Mutmaßlicher Dealer schweigt beharrlich

Die Beamten der Kriminalpolizei Lübeck hatten die Observation und Überwachung der Telefongespräche intensiv geplant. Das Ziel waren auffällig gewordene Personen aus dem Drogenmilieu rund um den Lübecker Zob, die Fackenburger und die Schwartauer Allee. Schließlich nahm die eigens dafür gegründete Ermittlungsgruppe auch den 35-jährigen Abderrahim S. (Name geändert) aus Timmendorfer Strand ins Visier – und das mit Erfolg. Handeltreiben und Beihilfe: Am 25. September 2018 wurde S. festgenommen, am 7. Dezember wurde Anklage gegen ihn erhoben. Seit dem 20. März muss er sich vor dem Landgericht Lübeck verantworten. Ihm werden Besitz und Handeltreiben von und mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie die Beihilfe zum Drogenhandel eines anderen mutmaßlichen Dealers vorgeworfen. Dem Angeklagten wird konkret zur Last gelegt, im Mai 2018 ein knappes Kilogramm Marihuana zwecks Weiterverkaufs erworben zu haben. Zudem soll er im August 2018 für einen anderen Dealer 900 Gramm Marihuana bis zum späteren Weiterverkauf gelagert und eine zehn Kilogramm schwere Ladung Marihuana zum Handel in den Niederlanden bestellt haben. Konspirative Telefonate wurden abgehört: Ins Visier der Ermittler war der 35-Jährige geraten, weil Beamte der Kriminalpolizei mehrere Telefonate, in denen es um den Erwerb von Marihuana und dessen Transport über die deutsch-niederländische Grenze ging, abgehört und mit Hilfe dreier Dolmetscher übersetzt und ausgewertet hatten. Kontrolle auf der Autobahn: Dadurch wurde eine Kontrolle auf der Autobahn möglich. Ergebnis: Die Beamten stellten ein Auto sicher, in dem sie 5,5 Kilo Gras fanden, der Fahrer wurde festgenommen. Der Angeklagte S. schaffte es mit einem zweiten Fahrzeug und einem Komplizen bis nach Lübeck, wo die beiden laut Polizei vermutlich nach einem geeigneten Lagerraum für das Marihuana suchten. Da das Fahrzeug des Angeklagten von den Beamten mit einem GPS-System ausgestattet worden war, konnte Abderrahim S. später ebenfalls festgenommen werden. Verteidigung fordert Sichtung aller Beweise: Auf Nachfrage des Verteidigers Philip Storjohann, ob der als Zeuge geladene Kriminaloberkommissar denn definitiv bestätigen könne, dass der Angeklagte nicht nur als Kontaktmann zu den niederländischen Drogenhändlern fungiert habe, verneinte dieser. Aber: Der Staatsanwaltschaft seien nur jene Übersetzungsprotokolle übergeben worden, die in direkter Verbindung zu den Drogengeschäften standen. Storjohann forderte daher, sämtliche Dateien und Protokolle sichten zu dürfen – „denn vielleicht führen diese zu einer Entlastung des Angeklagten.“ Angeklagter schweigt eisern: Der Angeklagte selbst schwieg eisern, zu einem Geständnis war er nicht bereit. Damit machte er vermutlich jede Hoffnung zunichte, mit einer geringeren Haftstrafe davon zu kommen. Fortsetzung folgt Ende April: Der Prozess wird am Dienstag, 23. April, ab 9.30 Uhr im Landgericht, Schwartauer Landstraße 9-11, fortgesetzt. Ein Sachverständigen-Gutachten soll im weiteren Verlauf des Prozesses Klarheit über die Schuldfähigkeit des Angeklagten schaffen. Josephine Andreoli

St. Lorenz Nord - Mutmaßlicher Dealer schweigt vor Gericht