Marine Biotechnologie im Kleinfarmer-Format

Hochkonzentriert pipettiert Apatsa Pearson Chelewani das Zell-Extrakt in das Mikroreaktionsgefäß, im Laborjargon auch „Eppi“ genannt. Der Master-Student aus Malawi ist für drei Monate Forschungsgast im Lübecker Fraunhofer-Institut im Mönkhofer Weg. Die Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie und Zelltechnik (EMB) öffnet übermorgen von 14 bis 19 Uhr ihre Türen. An diesem Tag möchte das EMB das zehnjährige Bestehen der Forschungseinrichtung feiern und einen Einblick in die Labore und Projekte gewähren (Anmeldung für eine Führung und weitere Info: www.emb.fraunhofer.de). „Durch das Erlernen molekularbiologischer Methoden soll er mal in der Lage sein, in seinem Heimatland genetische Populationsanalysen durchführen zu können. Die DNA-Daten helfen, um anschließend gezielt einen sehr ertragreichen und widerstandsfähigen Speisefisch züchten zu können“, erklärt Dr. Marina Gebert aus dem Bereich Marine Biotechnologie. Die Wissenschaftlerin leitet ein Projekt, das die Ernährungs- und die Einkommenssituation in dem Herkunftsland des 22-Jährigen nachhaltig verbessern soll. „Er und sein Kommilitone, der zurzeit in Büsum bei der Gesellschaft für Marine Aquakultur hospitiert, sind die Garanten dafür, dass unser Vorhaben durch Wissenstransfer auch nach der dreijährigen Förderphase vor Ort weiterläuft“, erklärt Gebert. Das südostafrikanische Malawi ist eines der ärmsten Länder der Welt, „und Fisch ist dort eine wichtige Proteinquelle“, weiß die Forscherin. Fische werden dort primär aus dem Malawisee gefangen oder in Aufzucht- beziehungsweise Aquakulturen von Kleinfarmern aufgepäppelt, bis sie gegessen werden können. „Und wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Effizienz und Nachhaltigkeit der Zucht einer sehr hochwertigen und beliebten heimischen Buntbarsch-Art zu steigern“, fasst sie das Bundesvorhaben – Name „Ich liebe Fisch“ – zusammen. Dabei verfolgen die Wissenschaftler mehrere Strategien. So wollen sie einmal, dass die Fische durch Kreuzung mehr Nachkommen haben. „Dann arbeiten wir noch an einer solarbetriebenen Larvenaufzuchtanlage unter kontrollierten Bedingungen; von dort können die Fischlarven an die Kleinfarmer im Umland mit ihren Zuchtteichen verteilt werden“, erläutert die Abteilungsleiterin. Außerdem möchten sie neues Fischfutter aus Insektenmehl entwickeln sowie Fisch- und Gemüsezucht kombinieren. „Dazu wollen wir auf den Fischteichen schwimmende Inseln mit traditionellen Gemüsepflanzen aufbauen. Die notwendigen Nährstoffe zum Wachsen holen sich die Pflanzen dann direkt aus dem gedüngten Wasser“, resümiert Marina Gebert. Für Apatsa Pearson Chelewani ist die Umsetzung des Projektes ein sehr wichtiger Beitrag, um seiner Heimat eine Zukunftsperspektive zu geben. „Es hilft uns, da die Ressourcen begrenzt sind“, betont er. Diesen Aspekt greift Fraunhofer- Institutschef Prof. Charli Kruse auf: „Nicht umsonst weist die Bundesforschungsministerin darauf hin, dass der Ära der Digitalisierung eine Ära der Biologisierung folgen muss, also die Umstellung auf eine nachhaltige, ressourcenschonende, biobasierte Produktion.“ Michael Hollinde

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