Lübeck: Wegen Corona kehren Hochschulen zurück zur Online-Lehre

Es hatte sich schon am Morgen des vergangenen Freitags angekündigt, dass die langsame Erholung des Lübecker Campuslebens nur von kurzer Dauer sein wird. So teilte das Studentenwerk mit: „Aufgrund der aktuellen Bund-Länder-Beschlüsse zur Corona-Pandemie werden am Montag, 2. November, Mensen, Cafeterien und Café-Lounges wieder schließen.“ Und kurze Zeit später zog dann auch offiziell Bildungsministerin Karin Prien nach, als sie die aktualisierte Hochschulen-Coronaverordnung verkündete. Mit der Maßgabe: Der Lehrbetrieb an den Hochschulen müsse grundsätzlich wieder in digitaler Form stattfinden. „Dabei waren wir bester Dinge und bestens präpariert Mitte Oktober ins geplante Hybridsemester gestartet“, sagt Dr. Rosemarie Pulz von der Lübecker Universität. Die Koordinatorin des Studiengangs Molecular Life Science, kurz MLS, erzählt, dass die Vorbereitungen für das Wintersemester – mit wesentlich mehr Präsenzunterricht als im Sommer – bereits Mitte August an der Uni begonnen hätten. Erstsemester brauchen Präsenz zum Eingewöhnen: „Wir wollten insbesondere die Erstsemester, die sich in den ersten Wochen eingewöhnen müssen, so häufig wie möglich in der Uni haben“, betont die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Chemie und Metabolomics. Dafür seien die Stundenpläne völlig neu gestaltet worden, sodass jeder Studierende nur zwei Tage an der Hochschule gewesen wäre. „Dann aber ohne Leerlauf zwischendurch, weil es ja keine Möglichkeit gibt, wo sich Studierende indoor eine längere Zeit aufhalten können. Das jedenfalls haben wir alle auf dem Campus sehr schön geplant, und alle Dozenten waren froh über diesen zeitlichen Vorlauf und die Verbindlichkeit“, sagt Pulz. Doch dann sei der Freitag gekommen, „und alles wurde anders“. Übersicht für Schleswig-Holstein: Wie stark verbreitet sich die Corona-Erkrankung? Übersicht für Deutschland: Die Gesamtentwicklung, alle Hotspots und Reisewarnungen Diese beiden Artikel sind kostenlos für alle lesbar, die nachfolgenden regionalen Analysen sind LN-Plus-Lesern vorbehalten. Interaktive Karte: Wo sind die Corona-Hotspots in Schleswig-Holstein? Analyse: Gibt es mehr Corona-Infektionen, weil auch mehr getestet wird? Mehr aus Ihrer Region: Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Lübeck Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Ostholstein Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Segeberg Zahlen und Fakten zum Coronavirus im Kreis Herzogtum Lauenburg Zahlen und Fakten zum Coronavirus in Stormarn Laut der angepassten Corona-Verordnung bleiben Prüfungen unter Einhaltung des Mindestabstands in Präsenz jedoch zulässig. Ebenso in Präsenz können praktische Lehrveranstaltungen wie Übungen und Laborversuche sowie Lehrveranstaltungen der künstlerischen Hochschulen stattfinden, die digital nicht möglich sind. Und um den Studienanfängern einen möglichst guten Start in das Studium zu ermöglichen, dürfen auch Lehrveranstaltungen für die 1. Fachsemester in „Kohorten“, also definierten Gruppengrößen, vor Ort stattfinden, so die Formulierung des Ministeriums. Mediziner und Psychologen haben erst Montag angefangen: Professor Jürgen Westermann, Studiengangsleiter Medizin, kommt gerade aus seiner Erstsemester-Vorlesung. „Während die anderen Studiengänge ja bei uns schon vor drei Wochen inklusive Kennenlernwoche gestartet sind und so schon ein wenig Präsenz schnuppern konnten, sind unsere angehenden Mediziner sowie die Psychologen leider erst seit diesem Montag auf dem Campus“, erklärt der Chef der Uni-Anatomie. Entsprechend musste er aufgrund der neuen Rahmenbedingungen aus Kiel seiner Erstsemester-Vorlesung eine Verlosung vorschalten. „Die 30 zur Verfügung stehenden Plätze wurden per Los vergeben, weil wir nicht mit 200 Leuten zeitgleich im großen Hörsaal sein dürfen, und parallel wurde die Veranstaltung live für alle gestreamt. Zudem kann sie noch in aufgezeichneter Version jederzeit im Netz abgerufen werden“, erläutert der Mediziner. Diese Texte haben wir exklusiv für LN-Plus-Leser recherchiert: Das sind die Corona-Regeln ab November Das sind die Regeln zur Maskenpflicht in Lübeck So unterschiedlich sind die Corona-Regeln in den Nord-Bundesländern In diesen Texten informieren wir kostenlos über Corona-Regeln: Beherbergungsverbot: Das sind die Regeln in den anderen Bundesländern Diese weiteren Corona-Regeln haben die anderen Bundesländer erlassen Telefonische Krankschreibung ist wieder möglich Fragen und Antworten: Wo gilt die Maskenpflicht? Welche Ausnahmen gibt es? Und obwohl seiner Meinung nach auch die digitale Vermittlung an der Hochschule sehr gut funktioniere, sei sie lediglich eine notwendige „Krücke“. Denn: „Unsere Exzellenz als Uni Lübeck in den Mint-Fächern und in Medizin hängt in erster Linie mit der Präsenz-Lehre zusammen“, ist er sich sicher. Entsprechend ist er davon überzeugt, dass die Studierenden die Einschränkungen in der derzeitigen Form nicht ewig hinnehmen werden. Um zu wissen, wie das digitale Lernen bei den Studentinnen und Studenten ankommt, hat der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der Universität wieder eine umfassende Befragung durch die Fachschaftsvertretungen angekündigt. Dies soll in den nächsten Wochen geschehen. Auch schon im Sommersemester hatte so eine Befragung stattgefunden. Die Rücklaufquote betrug dabei 65 Prozent; über 3200 Studentinnen und Studenten hatten teilgenommen. „Gerade im Vergleich zu dem, was man von anderen Universitäten so hört, ist die digitale Lehre bei uns überwiegend gut“, kommentierte damals Jannik Prüßmann, stellvertretender Asta-Vorsitzender. Der reguläre Vorlesungsbetrieb könne weitestgehend gut ersetzt werden, lautete der Tenor. Dennoch: Insgesamt bedeutete das digitale Sommersemester für alle Beteiligten eine vollkommene Ausnahmesituation und für die meisten eine mentale Belastung. „Natürlich fehlt unter anderem auch der direkte Austausch der Studierenden untereinander und das Organisieren in Lerngruppen“, bilanzierte der Studierendenvertreter. Erstsemester seien dabei als Neuankömmlinge auf dem Campus besonders betroffen. Masterstudentin Rafaela Rawinski, Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta) der Universität, kommentiert: „Wir sehen aufgrund der bereits vorhandenen Erfahrung und der bestehenden digitalen Konzepte aus dem Sommersemester positiv nach vorne. Und wir hoffen, dass die Lehre weiterhin hohen Standard behält und kontinuierlich an guter Umsetzung gearbeitet wird.“ Auch an der Technischen Hochschule (TH) sowie der Musikhochschule (MHL) in der Hansestadt muss wieder ein Gang runtergeschaltet werden. „Mit den Maßnahmen, die die TH bereits im Sommersemester getroffen hat, ist sie aber gut aufgestellt“, zeigt sich Pressesprecher Frank Mindt recht gelassen. MHL sagt alle öffentlichen Veranstaltungen ab: An der MHL allerdings stellt sich die Gesamtlage anders dar. So mussten alle für November geplanten öffentlichen Veranstaltungen abgesagt werden. „Es wird zurzeit geprüft, welche dieser Veranstaltungen intern möglich sind und im MHL-Streaming übertragen werden können, wie beispielsweise der renommierte Wettbewerb um den Possehl-Musikpreis, der am 17. und 18. November ausgetragen wird“, sagt MHL-Pressesprecherin Susanne Pröpsting. Weiter gilt: Alle Lehrveranstaltungen mit mehr als fünf Personen werden digital abgehalten. Musikalische Proben oder interne Vorspiele mit einer größeren Personenanzahl dürfen nur in den großen Räumen der MHL stattfinden. MHL-Präsident Prof. Rico Gubler resümiert: „Ich bin überhaupt froh, dass wir unseren Hochschulbetrieb weitgehend aufrechterhalten können.“ Informationen zu den Lübecker Hochschulen finden Sie auch auf unserer Themenseite. Von Michael Hollinde