 168 Beschäftigte zählt die Agentur für Arbeit, 382 das Jobcenter Lübeck. Wie viele Homeoffice nutzen, können die Pressestelle nicht sagen. „Teilweise wechseln sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Präsenz vor Ort ab“, erklären Olga Nommensen und Natalie Bibow. Schon vor der Corona-Pandemie habe es die Möglichkeit zum Homeoffice gegeben. „Seit dem letzten Jahr ist Homeoffice weiter gestiegen“, sagen beide Sprecherinnen. Lesen Sie auch Lübecks Bürgermeister zu Corona-Mutation: Draußen nur mit medizinischer Maske Super-Noten für Lübecks Innenstadt: Das sagen Bürger und Experten Lübeck: Archäologen entdecken ältestes Backsteinhaus der Hansestadt Die Kontakte zu Arbeitslosen werden vorrangig online, telefonisch oder per Videochat gehalten. „Wenn in dringenden Fällen jedoch persönliche Gespräche vor Ort erforderlich sind, ist ein Notfalltresen besetzt“, erklären die Pressesprecherinnen. Für Hausmeister, Reinigungskräfte, Beschäftigte der Informationstechnologie oder der Poststelle sei kein Homeoffice möglich. Alle Beschäftigten, die im Homeoffice sind, benutzen entweder dienstliche Notebooks, nehmen das vorhandene PC-Equipment mit oder wählen sich mit ihren eigenen Geräten über ein speziell gesichertes Netzwerk ein. Bei den Entsorgungsbetrieben Lübeck (EBL) sind von 640 Mitarbeitern aktuell 150 im Homeoffice. Die Zahl nehme zu, erklärt Sprecherin Cornelia Tews. Müllwerker, Klärwerksmitarbeiter oder auch Mitarbeiter der Mechanisch-Biologischen Abfallbehandlungsanlage (MBA) könnten allerdings nicht von Zuhause aus arbeiten. Homeoffice wird auch bei der Polizei vorangetrieben. Angestellte und Polizisten in der Verwaltung und in den Führungsstäben arbeiten von Zuhause aus. „Aber Streifentätigkeiten, Spurensicherungen und Ermittlungen sind kaum im Homeoffice zu leisten“, erklärt Polizeisprecher Ulli Fritz Gerlach. Zahlen für die Polizeidirektion Lübeck werden nicht herausgegeben. Aber landesweit sind aktuell 600 Beschäftigte der Polizei im Homeoffice – von insgesamt 8200. Land: Mobilität sinkt nicht genug: Einige Abteilungen würden ein Wechselmodell praktizieren, sagt Cornelia Tews: „Eine Woche sind sie vor Ort, die nächste Woche im Homeoffice.“ Die meisten Heimarbeiter nutzen die Laptops ihres Arbeitgebers. Tews: „Der Datenschutz ist gesichert.“ Nach Angaben der Landesregierung weisen Mobilitätsdaten darauf hin, dass mehr Menschen unterwegs sind als im Frühjahrs-Lockdown. Damals sei die Mobilität um mehr als 40 Prozent gegenüber dem Frühjahr 2019 zurückgegangen. Im aktuellen Lockdown sind es laut einem Mobilitätsportal von RKI und Humboldt-Universität Berlin gerade einmal 14 Prozent Rückgang in Schleswig-Holstein. Das deute laut Landesregierung daraufhin, dass noch nicht alle Möglichkeiten der Nutzung von Homeoffice genutzt werden – allerdings allgemein und nicht nur im öffentlichen Dienst. Von Kai Dordowsky