Lübecker gedenken der Opfer von Hanau

Sie halten neun Schilder hoch, jeweils mit einem anderen Namen: Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin. Die Namen der Opfer sollen nicht vergessen werden: Das sind die Namen der Opfer von Hanau. Der rechtsextremistische Attentäter hatte sich am 19. Februar 2020 gezielt Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund ausgesucht, um sie zu töten. „Die Namen der Opfer dürfen nicht vergessen werden. Deshalb sagt ihre Namen!“, appelliert Gerhard Richter, Sprecher der Lübecker Gruppe 1589 von Amnesty International. Damit ist er nicht allein in der Hansestadt am Gedenktag des Anschlags. Bereits in der Nacht zu Freitag hatten Aktivisten der Jugendgruppe La Rage an verschiedenen Stellen Straßennamen umbenannt. So wurden aus der Breiten Straße, der Bismarckstraße und dem Moltkeplatz die Unvarstraße, die „Straße des 19. Februar“ sowie der Kurtović Platz. „Die Opfer rassistischer Gewalt dürfen nicht vergessen werden“, erklärt Aktivistin Lara Freund. Man wolle mit der Aktion aufrütteln und Menschen dazu bringen, sich in ihrem Alltag mit Rassismus zu beschäftigen. Tagsüber gingen die Aktionen weiter. An vier verschiedenen Orten der Stadt wurden Audiobotschaften von Angehörigen der Opfer abgespielt, organisiert vom Lübecker Flüchtlingsforum, „La Rage“, den „Omas gegen Rechts“, der Lokalgruppe Lübeck der „Seebrücke“ sowie der interventionistischen Linken. Stefanie Hohndorf vom Flüchtlingsforum mahnt: „In Lübeck wurden vor 25 Jahren zehn Geflüchtete bei einem rassistischen Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim in der Hafenstraße ermordet. Wie damals in Lübeck kämpfen die Überlebenden in Hanau heute um das Andenken an die Opfer und die vollständige Aufklärung des Geschehenen. Viele Fragen sind offen und werden nur zögerlich oder gar nicht beantwortet. Rassismus, egal in welcher Form, darf nicht mehr geduldet, verharmlost und ignoriert werden.“ Von Michael Hollinde