Schutz vor Coronavirus: Apotheken installieren Scheiben

Die Lage ist ernst und die Sorge vor einem Kollaps in sensiblen Bereichen der Infrastruktur wächst. In einigen Apotheken wird deshalb kräftig aufgerüstet. So werden schon die ersten Verkaufstresen mit Plexi- oder Acrylglasscheiben als Schutz ausgestattet. „Es ist wichtig, die Mitarbeiter und auch Kunden zu schützen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt“, sagt Frank Jaschkowski, Geschäftsführer der Apothekerkammer Schleswig-Holstein. „Scheiben zu installieren, halte ich für eine gute und bessere Idee als Masken zu tragen. Die Masken sorgen doch vielerorts für Angst und Verunsicherung.“ Zahl der Botendienste hat sich verdoppelt: In den beiden Lübbers Apotheken in Stockelsdorf hat Inhaberin Tiana Evertz bereits alle Verkaufsplätze mit Plexiglasscheiben ausgestattet. „Wir haben das in Eigenregie erstellt“, berichtet die Chefin von insgesamt 20 Mitarbeitern. Die Maßnahme habe sie nach Absprache mit den Mitarbeitern getroffen. „Die Sicherheitsvorkehrung wird aber auch von den Kunden begrüßt“, erklärt Evertz, die bei der Organisation ihrer Apotheken auch an anderen Stellschrauben gedreht hat. So wirbt die Apothekerin aktiv dafür, mehr das Botendienst-Angebot wahrzunehmen, um Kontakte zu verringern. Mit Erfolg. „Die Botendienste sind rapide angestiegen, die Zahl der Touren hat sich praktisch verdoppelt“, berichtet Evertz. Von Kollegen aus Heinsberg lernen: Ähnlich ist die Situation in den Elefanten-Apotheken in Lübeck. In den Filialen Wesloer Landstraße bei Famila, Ratzeburger Allee (Wirth-Center), im Hochschulstadtteil (MGZ) und im UKSH werden die Verkaufsplätze am Mittwoch zum Schutz vor Infektionen mit Acrylglasscheiben versehen. „Kollegen aus dem Kreis Heinsberg haben dieses Vorgehen in einem Rundbrief empfohlen. Acrylglas soll sich besser reinigen lassen“, berichtet Inhaberin Tanja Jacobsohn, die in ihren Apotheken nur noch in bestimmten Teams zusammenarbeiten lässt, damit in einem Infektionsfall nicht gleich alle Apotheken betroffen sind. Pause für die Desinfektion: Dirk Buckenberger von der Alten Apotheke in Bad Segeberg hat am Wochenende zusammen mit einem Tischler die Scheiben vor den Bedientresen selbst installiert. „Außerdem haben wir die Desinfektion hochgefahren, wir machen jetzt täglich von 13.30 bis 14 Uhr Pause, um einmal alles zu desinfizieren“, erklärt der Apotheker. Außerdem ist dann Schichtwechsel in der Apotheke. Die Belegschaft ist in zwei feste Teams aufgeteilt, damit im Falle einer Quarantäne nicht alle Mitarbeiter betroffen sind. Plexiglas für Schutzwand im Baumarkt gekauft: Seit 18 Jahren hat Thilo Kehr die große Apotheke im Plaza in der Geesthachter Innenstadt. Acht Mitarbeiter arbeiten bei ihm. Auch er findet die Schutzwand sinnvoll. Kehr: „Eine wichtige Maßnahme, um Kunden und Mitarbeiter zu schützen. Bereits Anfang der letzten Woche habe ich für meine Apotheke eine Schutzwand aufgebaut. Die Materialien wie Plexiglas und Befestigungen habe ich mir im Baumarkt gekauft und die Wand, die über fünf Meter den gesamten Kundenbereich abdeckt, selbst installiert. Es gibt auch gewerbliche Anbieter für Apotheken, die ich allerdings nicht in Anspruch nehmen wollte. Einige meiner Kollegen haben meine Konstruktion gesehen und die selbstgebauten Schutzwände ebenfalls in ihren Apotheken installiert.“ Und was halten die Kunden davon? „Wir haben durchweg positive Resonanz von den Kunden erhalten. Nur einige wenige sahen die Schutzmaßnahme als übertrieben an“, sagt Kehr. Kammer wird keine Beschränkungen auferlegen: Aus Sicht der Apothekerkammer Schleswig-Holstein muss die Betriebsbereitschaft in den Apotheken zu erhalten, oberste Priorität genießen. „Entsprechend werden den Apotheken keine Beschränkungen auferlegt“, versichert Frank Jaschkowski von der Apothekerkammer, der für alle Maßnahmen, die der Sicherheit dienen, Verständnis hat. „Es gibt Apotheken, die ihre Kunden derzeit nur durch die Notklappe bedienen. Auch das muss man akzeptieren“, sagt Jaschkowski, der aber zudem an die Kunden appelliert, die allgemeinen Verhaltenshinweise zu berücksichtigen. Dazu gehöre auch, dass Kunden, die Symptome haben, die Apotheken nicht aufsuchen, sondern telefonisch ihre Hausapotheke kontaktieren sollen. Sinnvoll sei auch die Zahl der Kunden in der Apotheke auf die Zahl der Beratungsplätze zu begrenzen. Der Rest müsse dann vor der Tür warten. Außerdem will sich Jaschkowski beim nächsten Krisentreffen am Freitag im Kieler Gesundheitsministerium dafür einsetzen, dass Mitarbeiter aus Apotheken und Arztpraxen in einem Corona-Verdachtsfall vorzugsweise getestet werden. „Das ist derzeit noch nicht der Fall. Diese Änderung ist aber dringend erforderlich.“ Kunden dürfen nur einzeln herein: Vor der Tür warten müssen nun auch die Kunden der Pinguin-Apotheke. Die Apotheker rufen sie einzeln hinein. „So kann der nötige Sicherheitsabstand eingehalten werden, im geschlossenen Raum ist das nicht möglich“, sagt Petra Möller aus der Pinguin-Apotheke am Lübecker Zob. Schilder an der Eingangstür weisen seit Montag auf die neue Regelung hin. Möller lobt: „Das klappt wunderbar.“ Um sich zusätzlich zu schützen, tragen sie und ihre Kollegen außerdem Handschuhe und einen Mundschutz. Glasscheiben sollen Donnerstag geliefert werden: In Bad Oldesloe hat Daniel Lemme die Glasscheiben für seine beiden Geschäfte, die Spitzweg-Apotheke und die Apotheke am Markt, schon bestellt. Nun warten er und sein Team auf die Lieferung. „An sich sollten die Plexiglasscheiben spätestens am Donnerstag da und relativ einfach aufzustellen sein, mit Füßen und einer Durchreiche unten“, sagt Bianca Neumann. Zurzeit schützen sie und ihre Kollegen sich der Lage entsprechend: „Wir arbeiten zum Teil mit Maske und Handschuhen und sprühen den Tresen regelmäßig mit Desinfektionsmittel ab. Auch achten wir darauf, dass sich nicht zu viele Kunden im Verkaufsraum aufhalten und diese zudem einen gewissen Abstand zueinander einhalten.“ Eigenes Desinfektionsmittel könne auch angerührt werden. „Das ist derzeit aber noch nicht nötig“, sagt die pharmazeutisch-technische Assistentin. 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