Pop-up-Stores: Bunte Ideen gegen Leerstand in Lübeck

Die meisten von ihnen haben wegen Corona geschlossen und müssen mit den Regeln umgehen, wie jedes andere Geschäft auch. Aber die Pop-up-Stores scheinen in Lübeck gefragter denn je zu werden. Sie sind nur eine begrenzte Zeit am Markt, dann verschwinden sie wieder. Für manchen Einzelhändler eine Chance, in der Geschäftswelt auf Dauer Fuß zu fassen. Außerdem werden Leerstände kaschiert. Niederegger setzt auf Pop-up-Stores: Auch namhafte Unternehmen machen von der Geschäftskultur Gebrauch: Niederegger hat während der Weihnachtszeit in Lübeck-Genin einen großen Pop-up-Store betrieben. „In Corona-Zeiten eine ideale Lösung“, sagt Niederegger-Sprecherin Kathrin Gaebel. Der Store habe viel Fläche für ein Shoppen mit Abstand geboten. Goldener Hirsch wird zum Store: Auch Roxane Porsack ist froh, dass es Pop-up-Stores gibt. Sie gehört zu acht Frauen und einem Mann, die die ehemalige Hirschapotheke in der Hüxstraße mit neuem Leben füllen. Zusammen bieten sie Handgemachtes an. Die Inhaberin des Ein-Frau-Unternehmens Green size teilt sich jetzt die Mietbelastung mit den Kollegen. „Ich kann die Verantwortung, aber auch die Arbeit mit anderen teilen“, sagt Porsack. Store-Hauptmieterin ist Sybille Frey. „Jeder verkauft unentgeltlich alle Produkte im Laden und ist auch mal mit Putzen dran“, so Frey. Auch der vorherige Apothekenbetreiber ist zufrieden. Carsten Neuhaus: „Einerseits stehen die Räume nicht mehr leer, andererseits kann ein Konzept unter geringem finanziellen Einsatz ausprobiert werden.“ Gewohntes Bild im Citti-Park: Inzwischen sind Pop-up-Stores auch in den Einkaufszentren zu finden. Citti-Park-Manager Sascha Warnken setzt auf eine enge Zusammenarbeit. „Es ist eine Win-win-Situation“, sagt Warnken. „FeinArt“ heißt der Pop-up-Store, den drei Aussteller im Park betreiben. Heike und Rolf Sell, Regine Schönhoff und Cindy Steinke präsentieren selbstgemachte Artikel aus Stoff, Schmuck und Deko. Haus & Grund: „Kein mietrechtliches Problem“: „Miet- und pachtrechtlich ist ein Pop-up-Store, also die zeitlich begrenzte Überlassung von Gewerberäumen, unproblematisch“, sagt Sascha Sebastian Färber, Chef des Vereins Haus & Grund. „Bestimmungen der Landesbauordnung könnten aber im Einzelfall einer veränderten Nutzung der Räume entgegenstehen“, so Färber. LTM und Bürgermeister begrüßen Pop-up-Stores: „Wir begrüßen den kreativen Ansatz der Stores“, sagt Christian Martin Lukas, Geschäftsführer der Lübeck und Travemünde Marketing. „Auch unsere Schaufensteraktion Rosemaries Reise ist eine solche Inszenierung, die hilft, den Leerstand zu überbrücken und aufzuwerten“, so Lukas. „Unsere Bitte: Immobilienbesitzer, Verwaltung und Politik müssen hier an einem Strang ziehen, um die Innenstadt attraktiv zu gestalten.“ Die ursprüngliche Idee der Pop-up-Stores entstand in den Vereinigten Staaten von Amerika. Im Rahmen seiner Tätigkeit als angewandter Physiker in der Luft- und Raumfahrtbranche begann Patrick Courrielche im Jahre 1997 mit der Veranstaltung „Ritual Expo“. Das Nachtclub-Treffen-Einkaufserlebnis und die spätere Schaffung temporärer Einkaufserlebnisse gelten als Startschuss des heute weitverbreiteten Pop-up-Einzelhandelstrends. Bürgermeister trommelt für Pop-up-Stores: Und das sagt Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD):„Kleinselbstständige aus den Bereichen Handel und Manufakturen können ohne zu großes wirtschaftliches Risiko in leer stehenden Flächen für Belebung sorgen und sich ausprobieren“, sagt Lindenau. Für die Vermieter bedeute es, dass wieder Leben in Handelsflächen zurückkehre, was die langfristigen Vermietungschancen verbessere. Die Stadt Lübeck unterstütze die Ansiedlung von Pop-Up-Stores. Lesen Sie auch Lübeck: Einbrecher erzählt von tödlichen Schüssen in der Villa Lübeck: Arbeitslosigkeit steigt wegen Corona Lübeck: Anmeldung und Termin im Impfzentrum in der MuK - so geht's Lübeck-Management: Stadtraum wird aufgewertet: Olivia Kempke, Chefin des Lübeck-Managements, setzt ebenfalls auf die neue Geschäftskultur: „Pop-up-Store-Konzepte können eine bereichernde Wirkung auf Innenstädte erzielen, indem sie frischen Wind in den bereits vorhandenen und gewohnten Sortimentsmix blasen“, so Kempke. „Vielfach wird angenommen, die Stores seien ausschließlich ein einfaches Mittel zum Zweck, um Leerstände zu bespielen mit dem Ziel, ungenutztem und damit wertlosem Gewerberaum neues Leben einzuhauchen. Ein Pop-up-Store ist mehr“, sagt Kempke. Er generiere Besucherfrequenz und mediales Interesse und ziele darauf ab, neue Zielgruppen für eine bestimmte Marke zu erschließen. „Dadurch wird auch der Stadtraum aufgewertet.“ Von Rüdiger Jacob