Lübeckerin bilanziert nach einem Jahr: Das hat das Plastikfasten gebracht

Es war ein radikales Experiment: 2019 habe ich während der Fastenzeit möglichst ganz auf den Kauf von Plastik verzichtet und meine Erfahrungen mit LN-Lesern und -Usern geteilt. Nun beginnt am 26. Februar wieder die Fastenzeit. Was hat sich seitdem verändert? Geänderte Gewohnheiten: In meinem Haushalt ist der Plastikverbrauch heute viel weniger geworden als zuvor. Das Plastikfasten hat mich für das Thema sensibler gemacht, und meine Gewohnheiten haben sich geändert. Zum Einkaufen kommen leere Pfandflaschen, Baumwollbeutel für loses Obst und Gemüse, Gläser für Oliven und Frischkäse mit, und bei Reisen ist der Mehrweg-Kaffeebecher immer dabei. Inzwischen weiß ich, wann die Wochenmärkte in Lübeck sind und wo es Joghurt und Milch in Pfandgläsern oder Gemüse und Käse lose zu kaufen gibt. Durch das Experiment habe ich viel gelernt und spannende Menschen getroffen, wie Sabine Rossen, die in der Lübecker „Sabienenwachs“-Manufaktur Wachstücher selbst herstellt. Die Tücher gehören zu den Dingen, die ich damals neu angeschafft habe: Edelstahldosen für das Essen zwischendurch, nachfüllbare Stifte und hochwertige Elektronik, die sich gut reparieren lässt. Langfristig Geld gespart: Das war zuerst teuer, hat aber über die Zeit viel Geld gespart. So hat der Wassersprudler schon unzählige Plastikflaschen ersetzt. Die meisten Reinigungsmittel mache ich inzwischen aus Zitrusschalen, Natron und Essig fix selbst. Zahnputztabs und Shampoo-Seife haben sich bewährt, und viele Dinge kaufe ich nur noch unverpackt oder in großen Gebinden. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass Second Hand oft genauso gut ist wie neu Gekauftes. Diskussion um Plastiktüten greift zu kurz: Politisch war Plastikmüll 2019 ein großes Thema. Über die Diskussion habe ich mich oft geärgert. Was hilft es, eine Plastiktüte zu ersetzen, wenn der Jutebeutel dann voll ist mit Kunststoff-Verpackungen? Immer noch sind verpackte Lebensmittel meistens am Günstigsten, und in vielen Supermärkten müssen die Kunden sich zwischen Bio oder Vegan und Plastik frei entscheiden. Von allen Europäern sprechen wir Deutschen vielleicht am meisten über Plastik – und sind trotzdem Europameister im Müllverbrauch. Geringe Recyclingquoten: Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) könnte daran etwas ändern. Sie hat im November einen Fünf-Punkte-Plan zur Plastikvermeidung vorgelegt, hofft aber vor allem auf freiwillige Maßnahmen von Industrie und Handel. Ich habe Zweifel, ob das funktionieren wird. Zum Beispiel werden immer noch viele Verbundstoffe hergestellt, also ein Mix aus Materialien, der sich nicht recyceln lässt. Das sind nicht nur Verpackungen, sondern auch Kleidung aus Kunststoff oder Baustoffe, zum Beispiel Styropor-Dämmung. Offiziell recyceln wir 40 Prozent der Kunststoffe. Nach dem Greenpeace-Chemiker Manfred Santen sind es aber tatsächlich nur 15 Prozent, weil das schlechter verwertbare Plastik in Länder wie Malaysia verschifft wird. Dort wird ein Großteil davon offen verbrannt oder ins Meer geschüttet. Verantwortung für das eigene Einkaufsverhalten: Wie lange Tetrapacks und PET-Flaschen aus Deutschland dann dort im Meer schwimmen werden, weiß niemand. Wenn sie nach einigen Jahrzehnten zerrieben sind, bleiben sie als Mikroplastik in der Umwelt. Dabei ist Plastik viel zu hochwertig, um daraus Wegwerfprodukte herzustellen. Wenn ich Joghurt aus einem Plastikbecher esse, denke ich daran, dass er mit einiger Wahrscheinlichkeit noch lange nach meinem Tod im Indischen Ozean schwimmen wird. Das hilft mir, mich verantwortlich zu fühlen für das, was ich kaufe. Dieses Jahr faste ich konventionell. Und weil es Gemüsesaft in Pfandflaschen gibt, ist das ja auch ein bisschen wie Plastikfasten. Lesen Sie hier die LN-Serie zum Plastikfasten: Plastikfasten – Ein Resumée Elektronik nachhaltig kaufen Lübeckerin testet plastikfreie Kleidung Lübeckerin testet das plastikfreie Bad So mache ich meine Küche plastikfrei Lübeckerin sucht Pfandflaschen 40 Tage ohne Plastik Von Friederike Grabitz

Ein Jahr danach - Lübeckerin bilanziert: Das hat das Plastikfasten gebracht