Rolf Hiller, der Erfinder der Nordischen Filmtage, ist tot

Während der Nordischen Tage in Lübeck, einem deutsch-skandinavischen Wirtschaftstreffen, war Rolf Hiller 1956 gemeinsam mit Mitstreitern an der Gestaltung des kulturellen Rahmenprogramms beteiligt. 1000 Mark standen ihnen damals zur Verfügung, um Filme aus Skandinavien zu zeigen. Niemand ahnte, dass dies die Geburtsstunde der Nordischen Filmtage Lübeck würde. Nun ist Rolf Hiller, Gründer und langjähriger Begleiter des Festivals, im Alter von 92 Jahren gestorben. „Zu viel fuck, fuck,fuck“: Lübeck verliert mit Rolf Hiller einen Mann, dem die Stadt ihr größtes und einziges internationales kulturelles Ereignis zu verdanken hat. Hiller, 1928 in Schwerin geboren, leitete das Festival bis 1970. Als Besucher und Beobachter aber blieb er dem Festival bis zuletzt treu. Er war immer ein kritischer Begleiter, nahm kein Blatt vor den Mund, wenn ihm etwas nicht gefiel. So sagte er über „Träum weiter“, den Eröffnungsfilm von 2017, „Er hat mir nicht so sehr gefallen. Zu viel ,fuck, fuck, fuck’. Einen Eröffnungsfilm möchte ich ein bisschen fröhlicher sehen.“ Die Qualität von Filmen war für ihn immer das erste Kriterium. Er und seine Freunde wollten das Publikum davon überzeugen, dass aus Skandinavien nicht nur Kriegsfilme und seichte Sexklamotten kamen, für die der Norden lange Zeit stand. „Das wollten wir zurechtrücken“, sagte Hiller einmal den LN. Er hatte eine Apotheke in Travemünde: Wie vieles begann alles eher zufällig. Als Mitte der 1950er Jahre der Lübecker Filmclub wegen Mangels an Mitgliedern aufgelöst werden sollte, stemmte sich einer vehement dagegen: Rolf Hiller, Apotheker in Travemünde und Filmenthusiast durch und durch. Kurzerhand wurde er zum Vorsitzenden des Filmclubs gewählt, was nicht nur den Club rettete. Ohne Hiller hätte es die Filmtage nie gegeben. Er und seine Mitstreiter fingen bescheiden an. Die Filme, die sie zeigten, fanden jedoch über Lübeck hinaus Beachtung – und viel Zustimmung. „Wir mussten einfach weitermachen“, hat Hiller dazu in einem Interview gesagt. Rolf Hiller machte Ingmar Bergman in Deutschland bekannt: Ja, Rolf Hiller hat mit Stolz auf sein Werk zurückgeblickt. Er nahm für sich in Anspruch, Ingmar Bergman in Deutschland bekannt gemacht zu haben, als hier noch kaum niemand dessen Namen kannte. „Abend der Gaukler“, auch einer von Hillers Lieblingsfilmen, sei zuerst in Lübeck gezeigt worden. 25 Kilo haben die Filmrollen gewogen: Die Filmauswahl gehörte für den Festival-Gründer immer zu den Höhepunkten. Als selbstständiger Apotheker sei es für ihn aber nicht leicht gewesen, dies zu leisten. Seine Apotheke konnte er nicht lang allein lassen. Also reiste Hiller in den Norden, um innerhalb einer Woche alle Hauptstädte zu besuchen. Am leichtesten hatte er es in Oslo, wo Film-Journalisten schon eine Vorauswahl getroffen hatten. Auch dort hatte er jedoch im wahrsten Sinne des Wortes schwer zu schleppen. Um die 25 Kilo hätten die Filmrollen gewogen, die er nach Lübeck mitbrachte: „Aber ich war ja jung und konnte das tragen.“ Rolf Hiller wollte ein Festival ohne Stars und Glamour: Die Nordischen Filmtage sollten ein Festival ohne Stars und ohne Glamour sein. „Es hat Freude gemacht“, hat der Gründer einmal rückblickend über seine Arbeit gesagt. „Aber es hat auch Schwierigkeiten gegeben.“ Nicht immer sei es leicht gewesen, davon zu überzeugen, „wie wichtig Film für Lübeck ist.“ Ein kritischer Filmfreund: Nach dem Rückzug Hillers wurde das Festival immer größer und immer professioneller. Das brachte es mit sich, dass nicht nur Filmperlen gezeigt wurden. Hiller war ein sehr kritischer Filmfreund, aber kein verletzender Kritiker. Die Leitung, bekräftigte er, mache ihre Arbeit sehr gut. Beisetzung im engsten Familienkreis: Am vergangenen Mittwoch, 25. März, ist Rolf Hiller ruhig im Kreise seiner Familie gestorben, sagt seine Ehefrau Irene. Ihr Mann sei auch ein großer Jazzfreund gewesen, und er habe sich vorstellen können, dass eine Jazzband bei seiner Beerdigung spielen würde. Doch die Zeiten sind momentan nicht so. Rolf Hiller wird im engsten Familienkreis auf dem Burgtor-Friedhof beigesetzt. Alle Nachrichten über die Kultur im Norden lesen Sie hier Von Liliane Jolitz

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