Lübeck: Zahme Wildschweine laufen an der Ratzeburger Landstraße herum

Radfahrer, Spaziergänger und Autofahrer staunten nicht schlecht, als sie am Dienstagabend die Ratzeburger Landstraße passierten. An der Kreuzung zur Blankenseer Straße liefen – seelenruhig und völlig unbeeindruckt angesichts der vielen Zuschauer – drei Wildschweine am Straßenrand herum. Die kniehohen Tiere schnüffelten neugierig auf dem Boden, vermutlich auf der Suche nach Nahrung. „Dabei sollen sie auch die Erde in anliegenden Gärten umgegraben haben“, berichtet Hans-Peter Fiebelkorn. Ein Freund habe ihm ein Video von den Schweinen geschickt, um ihn zu warnen, falls er die Straße mit dem Auto entlangfahren sollte. Wildschwein-Besuch auf Video: Wie auch Fiebelkorns Bekannter zückten viele Passanten ihre Kameras, um den Wildschwein-Besuch festzuhalten. Videos wie dieses gingen anschließend in den sozialen Netzwerken viral. Warum waren die Schweine so zahm? Wie im Video zu sehen ist, zeigten die Wildschweine keinerlei Scheu vor den Menschen, obwohl ihnen diese sehr nah kamen. Bei vielen Leuten kamen daher Fragen auf: Haben die Wildtiere denn normalerweise keine Angst vor Menschen? Und können vor allem Schweine unter Umständen nicht auch gefährlich werden? Wulf-Heiner Kummetz, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Lübeck, erklärt, warum die Wildschweine an der Ratzeburger Landstraße so zutraulich waren: „Das waren zahme Sauen, die zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehören und weggelaufen sind.“ Mittlerweile seien die Tiere längst wieder eingefangen worden, versichert Kummetz. Die Betreiber des entsprechenden Hofs haben auf LN-Anfrage am Donnerstag keine Auskunft dazu gegeben. Wildschweine in Lübeck keine Seltenheit: Anwohner der Ratzeburger Landstraße müssen sich also keine Sorgen machen, dass sich eine Rotte Wildschweine in ihren Gärten statt im Wald niederlassen will. Dabei wäre es nicht das erste Mal, dass die Wildtiere bis ins Stadtgebiet vordringen. Erst im vergangenen Januar beklagten sich Anwohner über durchgepflügte Grünflächen mitten in Moisling. Eine Lübeckerin berichtete damals, den Schweinen sogar an einer Bushaltestelle begegnet zu sein. Sie rief daraufhin eine Petition für eine Wildschweinfalle ins Leben. Die Stadt erklärte damals, die Situation sei vergleichbar mit Wildschweinpopulationen im Randbereich von anderen größeren Städten in Deutschland. Stadtsprecher Hans-Jörg Wittern sagte: „Es ist zurzeit ein allgemeines Phänomen, dass vermehrt Wildtiere in die urbanen Bereich eindringen. Dies betrifft nicht nur die Wildschweine sondern auch Rehe, Füchse und so weiter.“ Die Ursachen dafür seien vielschichtig. Lesen Sie auch Wildschweine in Lübeck: Hundebesitzer in Moisling haben Angst Lübecker Altstadt: Robbe entspannt sich an der Untertrave Bad Schwartau: Ärger um Spaziergänger, die die Wege verlassen und die Tierwelt stören Stadt: Es mangelt am Jagddruck: Der Stadtwald versucht laut Wittern durch erhöhten Jagddruck Abhilfe zu schaffen – bis dato nur mit mäßigen Erfolg. „Dies liegt vor allem am mangelnden Jagddruck im bebauten Bereich, der vor allem durch eine beschränkt bejagbare Fläche begrenzt wird.“ Freilaufende Schweine – egal, ob abgehauen oder wildlebend – sorgen besonders seit letztem Jahr für Besorgnis in Hinblick auf die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Im September 2020 kritisierten Schleswig-Holsteins Landesjäger diesbezüglich die Jagdstrategie in Lübeck. Von Rabea Osol