Lübeck will 2500 Klassenräume mit CO2-Ampeln ausstatten

Mit Maske und Mütze im Klassenraum – das ist während des zweiten Lockdowns gerade nicht das Thema. Aber das kann sich schnell wieder ändern, wenn Schulen wieder öffnen und es draußen immer noch kalt ist. Als im Herbst 2020 Tausende Lübecker Schüler in den ausgekühlten Räumen bibberten, preschte Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) vor und versprach, 2500 Klassen- und Fachräume an den Schulen der Hansestadt mit CO2-Messgeräten auszustatten. Jetzt gibt es eine Vorlage für die Bürgerschaft. Die Messgeräte zeigen per Ampelfunktion an, wann Fenster geöffnet werden müssen, aber auch, wann ausreichend gelüftet ist. Zudem können die Geräte die Raumlufttemperatur oder die Luftfeuchtigkeit messen, erklärt Bürgermeister Lindenau. „Die Sensoren sollen das Lüftungsverhalten nicht nur in der Corona-Pandemie an den Schulen dauerhaft fördern, sondern auch die Raumluftqualität nachhaltig verbessern“, so der Verwaltungschef, „zudem liefert das System weitere wichtige Daten zum Betrieb des Gebäudes.“ Gebäudetechnik kann über das System gesteuert werden: Die bisherigen, zum Teil durch die Schulen individuell beschafften CO2-Messgeräte seien in den Messwerten sehr unterschiedlich. Lindenau: „Das neue System ermöglich qualitativ hochwertige, einheitliche Messungen und eine Ablesemöglichkeit für die Lehrkräfte im Raum.“ Denn die Geräte werden über das Long Range Wide Area Network (LoRaWan) vernetzt. Zusätzlich könne die Gebäudetechnik hierüber langfristig gesteuert werden – beispielsweise die Heizung in den Schulen. Aber auch wenn die Luftfeuchtigkeit in einem Raum durch einen Wasserrohrbruch schnell zunehme, würde das durch die Messgeräte erkannt. Lindenau: „Schäden können vermieden werden.“ Von welchem Hersteller die Hansestadt die Geräte beziehen will, stehe erst nach einer Ausschreibung fest, so der Bürgermeister. „Sauerstoffversorgung in Schulräumen ein Problem“: „Diese Messgeräte sind eine sinnvolle Anschaffung“, erklärt Schulrat Gustaf Dreier, denn auch unabhängig von Corona sei die Sauerstoffversorgung in Schulräumen ein Problem. „Regelmäßiges Lüften ist eine sehr gute Möglichkeit, um die Konzentration des Coronavirus in der Luft eines Klassenzimmers zu reduzieren“, sagt der Epidemiologe Prof. Alexander Katalinic, „das ist durch technische Versuche belegt und wird von Bundesbehörden empfohlen.“ Sollte in einer Klasse eine infizierte Schülerin oder ein infizierter Schüler sitzen, könne mit Lüften die Wahrscheinlichkeit der Ansteckungen weiterer Personen gesenkt werden. Lesen Sie auch Lockerungswettbewerb? Schleswig-Holstein kontert Kritik aus Bayern Keine Jagd: Deswegen sind die Rehe geflüchtet und im Lütjensee ertrunken Theater kritisieren Daniel Günther: Kultur darf nicht an letzter Stelle bei Öffnungen stehen „Wichtig scheint mir eine gute Schulung zur Bedienung der Messgeräts zu sein“, erklärt der Direktor des Institutes für Sozialmedizin und Epidemiologie der Uni Lübeck, „die müssen ja auch richtig eingestellt werden.“ Bürgerschaft entscheidet am 11. Februar über die Anschaffung: Am 11. Februar können die Politiker grünes Licht für die rund 1,1 Millionen Euro teure Investition geben. Die großen Fraktionen signalisieren Zustimmung. „Wir gehen da mit“, sagt Jörg Haltermann, schulpolitischer Sprecher der SPD, „denn mit den Geräten kann auch unabhängig von Corona die Raumluft analysiert werden. Das ist nachhaltig.“ André Kleyer, Vorsitzender des Schulausschusses der Bürgerschaft (Grüne): „Als erster Schritt ist das in Ordnung.“ Kleyer fordert aber, dass die Hansestadt sich auch mit der Anschaffung von Luftfilteranlagen für die Schulen auseinandersetzt. Dagmar Hildebrand, schulpolitische Sprecherin der CDU: „Wenn es dafür Fördermittel vom Land gibt, stimmen wir zu.“ Im Oktober hat das Land 15 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit Schulträger im ganzen Land Desinfektionsständer, Seifenspender, Plexiglas-Visiere (Face Shields), die Sanierung von Fenstern oder die Anschaffung von Belüftungsgeräten und CO2-Ampeln finanzieren können. Die Stadtverwaltung hofft, Geld aus dem Fördertopf zu erhalten. Weil die Förderfrist bald abläuft, hat die Verwaltung einen Antrag auf Verlängerung gestellt. Sollte das nicht klappen, müssten die Messgeräte komplett aus dem städtischen Haushalt finanziert werden. Von Kai Dordowsky