Lübeck: St. Marien bekommt Millionen-Spende von unbekanntem Geschäftsmann

Über Tage und Wochen gesehen kann er sie wohl gar nicht mehr zählen, die vielen E-Mails, die in seinem digitalen Postfach landen, und sich dann noch an einzelne erinnern zu können, fällt angesichts der Zeilen-Flut besonders schwer. Eine elektronische Botschaft jedoch, aus dem vergangenen Vierteljahr, wird Marienpastor Robert Pfeifer wohl sein ganzes Leben nicht mehr vergessen. Große Spende für Sanierung der Marienkirche: „Zentral war dabei der Satz ,Ich möchte gerne einen namhaften Betrag für die Marienkirche spenden‘; da freut man sich natürlich, weiß aber nicht, wie ernst dies Ansinnen gemeint ist“, sagt der Theologe. Schließlich bekomme man ja von Zeit zu Zeit immer mal wieder Mails, die einem einen nicht unerheblichen Geldsegen in Aussicht stellen würden, dafür aber mehr als dubios und unseriös seien. Entsprechend war er erst mal in seiner Erwartungshaltung sehr vorsichtig. „Ich habe den Absender zu einem persönlichen Kennenlernen ins Gemeindebüro im Marienwerkhaus eingeladen. Und dieser kam dann auch recht zeitnah mit seinem kleinen Sohn vorbei, und ich habe ihm einen Überblick über unsere weiter geplanten, zukünftigen Baumaßnahmen in Marien gegeben“, erzählt der Pastor. St. Marien braucht 40 Millionen Euro zur Sanierung: Das gesamte Projekt im Kircheninneren hat nach Pfeifers Worten in den nächsten zehn Jahren einen Finanzbedarf von circa 40 Millionen Euro inklusive der Anschaffung einer neuen Orgel – wobei ein Zuschuss von 14 Millionen Euro vom Bund bereits zugesagt wurde. „Das fand er alles sehr beeindruckend, machte dann aber für seine private Spende über eine Million Euro zur Bedingung, dass dieser Betrag innerhalb des großen Projektrahmens für eine definierte und somit abgeschlossene Maßnahme eingesetzt wird“, berichtet der Geistliche. Und natürlich habe er den Geschäftsmann, der nicht aus Lübeck kommt und vorerst anonym bleiben möchte, auch nach dem Motiv für diese sehr großzügige Zuwendung gefragt. „Darauf erzählte er, dass er vor einigen Jahren erstmals in St. Marien gewesen sei und ihn diese Kirche nicht mehr losgelassen habe, so fasziniert und bewegt sei er nach dem Besuch gewesen“, so Pfeifer. Eine Million Euro-Spende für die Sanierung der Briefkapelle: Innerhalb des Bauausschusses der Gemeinde wurde anschließend intensiv beraten, welches einzelne Vorhaben sich hier eignen würde. „Denn in den letzten Jahren haben sich weitere Probleme und Vorhaben ergeben – wie die nicht mehr funktionsfähige Heizung, das bröckelnde Gewölbe mit seinen wunderbaren Malereien, korrodierende Fensterfassungen sowie die Rekonstruktion der historischen Totentanzorgel“, zählt er auf. Auch die Briefkapelle, eine der 19 heute noch vorhandenen Kapellen in Marien, bedarf dringend einer Aufarbeitung; der Name leitet sich übrigens von den Schreibern ab, die in der Kapelle ihre Stände hatten. „Für ihre komplette Sanierung benötigen wir rund eine Million Euro“, erklärt Pfeifers Kollegin, Marienpastorin Inga Meißner, „sodass sich diese Baumaßnahme als Vorschlag geradezu angeboten hat. Lesen Sie auch Sanierung der beiden Türme an Lübecker Marienkirche geht weiter Gestohlene Glocken von St. Marien sind wieder da Lübecks Marienkirche hat ihr Glockenspiel wieder Zudem habe man dann sinnvollerweise einen abgeschlossenen Raum für Gottesdienste und Konzerte für die Zeit, wenn das große Kirchenschiff wegen der zu erwartenden Einrüstungen nur eingeschränkt nutzbar sei, argumentiert Meißner. Der noch unbekannte Gönner fand diese Idee jedenfalls sehr gut, sodass die versprochene Summe über eine Million Euro bereits auf dem Gemeindekonto eingegangen ist. „Das ist für uns eine ganz tolle Ausgangssituation, weil wir die Briefkapelle jetzt schon im Frühjahr angehen können und somit die Voraussetzung für den Fortgang des Gesamtprojekts schaffen“, freut sich das Pastoren-Tandem. Zudem könne so eine große Einzelspende auch den Impuls für weitere Zuwendungen geben. Die beiden Türme habe man ja schließlich auch geschafft – „die Kirchen sind für uns Lübeckerinnen und Lübecker identitätsstiftend. Man lässt sie nicht im Stich“, resümieren Meißner und Pfeifer. Von Michael Hollinde