Lübeck: Wanderer läuft 1400 Kilometer auf der alten DDR-Grenze

Hier also endet der Weg. Auf dem Priwall, an der einstigen Grenze. Frank Ortmann lächelt, als er die letzten Meter in Richtung Ostsee geht. Er ist am Ziel. 1400 Kilometer hat der 72-Jährige in den vergangenen Monaten zurückgelegt, er wanderte die einstige innerdeutsche Grenze entlang. Am Tag der deutschen Einheit hat er sein Ziel erreicht. NVA-Grundwehrdienst an der Grenze: Vor elf Monaten ist der Arzt aus Weimar (Thüringen) im bayerischen Hof aufgebrochen, am 9. November, dem Jahrestag des Mauerfalls. Er wollte die ehemalige Grenze erleben, deren Absurdität ihm beim Laufen täglich neu vor Augen kam. „Ich selbst musste im Jahr 1967 als bereits immatrikulierter Medizinstudent noch zum Grundwehrdienst in der Nationalen Volksarmee an die Grenze“, erzählt er. Weil er verkündete, er werde nicht auf Menschen schießen, wurde er an die tschechische Grenze versetzt. Als junger Arzt stellte Frank Ortmann einen Ausreiseantrag, verließ die DDR, zog zu seiner späteren Frau nach England, lebte dann viele Jahre am Bodensee. „Ich kenne Deutschland links und rechts der Grenze.“ Die Grenze nicht vergessen: Er möchte, dass diese Grenze und die Schicksale, die mit ihr verbunden waren, nicht vergessen werden. In neun Bundesländern war er unterwegs, 20 bis 30 Kilometer lief er am Tag. Wenn er die Wanderung wegen Terminen in Weimar unterbrechen musste, setzte er später am selben Punkt wieder ein. Natur und Geschichte auf dem Grünen Band: Was hat er gesehen? Flüsse, Wälder und Wiesen. Alte Patrouillenwege aus Betonplatten. Grenzmuseen, Erinnerungsstätten, Hinweisschilder auf noch nicht gefundene Minen. Den hohen Himmel im Norden mit dem weiten Blick in die Landschaft. „Es war ein nachdenklicher, emotionaler, fordernder Weg“, sagt Frank Ortmann über das Grüne Band, das von deutsch-deutscher Geschichte erzählt. Ein Gottesdienst zum Abschluss: In Schlutup macht er zum letzten Mal Rast, besucht den ökumenischen Gottesdienst zum Feiertag, ehe die allerletzte Etappe anbricht. Die geht er mit seinem Sohn Bennet, der in Lübeck an der Musikhochschule studiert. „Ob ich das geschafft hätte?“, sinniert der Sohn. „Ich habe größten Respekt vor der Leistung meines Vaters. Ich bin stolz auf ihn.“ Dann öffnet er eine Flasche Sekt. Lesen Sie auch UKSH führt Maskenpflicht für Kleinkinder ein Schüler, Busse und Corona: Flensburg ist schon weiter als Lübeck Seniorin aus Lübeck erleichtert: Papagei „Laura“ ist wieder zu Hause Von Birgit Kummer