Lübeck: So verbrachten die Familien den Corona-Heiligabend

Der gemeinsame Familienspaziergang am ersten Weihnachtsfeiertag ist für viele Lübecker Familien Tradition. Die LN haben sich im Drägerpark umgehört, wie dieses besondere Weihnachtsfest in den Lübecker Wohnzimmern abgelaufen ist. Es fällt auf: Für viele Lübecker war der Corona-Heiligabend deutlich entspannter als die Festtage in den Vorjahren. Trotz der kalten Temperaturen genießen viele Lübecker den strahlenden Sonnenschein in den Mittagsstunden des ersten Weihnachtstags. Sie flanieren durch den Drägerpark, man trifft –mit Abstand –alte Bekannte auf dem Weg, es ist viel Lachen zu hören. Die schöne Weihnachtsstimmung liegt förmlich in der Luft. Und sie färbt ab: Voller Energie flitzt der vierjährige Michel Mundt mit seinem Laufrad durch den Park. „Es war ganz entspannt bei uns dieses Jahr“, erzählt seine Mutter Lisa Mundt. „Den Gottesdienst haben wir wirklich vermisst. Wir haben den im Fernsehen angeschaut, aber das ist natürlich nicht vergleichbar.“ Weihnachten wurde im kleinen Kreis gefeiert: „Die Familie von meinem Mann fehlte leider, wir haben kleiner gefeiert als ursprünglich geplant“, erzählt Mundt. Die Ruhe genossen: „Diesmal sind ja die Stubenhocker die Helden“, scherzt Volker Kupfer. „Ich finde es wirklich schade, dass immer jedes Schlupfloch im Gesetz gefunden werden muss, um die Regeln an Weihnachten zu umgehen.“ Kupfer hat an Weihnachten viel mit den Menschen telefoniert, die er sonst persönlich getroffen hätte. „Das kann man so wunderbar aushalten, ich genieße die Ruhe“, freut sich Kupfer. Der Kirchgang fehlt: „Anders...“, fasst Jörg Riedl das Weihnachtsfest unter Corona zusammen. „Wir hatten Besuch von Oma, die wäre sonst ganz allein gewesen. Der Rest war aber eigentlich wie immer: Morgens haben wir den Baum geschmückt, abends gab es selbstgemachten Rotkohl mit Kroketten und Rumpsteak“, erzählt der Familienvater. „Vom Ablauf her hat eigentlich nur die Kirche gefehlt, aber so großartig anders als sonst war es dann vielleicht doch nicht.“ Im kleinen Kreise gefeiert: Für Inga Kästner war das Weihnachtsfest anders als sonst. „Mein Bruder hat gefehlt, der arbeitet in einem Pflegeheim und wollte auf uns Rücksicht nehmen“, berichtet Kästner. „Ich habe nur mit meinen Eltern zu dritt gefeiert. Die Stimmung war nicht so locker wie sonst, für meine Eltern war dieses ‚andere’ Weihnachten allerdings gar kein Problem.“ Auch bei Marco Henning blieb der Bruder zu Hause. „Es war aber ganz ruhig und entspannt – eigentlich war es wie immer, wir haben gemütlich gegessen, dann Geschenke verteilt und ausgepackt.“ Neue Leidenschaft: Puzzles: Bei Antje Maletti war dieses Jahr wirklich alles anders. Sie konnte Weihnachten mit einem neuen Freund verbringen, der gar kein Corona übertragen kann – dem Nachbarshund. „Leider mussten meine Nachbarn in Quarantäne, deshalb kümmere ich mich um die Gassirunden für ihren Hund, damit sie ihn über die Feiertage nicht irgendwohin abgeben müssen“, erzählt die Masseurin. Seit Oktober ist sie in Kurzarbeit. „Jetzt habe ich das Puzzlen total für mich entdeckt, also habe ich gestern Abend ein Puzzle fertig gemacht.“ Ein Besuch bei der Familie war nicht möglich, da diese in Berlin lebt. „Es ist sowieso das erste Weihnachten seit Jahren, an dem ich nicht arbeiten muss“, so Maletti. Frühstücken per Skype: Sportlich unterwegs ist Patrice Brand, der eine Jogging-Runde im Park dreht. „Es war wirklich sehr schön“, berichtet Brand. „Natürlich mussten wir das Fest anders gestalten als sonst, wo viele Verwandte und Freunde zu Besuch kommen würden. Es war auch echt schade, dass wir nicht in die Kirche gehen konnten“, erzählt Brand. „Als kleinen Ersatz haben wir uns das Glockengeläut der Kirchen an Heiligabend vom Dach unseres Hauses aus angehört. Am Abend haben wir eine Fackelwanderung an der Wakenitz gemacht. Am Ende des Tages sind die Kinder ganz selig ins Bett gefallen – man muss halt kreativ werden“, so Brand weiter. Und so fand das Weihnachtsfrühstück mit den Großeltern dieses Jahr über Skype statt. „Es war wirklich alles deutlich entspannter als in den letzten Jahren, die Kinder fanden es super.“ Familienbesuche werden mehr geschätzt: Stressfreier waren die Festtage auch für Marlene Lange und Oliver Jahr. „Meine Familie ist im ganzen Norden verstreut, von daher fiel die große Weihnachtsrundreise dieses Jahr aus“, sagt Oliver Jahr. „Wir waren bei Marlenes Vater essen, die Bescherung fand dann per Telefon statt“, erzählt er weiter. „Es war deutlich stressfreier, man kann dieses andere Weihnachtsfest auch durchaus positiv sehen, so lernt man die Familienbesuche dann doch mehr zu schätzen“, ergänzt seine Freundin Marlene Lange. Von Max von Schwartz