Lübecker Politiker: Land soll Silvesterfeuerwerk verbieten

„Die Bürgerschaft appelliert an alle Lübeckerinnen und Lübecker, zum Jahreswechsel auf die Verwendung von Feuerwerkskörpern, Raketen und Böllern zu verzichten.“ Diesen Appell hat die Stadtvertretung am späten Donnerstagabend mit überwältigender Mehrheit beschlossen. Hintergrund: In der Corona-Pandemie soll das Zusammenkommen von vielen feiernden Menschen vermieden werden. „Die Knallerei passt dieses Jahr genauso wenig wie geöffnete Restaurants“, erklärt SPD-Politiker Ulrich Pluschkell den Beschluss. Der enthält weitere Punkte. So soll der städtische Ordnungsdienst an den bekannten Brennpunkten ein Feuerwerksverbot durchsetzen. Nämlich dort, wo die Silvesterknallerei schon lange verboten ist – im Umkreis von Kirchen, Kliniken oder reetgedeckten Häusern. Die Stadt hatte immer wieder darauf hingewiesen, dass sie dieses Verbot gar nicht kontrollieren könne, weil sie die Täter kaum auf frischer Tat ertappen werde und weil das Personal fehle. Städtischer Ordnungsdienst aufgestockt: Fehlendes Personal? Das Argument lassen vor allem die Grünen nicht gelten, die seit längerem auf ein Verbot der Knallerei drängen. „Der städtische Ordnungsdienst ist doch gerade personell aufgestockt worden“, sagt Bürgerschaftsmitglied Axel Flasbarth (Grüne). Die Grünen wollten ein Feuerwerksverbot in der ganzen Stadt durchsetzen, schlossen sich aber dem Appell an. Sie konnten sich schließlich für die weichere Variante erwärmen, weil die Kontrolle durch den städtischen Ordnungsdienst in dem Beschluss enthalten sei, sagt Axel Flasbarth. Lesen Sie auch: Kultur-Förderung: Lübecks Possehl-Stiftung gleicht Minus des Hansemuseums aus Mit der Uni Lübeck: 30 Schüler berechnen Ausbreitung der Pandemie Lübeck: Das ist der neue Stadtpräsident - Klaus Puschaddel Die Bürgerschaft hat weiter beschlossen, dass weder die Stadt noch ihre Gesellschaften wie beispielsweise die LTM irgendwelche zentralen Feuerwerke veranstalten. Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre gesetzlichen Regelungen wie das Sprengstoffgesetz klimaverträglich anzupassen. SPD-Politiker Pluschkell könnte sich vorstellen, dass nur noch bestimmte Feuerwerke erlaubt werden. Schließlich will die Bürgerschaft die Landesregierung in die Pflicht nehmen. Das Land soll bei der Corona-Allgemeinverfügung zum Jahreswechsel den Verzicht auf die Knallerei regeln, heißt es in dem Beschluss. Tiere und Klima leiden unter der Böllerei: Schon lange vor Corona wurde in der Hansestadt immer wieder über ein Feuerwerksverbot zu Silvester gestritten. Grüne, Unabhängige, BfL und Linke hatten mehrere Verbots-Varianten vorgelegt – vom kompletten Verbot über teilweise Verbote bis hin zu einer Volksbefragung. Antje Jansen (GAL) erinnerte daran, dass Lübeck den Klimanotstand ausgerufen hat: „Dann müssen wir auch mal zu Verboten greifen.“ Silvester habe Lübeck unter einer Dunstglocke gelegen. BfL-Vorsitzender Lothar Möller hat wieder und wieder auf das Leiden der Tiere zu Silvester hingewiesen. Bislang war alles vergeblich. Zuletzt hatte die GroKo aus SPD und CDU im Februar alle Verbotsanträge vom Tisch gewischt. Damals hatten SPD und CDU ebenfalls auf einen Appell an die Bürger gesetzt. Durch die Corona-Pandemie hat die Verbotsdebatte wieder Fahrt aufgenommen. Das Hauptargument für ein Verbot lautet: Die Kapazitäten der Intensivmedizin sollen nicht durch Verletzte, die sich in der Silvesternacht durch die Ballerei Brandwunden und andere Verletzungen zuziehen, belegt werden. Ein Mediziner des Universitätsklinikums (UKSH) in Lübeck hatte erklärt, er habe noch nie so viele Schwerverletzte wie in der Silvesternacht 2019/2020 gesehen. Baumärkte verzichten auf Böller-Verkauf: Aus Tier- und Umweltschutzgründen verzichten in diesem Jahr immer mehr Händler auf den Verkauf von Silvesterfeuerwerk. Rund um Lübeck machen fast alle Baumärkte mit. Feuerwerksartikel wird es dagegen voraussichtlich weiter bei den großen Einzelhändlern und Discountern wie Aldi, Lidl oder Rewe geben. Von Kai Dordowsky