Sanierung der beiden Türme an Lübecker Marienkirche geht weiter

Der Blick, den Christian Bracker täglich über die Dächer der Altstadtinsel hat, ist schon außergewöhnlich. Aber es ist auch ganz schön zugig und kalt in dieser luftigen Höhe von rund 40 Metern. Seelenruhig setzt der erfahrene Mitarbeiter der Lübecker Kirchenbauhütte Ziegelstein für Ziegelstein übereinander, befestigt und verfugt sie mit historischem Gipskalkmörtel. Hier oben jedenfalls scheint das Coronavirus ganz weit weg zu sein. Winterpause an den Türmen ist vorbei: Die Winterpause an den Türmen von St. Marien ist vorbei. Im November war dort der Startschuss für die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen gegeben worden, aber wegen fallender Temperaturen ruhte der Spachtel bald wieder. Jetzt geht es seit Anfang der Woche in die nächste Runde, und im Frühjahr 2021 soll alles fertig sein. „An dieser Stelle verlief der Riss über die gesamte Linie runter“, zeigt er auf das vor ihm liegende Mauerwerk und erklärt: „Den Bereich haben wir geöffnet – das waren so ungefähr drei bis vier Kubikmeter Stein, die da rausgekommen sind. Und jetzt ergänzen wir das und mauern das richtig mit Sorgfalt neu auf.“ Vertrauen in den historischen Mörtel: Und diesmal soll bei allen Arbeiten stets der „richtige“ Mörtel, der historische verwendet werden. Denn bei den vielen Nachbesserungen zuvor an den beiden Türmen wurde zu oft zum billigeren Zementmörtel gegriffen, der mit Wasser vermischt in die Zwischenräume gepresst wurde, bei Frost aufquoll und lokal das Mauerwerk gesprengt hat. „Nachweislich fand schon Mitte des 18. Jahrhunderts eine Sanierung an den Türmen statt und mit Sicherheit auch davor; man kann also davon ausgehen, dass St. Marien immer eine Dauerbaustelle war“, kommentiert Christine Johannsen. Die Hamburger Architektin begleitet schon seit dem Jahr 2015 die aufwendige Sanierungsmaßnahme. Sie sei sehr froh, dass die zähe und lange Planungsphase, während der man ordentlich gerungen habe, endlich abgeschlossen sei. Die Expertin verspricht sich nun auch mehr Stabilität im Turmmauerwerk von der Tatsache, dass im ganzen Verband aufgemauert wird. „Denn wir sind teilweise auf ein echtes Flickmuster gestoßen – wo quasi das neuere, jüngere Mauerwerk als Schale einfach vor den mittelalterlichen Kern gesetzt worden ist“, führt sie aus. Im Frühjahr 2021 soll alles fertig sein: Stets an ihrer Seite ist Frank Schmedemann. „Wir sind voll im Plan, die Baustelle funktioniert“, kommentiert der Leiter der Kirchbauhütte, die über insgesamt zehn Handwerker verfügt. Diese Worte hört auch Christian Rosehr, Vorsitzender des Kirchengemeinderats von St. Marien und selbst Architekt, sehr gerne. „Unser Ursprungsplan sah ja vor, am Jahresende 2020 schon fertig sein zu wollen, da aber die Förderzusage vom Bund später als erwartet eintraf, konnten wir auch erst später mit der Maßnahme beginnen“, erklärt er. Die Spendenaktion „Sieben Türme will ich sehen“ ist eine Initiative des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg, die schon seit dem Jahr 2011 läuft. Durch das Einwerben von Spenden sollen die historischen Innenstadtkirchen, ohne die Lübeck nicht seit 1987 den Status als Unesco-Welterbe innehätte, erhalten bleiben. Schätzungen ergaben, dass eine Million Euro pro Jahr aufgewendet werden müssen, um die Schäden zu reparieren. Aktueller Schirmherr der Aktion ist Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau. „Ich bin in Lübeck geboren und quasi mit den Türmen aufgewachsen. Und wenn die Stadt schon kein Geld für den Erhalt der sieben Türme geben kann, so kann ich mich doch dafür einsetzen, die Spendenkampagne in die Öffentlichkeit zu tragen“, betont er. Mehr Informationen gibt es im Internet unter www.sieben-tuerme-luebeck.de Marienpastor Robert Pfeifer erreichen seit Längerem schon Anfragen, „wann denn das Gerüst an den schönen Türmen endlich wegkommt – man kann es ja verstehen. Immerhin ist damit die Sicht auf unsere schönen Türme schon seit Dezember 2013 verstellt, wird also endlich Zeit, dass es weiter zum Dom wandert“, merkt der Geistliche an. Denn auch dort liegt am Westwerk mit den beiden, 114 Meter in den Himmel ragenden Türmen einiges im Argen. Und damit man im Detail weiß, was alles und wie es nachhaltig ausgebessert werden sollte, läuft seit mittlerweile 2018 die Voruntersuchungsphase, die außerdem über die Höhe der Sanierungskosten Aufschluss geben soll. Voruntersuchungen am Dom gehen auch weiter: „Derzeit erfolgen die geplanten Untersuchungen des Mauerwerkes“, berichtet Jürgen Rösing, stellvertretender Leiter der Bauabteilung im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg. Es würden dafür nach genau definierten Angaben des Planerteams Öffnungen im Turmmauerwerk vorgenommen. Ziel sei es, eine Bewertung hinsichtlich der Konstruktionsweise und Backstein- und Mörtelqualitäten vornehmen zu können. Dieses schrittweise Vorgehen habe sich schon bei St. Petri wie auch bei St. Marien äußerst bewährt, betont er. Dom-Pastorin Margrit Wegner verfolgt unterdessen neugierig den Aufbau des Testgerüstes für die weiteren Voruntersuchungen: „Ich freue mich, dass es weitergeht. Was die Gerüstbauer da so flott hingestellt haben, ist total beeindruckend.“ Ihr freudiges Staunen wird bestimmt noch größer sein, wenn im nächsten Jahr das Hauptgerüst an den Dom-Türmen aufgestellt wird. 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Lübecker Marienkirche: - Baupause an St. Marien ist beendet: Turmsanierung geht weiter