Lübecker Völkerkunde soll wertvolle Afrika-Sammlung übernehmen

Aufwertung für die Völkerkundesammlung: Der im Oktober verstorbene Kieler Sammler Bernd Muhlack hat in seinem Testament sämtliche Objekte seiner Afrika-Sammlung der Hansestadt vermacht. Die Sammlung umfasst 2570 Objekte, die konservativen Schätzungen zufolge einen Gesamtwert von mindestens zehn Millionen Euro haben. Im Januar müssen die Kommunalpolitiker entscheiden, ob sie diese Sammlung annehmen. Am 16. November informierte das Amtsgericht Kiel die Lübecker Museen darüber, dass der Kieler Sammler in seinem Testament vom 8. Juni 2020 die Völkerkundesammlung der Hansestadt als Vermächtnisnehmerin für seine Afrika-Sammlung eingesetzt hat. Die Völkerkundesammlung ist in dem Testament nicht als Erbin, sondern als Vermächtnisnehmerin eingesetzt, heißt es in der Beschlussvorlage für die Politiker: „An die Annahme des Vermächtnisses sind keine weiteren Bedingungen geknüpft.“ Mit einem Vermächtnis nimmt der Erblasser einen Teil aus dem Nachlass heraus. Der Vermächtnisnehmer wird nicht Eigentümer, er kann nur das Vermachte von den Erben verlangen. Das ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Im vorliegenden Fall ist die Hansestadt nach Angaben der Lübecker Verwaltung als Vermächtnisnehmerin für die Afrika-Sammlung eingesetzt worden. Alleinerbe sei der Förderverein des Kinderschutzbundes Schleswig-Holstein. Nach Angaben der Lübecker Museen können die Kosten für den Transport der Sammlung ebenso über Drittmittel finanziert werden wie die Inventarisierung, Erschließung und Erforschung der Objekte. Für die Lagerung der Objekte könnten in den Räumlichkeiten des Zeughauses die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Die Verwaltung der Sammlung sei durch das bestehende Personal gewährleistet. Herkunft der Objekte ist laut Verwaltung unbedenklich: Die Herkunft der Objekte sei unbedenklich, versichern die Museen in der Beschlussvorlage: „Bernd Muhlack genoss zeitlebens einen Ruf als ehrbarer Unternehmer und seine Objekte gelten als eine der bedeutendsten privaten Afrikasammlungen Deutschlands nach 1945.“ Dennoch werde die Provenienz jedes einzelnen Objektes kritisch geprüft. Für die Völkerkundesammlung wäre die Übernahme einer so bedeutenden Sammlung ein wesentlicher Entwicklungsschub und ein positives Signal in die Öffentlichkeit, sagt die Museumsverwaltung: „So ergibt sich mit diesem Erbe die Möglichkeit einer Aktualisierung der Sammlung und die Erschließung neuer Gruppen von Besuchern.“ Lesen Sie auch Silvester in Lübeck: Wo sind böllern, Raketen und Feuerwerk verboten? Bei diesen Bäckern gibt es Silvester in Lübeck Berliner Corona 2020: Lübecks Bürgermeister Lindenau zieht Bilanz Der gegenwärtige Afrikabestand der Sammlung stamme zu rund 80 Prozent aus der Zeit vor 1945, so dass es vergleichsweise schwierig sei, mit diesen Objekten auch aktuellere Themen zu behandeln. „Aufgrund der hohen ästhetischen Qualität der Stücke eröffnet die Sammlung aber auch zahlreiche neue Optionen für eher künstlerisch orientierte Ausstellungen, auch in Kooperation mit den anderen Lübecker Museen sowie Kunst- und Kulturinstitutionen“, schreibt die Verwaltung. Die Lübecker Völkerkundesammlung zählt rund 26 000 Objekte aus allen Kontinenten und wurde in einem Zeitraum von 300 Jahren von Bürgern der Stadt zusammengetragen. Seit Jahren ist die Sammlung für Besucher geschlossen, die Bestände lagern laut Verwaltung derzeit in stark überfüllten, aber sicherheitstechnisch und klimatisch akzeptablen Räumlichkeiten. Immer wieder werden den Lübecker Museen Exponate von Privatleuten für die Sammlung angeboten – 2019 waren es mehr als 1000 Objekte. Wo wird die Sammlung künftig gezeigt? Das Vermächtnis des Kieler Sammlers bringt neuen Schwung in die Debatte, wann und wie die Völkerkundesammlung wieder öffentlich zugänglich wird. Im November 2018 hat die Bürgerschaft ihren Schließungsbeschluss von 2002 aufgehoben. Nun soll ein ethnologisches Museum errichtet werden. Das steht im Museumsplan 2020-2030, den die Bürgerschaft beschlossen hat. Unklar ist, ob es ein Neubau wird – oder ein bereits vorhandenes Gebäude zum Museum wird. „Die Museen haben genug Platz für die angemessene Lagerung der Sammlung“, erklärt die Verwaltung auf LN-Anfrage, „wenn der Erwerb der Sammlung von der Bürgerschaft beschlossen wurde, wird die Sammlung nach Lübeck geholt und auch der Presse präsentiert.“ Eine erste Ausstellung der Völkerkunde zum Thema Afrika sei für das Jahr 2022 geplant. Dort würden die neu erworbenen Stücke eine wichtige Rolle spielen. Von Kai Dordowsky