Spargel für immer: Lübecker Landwirt vermietet sein Spargel-Feld

Der Hof Schlichting bietet Spargelreihen zum Mieten. Eine Spargel-Flatrate sozusagen. Ein Angebot, auf das die Lübecker offenbar nur gewartet haben. Innerhalb von 24 Stunden waren alle Spargelreihen weg. Und das, obwohl das Ehepaar Schlichtung die Zahl der Spargelreihen noch verdoppelt hat – von erst zwölf auf 25 Spargelreihen. Wegen des großen Ansturms. Das ist ein Viertel des vier Hektar großen Spargel-Feldes. Die Idee ist aus der Not geboren. Denn wegen der Corona-Krise ist es schwierig, Saison-Arbeiter zu finden. Die Ernte drohte auszufallen. Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Wegen Corona fehlen die Erntehelfer: Die rettende Idee hatte Tochter Charlotte. Der Vorschlag „Spargel zum Selbststechen“ stammt von ihr – beziehungsweise aus Thüringen. „Ich habe das im Internet gefunden“, sagt Charlotte Schlichting. Denn: Viele Erntehelfer kommen aus Polen. Aber wegen Corona ist das Einreisen nach Deutschland schwierig. Auf dem Hof der Schlichtings arbeiten sonst sieben bis zehn Saisonarbeiter zwischen den Spargelreihen. Was tun, damit der Spargel nicht verdirbt? Spargel zum Selbststechen war die Lösung. Spargelstechen muss man lernen: „Wir haben zunächst beraten, ob das Selbststechen etwas wäre“, sagt Charlotte Schlichting. Denn die Idee hat Risiken. Spargel-Stechen erfordert Kennerschaft. Die Stangen müssen mit einem scharfen Spargelstecher abgetrennt werden, dabei kann man die Pflanze leicht verletzen. Wird sie beschädigt, war es das. Dann wächst im nächsten Jahr kein Spargel. Üblicherweise lebt eine Spargelpflanze zwischen acht und zehn Jahren. Daher reagieren andere Landwirte ablehnend. Sie würden keine Hobby-Bauern auf ihr Feld lassen, berichten die Schlichtings. Aber sie haben es gewagt. Das Schild mit der Aufschrift „Miete Dir Deine Spargelreihe“ stand nur einen Tag am Feldrand. Der Facebook-Post wurde 6000 geteilt – und schon waren alle Reihen weg. Das Tolle: Alle die sich gemeldet haben, sind auch dabei geblieben. Charlotte Schlichting: „Keiner ist abgesprungen.“ Dann hat das Ehepaar Schlichting einen Einführungskurs im Spargelstechen gegeben. Seit einer Woche stecken an den Spargel-Reihen kleine Holzlatten mit Nummern darauf – von eins bis 25. Jeder der Hobby-Bauern hat eine Reihe gelost und darf so viel Spargel ernten, wie die Reihe hergibt. Insgesamt sechs Wochen – am 5. Juni ist Schluss. Die Reihen sind zwischen 160 und 200 Metern lang. Kosten: 198 Euro. Jeden Tag Spargel essen: Mit dabei ist der Lübecker Rolf Ziesemann. Seine Frau hat ihn auf diese Idee aufmerksam gemacht. „Ich habe Zeit – und mir macht das Spaß“, sagt er. Ziesemann ist auf dem Land groß geworden, hat stets auf Bauernhöfen geholfen. Aber nie Spargel selbst gestochen. Jetzt kniet er an einer Spargelreihe. Er prüft die Erde. Wenn sie etwas bröselig ist, dann ist der Spargel nicht mehr weit. Seine Hände stecken in blauen Handschuhen. Mit zwei Fingern kratzt er die Erde ab. Die Spargel-Stange ist freigelegt. Dann kommt der scharfe Spargelstecher zum Einsatz, schräg ansetzen – und knack. Der Spargel ist geerntet. Mit einer Maurerkelle schaufelt Ziesemann die Erde wieder zurück. Und weiter geht es. Vier Mal war Ziesemann bereits bei seiner Spargelreihe. Zwei Mal hat er jeweils acht Kilo geerntet. Seine Frau freut sich, die Nachbarn ebenfalls – und er kann jeden Tag Spargel essen. Überwältigt sind die Schlichtings von wohlwollendem Zuspruch. „Alle sind so begeistert“, freut sich Elisabeth Schlichtung. „Wir haben so viel positive Rückmeldung bekommen.“ Ehemann Andreas stimmt zu: „Das macht einfach Spaß.“ Die neuen Hobby-Bauern tummeln sich zwischen ihren Spargelreihen, wann immer sie wollen. Sie ernten das leckere Frühlingsgemüse – und veröffentlichen Fotos von vollen Körben und von den zubereiteten Spargel-Speisen auf Facebook. Offenbar ist Landleben bei den Lübeckern wieder angesagt. Denn wegen Corona haben viele Lübecker Zeit, weil sie nicht arbeiten dürfen, in Kurzarbeit sind, den Urlaub absagen mussten – oder raus müssen aus dem Homeoffice. „Für einige ist das Spargelstechen der Tagesausflug“, berichtet Andreas Schlichting. Besonders schön für ihn ist, dass die Lübecker sich so sehr über diese Abwechslung freuen. Die Idee ist aus der Not geboren. Aber beibehalten wollen die Schlichtings den Spargel zum Selbststechen auch im nächsten Jahr. Schlichting: „Das kann ich mir gut vorstellen.“ Denn: „Es macht so viel Freude.“ Lesen Sie auch: Spargel-Ernte in Schleswig-Holstein gestartet Von Josephine von Zastrow

Corona - Lübecker Landwirt vermietet sein Spargelfeld