Lübeck: Stadt fällt im Winter 360 Bäume

Die Bergulme in der Grünanlage Possehlstraße ist über 20 Meter hoch, aber abgestorben. Eine mächtige Rotbuche in den Wallanlagen steht nicht mehr sicher. Eine Trauerweide an der Kanalstraße ist von einem Pilz befallen, eine Robinie am Westpreußenring leidet unter Stockfäule, und der Spitzahorn im Behaimring stürzt wahrscheinlich bald genauso um wie die 30 Meter hohe Pappel in den Vogelsangwiesen. 360 bereits abgestorbene oder erkrankte Bäume müssen in diesem Winter gefällt werden. Es handelt sich um 60 Straßenbäume und 300 Bäume, die vor allem in Grünanlagen, auf Spielplätzen und an Schulen stehen. Darauf weist die Stadtverwaltung hin. 175 der 360 Bäume sind bereits abgestorben: Rund 175 Bäume sind bereits abgestorben. Es handelt sich dabei vor allem um Fichten, die vom Borkenkäfer befallen wurden, und Ulmen, die unter dem Splintkäfer leiden. Allein im Stadtpark sind 18 Fichten durch den Borkenkäfer befallen. Mitarbeiter des Bereichs Stadtgrün und Verkehr haben bei einem Termin vor Ort Pflegemaßnahmen und die Gründe erklärt, warum mächtige, alte Bäume gefällt werden. „Pilze bringen die Wurzeln der Bäume zum Absterben“, erklärt Karsten Jäkel vom Bereich Stadtgrün und Verkehr, trotzdem würden diese Bäume grün belaubt sein und gesund aussehen. Jäkel: „Bei einem Sturm können sie dann umkippen, weil sie keine Wurzeln mehr haben.“ Im Stadtpark in St. Gertrud haben die Baumpfleger im Frühjahr eine Buche von einem Baumgutachter untersuchen lassen. Die Buche ist von dem aggressiven Riesenporling befallen. Der Gutachter hat die Standfestigkeit mittels Zug geprüft. „Sensoren messen, wie der Baum auf den Zug reagiert“, sagt Jäkel. Die Buche kann erst einmal stehenbleiben, muss aber jedes halbe Jahr untersucht werden. Pappeln in Vogelsangwiesen haben Lebensende erreicht: In den Vogelsangwiesen im Stadtteil St. Jürgen, in einem Bereich hinter dem Lerchenweg, müssen mehrere Hybrid-Pappeln gefällt werden. Die Bäume, die unmittelbar neben Hausgärten stehen, müssen aus Gründen der Verkehrssicherung dringend gefällt werden. Die Bäume haben ihr Lebensende erreicht. Die Baumkronen sterben ab und bilden dadurch regelmäßig große Mengen an Totholz, das in die angrenzenden Gärten fällt. Umstürzen von Bäumen verhindern: In diesem Winter werden die Mitarbeiter des Bereichs Stadtgrün und Verkehr außerdem Grünflächen beiderseits der Ratzeburger Allee im Bereich Falkenhusener Weg bis Polarisweg, mehrere Grünzüge im Bereich des Heiwegs, St. Gertrud sowie am Vorwerker Friedhof/ Landgraben durchforsten. Durch die Untersuchungen soll ein Umstürzen von Bäumen und ein Herabfallen abgestorbener Äste auf die angrenzenden, zum Teil stark begangenen Wege, Häuser und Gärten verhindert werden. Baumpfleger hegen ihre Schützlinge: Baumfällungen sorgen immer wieder für Kritik von Bürgern. Die amtlichen Baumpfleger weisen darauf hin, „dass sie ihre Schützlinge von Kindesbeinen bis ins hohe Alter hegen und pflegen – oft über Generationen hinweg.“ Die Baumpfleger würden zu dichte Baumbestände ausdünnen, Jungbäume wässern und bei heranwachsenden Bäumen den sogenannten Lübecker Schnitt ansetzen. Der sei weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt. Bei erwachsenen Bäumen würden sie Totholz beseitigen und Verletzungen durch Fahrzeuge, Versorgungsleitungen oder Vandalismus beseitigen. Die früh verstorbene Sängerin Alexandra sang 1968 das Lied „Mein Freund, der Baum, ist tot“. So geht die erste Strophe: „Ich wollt dich längst schon wieder sehen, mein alter Freund aus Kindertagen. Ich hatte manches dir zu sagen, und wusste, du wirst mich verstehen. Als kleines Mädchen kam ich schon zu dir mit all den Kindersorgen. Ich fühlte mich bei dir geborgen, und aller Kummer flog davon. Hab ich in deinem Arm geweint, strichst du mit deinen Blättern mir übers Haar. Mein Freund, der Baum, ist tot. Er fiel im frühen Morgenrot.“ Im Zuge der Klimapolitik hat die Bürgerschaft 2019 beschlossen, dass gefällte Bäume ersetzt werden müssen. Später haben SPD und CDU noch einmal klargestellt: „Wenn Bäume gefällt werden müssen, ist regelmäßig eine ausreichend große Ersatzpflanzung möglichst in räumlicher Nähe erforderlich. Wenn eine Ersatzbepflanzung nicht vor Ort erfolgen kann, muss den Ausschüssen eine Begründung vorgelegt werden.“ Stadt pflanzt mehr Bäume als sie fällt: „Müssen wir einen Baum fällen, pflanzen wir dafür einen neuen. Nicht immer an derselben Stelle, aber in Lübeck“, heißt es auf der Internetseite der Stadt, „aufgrund von Aufforstungen, Neubegrünungen und auch Baumgeschenken pflanzen wir mehr Bäume als wir fällen.“ Die SPD werde in einer der nächsten Sitzungen des Bauausschusses der Bürgerschaft eine Liste der Neupflanzungen beantragen. Ulrich Pluschkell, baupolitischer Sprecher der SPD. „Es ist das Anliegen der Bürger, dass da neu gepflanzt wird, wo die Bäume abgehackt werden – und nicht irgendwo.“ Fast 100 000 Bäume unter Kontrolle: Der Bereich Stadtgrün und Verkehr betreut rund 18 000 Straßenbäume sowie über 80 000 Bäume auf städtischen Flächen. Die aktuellen Baumfälllisten sind online abrufbar unter www.luebeck.de/baumpflege. Nicht enthalten sind Bäume, die aus planerischen Gründen für Bauvorhaben gefällt werden oder die wegen ihres Stammumfanges nicht unter die Baumschutzsatzung fallen. Zu jeder Baumfällung ist der Fällgrund angegeben. Lesen Sie auch Groß Grönau: Neue Kita für 40 Kinder am Torfmoor eröffnet Lübecks Uni-Forscher setzen Elisa-Studie zur Covid-19-Ausbreitung fort KWL-Chef: Behörden blockieren Solaranlagen in Lübeck Von Kai Dordowsky