Orthopädietechnik-Mechaniker: Flüchtling aus Lübeck startet ins Berufleben

Im September 2014 haben die Lübecker Nachrichten zum ersten Mal über ihn berichtet. Über den 18-Jährigen, der als Jugendlicher aus dem Iran nach Deutschland geflohen ist. Anderthalb Jahre war er unterwegs. Er kam noch vor dem Flüchtlingsstrom 2015 und erzählte von seinen Ängsten und Hoffnungen in der neuen Heimat Lübeck. Was ist daraus geworden? Er wollte unbedingt zur Schule gehen: Damals wollte er noch anonym bleiben. Die Flucht war geschafft, aber nachts kam die Angst. Nach einer Kindheit voller Gewalt und Grausamkeit kam er als 15-Jähriger in Deutschland an. Er war Analphabet und hatte nur ein Ziel: Er wollte zur Schule gehen. Er startete in der neunten Klasse und begann zu lernen. Rund sechs Jahre später nennt Mohamad Rasuli (25) seinen vollen Namen. Er spricht Deutsch ohne Akzent und benutzt Worte wie Enthusiasmus und Anstrengungsbereitschaft, um sein Denken und sein Handeln zu beschreiben. Er hat die Sprachprüfungen B1, B2 und C1 bestanden und seinen Realschulabschluss gemacht. Nach seiner Ausbildung zum Orthopädietechnik-Mechaniker wurde er 2019 von seiner Lehrfirma, Technische Orthopädie Jens Becker GmbH, übernommen. Seine Kollegen sind für ihn wie eine Familie: Dort steht er in der Werkstatt und spricht versiert über thermoplastische Umformung oder von Anpassung von Prothesen. Er macht Weiterbildungen, möchte seinen Meister machen und die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. Seine Kollegen sind für ihn „wie eine Familie“. Sein Job ist seine Leidenschaft. Lesen Sie auch 58 Corona-Neuinfektionen in Lübeck - Zahlen vom 21.1.21 Corona: Lübecker Leselernhelfer Mentor brauchen Unterstützung Lübeck: Jan Lindenau im Livestream zu Lockdown und Maskenpflicht Motiviert hat ihn von Anfang an der Wunsch, seinem Bruder zu helfen. Der hat als Kind beide Unterarme verloren. Wenn man Mohamad Rasuli fragt, wo seine Heimat ist, sagt er: „Es ist nicht wichtig, wo Du herkommst. Es ist wichtig, wohin du willst.“ Von Cosima Künzel