Prozess um tödliche Messerstecherei vor Penny

Am dritten Verhandlungstag im Prozess um eine tödliche Messerstecherei in Lübeck in der Ziegelstraße ist es am Dienstag zu keinem Ergebnis gekommen. Es wurden vom Gericht weitere Verhandlungstage angesetzt. Befragung der Zeugen: Knapp sieben Stunden wurden die Zeugen vor dem Landgericht befragt: Es handelt sich dabei um den Bruder und den Onkel des jungen Mannes, der im April hinter dem Penny-Markt am Ziegelteller erstochen wurde. Eine Dolmetscherin übersetzt den beiden nicht deutsch sprechenden Männern die Fragen und übersetzt ihre Antworten für das Gericht. Auf den dritten Zeugen wartet der Gerichtssaal vergeblich. Er erscheint nicht. Eine weitere Zeugin wird wieder nach Hause geschickt: Die Befragungen des Onkels und Bruders des Opfers dauern einfach zu lange. Zuerst war es nur ein verbaler Streit: Am 20. April wurde der 21-Jährige auf dem Penny-Parkplatz erstochen. Laut Anklage standen am Anfang des Geschehens „gegenläufige Interessen beim Absatz von Betäubungsmitteln“. Nach einer zunächst verbal geführten Auseinandersetzung soll es zu einer Schlägerei gekommen sein. Dann soll der 27-jährige Angeklagte dem Opfer mit einem Klappmesser einen gezielten Stich in den Hals versetzt haben. Gesonderte Ermittlungsverfahren: Beteiligt waren auf der einen Seite das Opfer, sein 20-jähriger Bruder und zwei weitere Männer. Auf der anderen Seite die Angeklagten Durim S. (27) und Ermal X. (32, Namen geändert) sowie ein weiterer Mann, gegen den die Staatsanwaltschaft in einem eigenen Verfahren ermittelt. Er wurde gleich nach der Tat in einer Wohnung im Hochhaus am Ziegelteller festgenommen. Durim S. wird Totschlag in Tateinheit mit Nötigung zur Last gelegt, Ermal X. gefährliche Körperverletzung und Beteiligung an einer Schlägerei. Der Bruder des Opfers soll von Ermal X. (32) und einem weiteren Mann bei der Schlägerei verletzt worden sein. Der 20-Jährige berichtet von Verletzungen an seinen Beinen, am Bauch und im Gesicht. Noch heute, über ein halbes Jahr später, spüre er die Nachwirkungen. Tat war nicht vorhersehbar: : Durch sein eines Nasenloch könne er nur noch 90 Prozent der Luft einatmen. Ermal X. habe ihn von hinten angegriffen, woraufhin er zu Boden gegangen sei. Der Angeklagte habe ihn so festgehalten, dass er seine Beine nicht mehr bewegen konnte. Auch der Onkel des Opfers war am 20. April am Tatort. Er habe schon einige Male Kontakt zu Durim S. gehabt. Sein nun verstorbener Neffe habe ihm berichtet, dass er von ihm beleidigt worden sei. Nach eigenen Aussagen habe der Onkel daraufhin versucht, die „Sache“ zwischen den Angeklagten und seinen Neffen mit Worten zu klären. Dass es zu einer Messerstecherei kommen könnte, habe er nicht geahnt. Besonderer Tag für die Anklage: Für die Anklage sei heute ein bedeutender Tag gewesen, erklärt Rechtsanwältin Lena Apaly-Esch. Sie hat heute die Aufhebung des Tatverdachtes der gefährlichen Körperverletzung für ihren Mandanten Ermal X. beantragt. „Von dem Zeugen, dem Bruder des Opfers, wurde bestätigt, dass mein Mandant nichts von dem Vorfall zwischen dem Opfer und dem anderen Angeklagten mitbekommen hat.“ Der Tatvorwurf der Anklage, Ermal X. hätte einen Mann bedroht, der dem am Boden liegenden Opfer zu Hilfe kommen wollte, sei somit nicht gerechtfertigt. Keine endgültigen Schlüsse: Staatsanwältin Britta Berkenbusch halte den Tatvorwurf der gefährlichen Körperverletzung dagegen weiterhin für gerechtfertigt. Endgültige Schlüsse könne Sie allerdings noch nicht ziehen. Man müsse die weiteren Entwicklungen des Verfahrens abwarten. Lesen Sie auch: Schleswig-Holstein geht Sonderweg: Kontakt-Regeln werden nicht verschärft Lübecks Gastronomen kämpfen sich durch die Krise Simultanübersetzung der Dolmetscherin: Die Angeklagten äußerten sich am dritten Verhandlungstag nicht. Sie folgten der Verhandlung hinter Corona-Schutzscheiben aus Plexiglas. Über Kopfhörer hörten sie die Simultanübersetzung der Dolmetscherin. Nebenkläger in dem Verfahren sind die Eltern des Todesopfers. Zu einem Urteil kam es am Dienstag nicht. Das Gericht hat insgesamt zwölf Hauptverhandlungstage anberaumt und bislang 35 Zeugen sowie zwei Sachverständige geladen. Der Prozess wird am 3. Dezember fortgesetzt. Von Nina Lennartz