Lübecks Altbürgermeister wird wegen Uni-Rettung zum Ehrenbürger

Mehr als 8,5 Millionen Euro an Stiftungsgeldern eingeworben sowie mit über 50 Millionen Euro das Drittmittelaufkommen weiter erhöht: Als Präsidentin Prof. Gabriele Gillessen-Kaesbach diese Zahlen für das zurückliegende Jahr nennt, möchte sie vor allem Optimismus ausstrahlen. Schließlich ist Jahresempfang der Universität, und die Gönner der Stiftungshochschule sitzen zahlreich unter den rund 250 geladenen Gästen im Foyer des CBBM, dem modernen Forschungsgebäude des Zentrums für Gehirn, Hormone und Verhalten. Das CBBM ist zum dritten Mal Schauplatz dieser multimedial inszenierten Veranstaltung. Unter den Zuhörerinnen und Zuhörern sind natürlich auch Vertreter aus Bund und Land, die im erstmals erschienenen und hier ausgelegten Uni-Jahresbericht nachlesen können, dass 2018 70,6 Millionen Euro aus staatlicher Grundfinanzierung und staatlichen Mitteln für Forschung und Lehre in der Medizin auf den Campus an der Ratzeburger Allee geflossen sind. Eine stattliche Summe, die allerdings ausbaufähig ist, wie sich im Laufe des Abends noch herausstellen sollte. Zwei Stiftungsprofessuren in 2018: Auf der Habenseite hat die Universität nun unter anderem auch zwei Stiftungsprofessuren in der Chronobiologie und in der Ernährungsmedizin, wie es den Ausführungen von Gillessen-Kaesbach zu entnehmen ist. Und speziell bei den Themen Digitale Verwaltung und Künstliche Intelligenz möchte man in Zukunft punkten. Viele weitere nützliche Informationen und somit interessante Einblicke wird es in den nächsten zweieinhalb Stunden dieses Mammut-Jahresempfangs noch geben. Nur unterbrochen von den chilligen und virtuosen Klängen des Duos Hanna Stolte (Klavier, Gesang) und Martin Herrmann (Saxofon), die als Abordnung der Lübeck Pop Symphonics ihre musikalische Visitenkarte abgeben. Sorgen bereiten der Präsidentin die teils hohen Quoten von Studienabbrüchen. Entsprechend wirbt die Humangenetikerin für die Ausweitung eines Orientierungsstudiums „Propädeutikum“, das die Universität für Geflüchtete bereits erfolgreich betreibt, künftig auch studienvorbereitend und besonders in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) für interessierte Abiturientinnen und Abiturienten etablieren möchte. Wird Lübeck zur „smart city“? In einer anschließenden Gesprächsrunde schildern Landtagspräsident Klaus Schlie, Bürgermeister Jan Lindenau und die Bundestagsabgeordnete Prof. Claudia Schmidtke ihren Blick auf die Universität. „Ich war ja mal Mitglied einer Landesregierung, die 2010 Schließungspläne in Lübeck verfolgen wollte. Doch man muss als Politiker auch Fehler von früher einsehen und eingestehen“, so Schlie, der inzwischen ins Kuratorium der Stiftungsuniversität berufen wurde. Für Lindenau sind die Hochschulen die „wichtigsten Impulsgeber für die Themen, die uns in Zukunft bewegen werden“. Er wünscht sich Lübeck als „smart city“ und hofft auf entsprechende Fördermillionen aus Berlin, von denen auch die Uni profitieren könnte. Auszeichnungen gibt es ebenfalls an diesem Abend. So bekommt Richterin Anja Farries als langjähriges Mitglied der Ethikkommission die Uni-Ehrennadel. Und Lübecks Altbürgermeister Bernd Saxe wird mit der Ehrenbürgerwürde der Universität ausgezeichnet. „Ich nehme sie gerne stellvertretend für alle Bürgerinnen und Bürger an. Denn nur durch den Protest aller war es im Frühsommer 2010 überhaupt möglich, die Uni-Schließung zu verhindern“, betont Saxe in seiner kurzen Dankesrede. Der Fredenhagen-Preis geht dann an Prof. Gereon Hüttmann und Prof. Floris Ernst. Und Ehrungen für besonderes studentisches Engagement werden Christian Ehlers, stellvertretender Präsident des Studierendenparlaments, sowie dem Vorstand des Uni-Orchesters noch zuteil. Das Schlusswort gehört schließlich den Studierenden – eine Premiere. So loben die Asta-Vorsitzenden Henrike Bäumer und Jonas Schöttler ausdrücklich die neue, sehr gute Kooperation mit der Hochschulspitze, mahnen aber gleichzeitig an, dass die Lehre einen höheren Stellenwert auf dem Campus bekommen müsse. „So sehen wir, dass der Investitionsfokus inzwischen eher auf die Forschung als auf die Lehre gerichtet ist. Wir brauchen aber dringend Räume und motivierte Dozenten, die Freude an der Vermittlung von Wissen verspüren“, bilanziert das Duo. Michael Hollinde

Jahresempfang - Uni will Vorstudium anbieten