Schülerbeförderung in der Pandemie: Lübeck ordert zusätzliche Busse

Zehn Tage nach der Sitzung des Runden Tisches hat die Hansestadt eine Lösung für die Schülerbeförderung in der Corona-Pandemie präsentiert. „Dank der Bereitschaft aller Beteiligten gelingt es, gemeinsam den Schülerverkehr für die Innenstadt zu entzerren“, sagt der amtierende Bildungssenator Ludger Hinsen (CDU). Hörakustiker reduzieren Schülerzahl: Mehrere Innenstadt-Gymnasien verschieben ihre Unterrichtszeiten, um den Andrang auf die Busse zu reduzieren. Das Johanneum hat bereits die Anfangszeit für die Hälfte der Schulgemeinschaft auf die zweite Stunde verlegt. Der Unterricht an der Oberschule zum Dom (OzD) beginnt nun generell mit der zweiten Stunde. Auch das Katharineum plane, die Anfangszeit um 30 Minuten nach hinten auf 8.30 Uhr zu verschieben, teilt Hinsen mit. Eine Entscheidung solle in der Schulkonferenz fallen, gestartet werden könne dann am 7. Dezember. Hinsen: „Außerdem hat die Akademie für Hörakustik als Internatsschule mit 1000 Betten die Schülerbesuchszahlen um 50 Prozent reduziert, die Zimmer werden ausschließlich als Einzelzimmer belegt.“ Der Stadtverkehr habe in Absprache mit der Hansestadt die Firma Berg beauftragt, ab Montag, 23. November, drei zusätzliche Fahrzeuge während der Spitzenzeiten von 7 Uhr bis 8 Uhr sowie von 13 Uhr bis 17 Uhr einzusetzen. Die Fahrzeuge werden morgens zur Unterstützung der Linien 4, 10, 11 und 16 und nachmittags unter anderem für die Linien 1, 5, 7 und 10 benötigt. Da kein Fahrkartenverkauf erfolgt, seien diese Fahrzeuge reine „Schülerbusse“. Hinsen: „Es dürfen also nur Schülerinnen und Schüler mit einem gültigen Fahrausweis diese Busse benutzen.“ Busse fahren Schüler sonst zum Schwimmunterricht: Die zusätzlichen drei Busse werden eigentlich für die Schwimmfahrten genutzt. Da diese zurzeit entfallen, konnte der Stadtverkehr diese Kapazitäten buchen – zunächst bis Ende November. Ob die Gefährte auch im Dezember zum Einsatz als Schülerbusse kommen, darüber werde in Abhängigkeit von der Infektionslage kurzfristig entschieden. Die Kosten für die drei Fahrzeuge betragen rund 1000 Euro pro Einsatztag. Die Innenstadt-Schulen sowie die Schulen in St. Lorenz Nord werden täglich von rund 9000 Kindern und Jugendlichen besucht. Hinzu kommen tausende Berufsschüler. Die Gewerbeschule an der Parade hat dem Runden Tisch mitgeteilt, dass sie derzeit keine Möglichkeit sehe, den Schulbeginn zu verschieben. Die Schüler würden zu großen Teilen aus ganz Schleswig-Holstein anreisen. Berufsschulen: Viele Schüler kommen mit dem Auto: Das Berufsschulzentrum Emil-Possehl-Schule/Friedrich-List-Schule hat mitgeteilt, dass Pausenzeiten bereits entzerrt wurden. Dadurch würden Schüler zu versetzten Zeiten an- und abreisen. Alle Berufsschulen verweisen darauf, dass viele der erwachsenen Schüler mit Autos anreisen. Schulen in den Stadtteilen melden, dass es keine Probleme mit vollen Bussen gebe, da die meisten Schülerinnen und Schüler zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommen. Lesen Sie auch: Corona: In Travemünde gilt auf bestimmten Plätzen wieder Maskenpflicht Stadtpräsident in Lübeck: Grüne sind für Klaus Puschaddel Lübeck: Das sind die schlechtesten Gehwege Die Wählergemeinschaft GAL, die als erste auf die problematische Schülerbeförderung in der Pandemie aufmerksam gemacht hat, kritisiert, dass die Maßnahmen viel früher hätten erfolgen müssen. „Wir wissen seit Langem, was auf uns zukommt“, sagt GAL-Politikerin Katja Mentz, „solche Maßnahmen hätten längst umgesetzt sein müssen.“ Sollten die drei zusätzlichen Busse nicht ausreichen, müsse die Stadt nachbessern. Mentz: „Das darf dann auch etwas kosten.“ Unabhängige: Lindenau zeigt kein Herzblut bei dem Thema: Die Unabhängigen hatten die Ergebnisse des Runden Tisches am 9. November als „politischen Offenbarungseid“ kritisiert. Fraktionschef Detlev Stolzenberg warf Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) vor, kein Herzblut für das Thema zu zeigen. Jetzt spricht Stolzenberg von einem Teilerfolg. „Aber die reichen nicht aus“, so der Fraktionschef, „weitere Anstrengungen sind notwendig“. André Kleyer (Grüne), Vorsitzender des Schulausschusses der Bürgerschaft, spricht von einem „ersten Schritt“. Eine weitere Entzerrung der Schülerbeförderung sei angetan. Schulpolitiker von SPD und CDU dagegen raten, die Maßnahmen erst einmal wirken zu lassen. „Das ist sicherlich kein großer Wurf“, erklärt CDU-Politikerin Dagmar Hildebrand, „und wenn es nicht funktioniert, muss nachgesteuert werden.“ Er wisse nicht, ob die Maßnahmen ausreichen, erklärt der SPD-Bildungspolitiker Jörg Haltermann, „aber wir sollten die Maßnahmen eine Weile beobachten.“ Es sei gut, dass ein Anfang gemacht wurde. Von Kai Dordowsky