„Snackbar“ steht auf dem liebevoll gestalteten Holzschild, und Torge Kahl (36) greift mal eben ins Hochbeet, um ein Radieschen zu naschen. Im Hochbeet nebenan steht „Bienenschmaus“ – bienenfreundliche Blumen sind hier gepflanzt. Der Beitrag der Stadtgärtner gegen das Insektensterben.
Noch wird nicht geerntet
Ein würziger Rauch zieht durch den Garten, der kein privater ist, sondern der Garten der Kaufmannschaft/Technik Zentrum Lübeck in der Breiten Straße. Peter Jan Schwach (35), Designer und Hobby-Imker, räuchert die beiden Bienenvölker ein, damit sie sich beruhigen und sich, ohne zu stechen, auf ihrem Wabenrahmen begutachten lassen. „Den Honig wollen wir ihnen jetzt noch nicht wegnehmen, wir warten, bis die Linden blühen“, sagt er.
Die Stadtgärtner, das waren ursprünglich Torge Kahl und zwei Freunde, die auf dem Land aufgewachsen waren und in Großstädten, in denen sie während des Studiums weilten, plötzlich mit ziemlich viel Grau statt Grün konfrontiert waren. Sie begannen, sogenannte Saat-Bomben zu rollen. 2012 entstand ihre Firma im niedersächsischen Nordhorn. Die Firma wuchs, Kahl zog 2017 nach Lübeck. Seit Oktober 2018 sind die Stadtgärtner Mieter im Technik Zentrum Lübeck im Haus der Kaufmannschaft.
Wachsende Geschenke
Die Produktpalette der wachsenden Geschenkartikel ist breit – von allerlei Saatmischungen in Jutesäckchen über Pflanz-Sets, wachsende Geschenkkarten bis hin zu Nutzpflanzen-Samen wie Aubergine oder Zucchini reicht das Angebot. Dabei legen die Stadtgärtner viel Wert auf Nachhaltigkeit – auch bei den Verpackungen. Als Designer hat Peter seinen ersten „großen Wurf“, wie Kahl sagt, mit einem „Wunscherfüller“ gelandet: eine Pusteblume in einem Glas mit Korken.
Im ausgesuchten Einzelhandel oder im Internet
Ihre besonderen Geschenkartikel verkaufen die Stadtgärtner auch in Lübecker Buchhandlungen oder bei „Kinderkram“, ansonsten übers Internet. Absoluter Renner sind die „Seed Bombs“, die es auch einzeln in witzigen Mini-Kartons gibt. Unter anderem als „Rache“-Variante, gefüllt mit Unkraut-Samen. Seit Beginn ihres Unternehmens haben die Stadtgärtner 5,5 Millionen Saat-Kugeln ausgeliefert, allein im vergangenen Jahr waren es drei Millionen. „Es war nicht so geplant als Riesen-Business“, sagt Torge Kahl, das habe sich einfach so entwickelt.
Bienen als Umweltprojekt
Das mit den beiden Bienen-Schwärmen der sanftmütigen Rasse Carnica hingegen war eine gezielte Aktion. „Wir wollten ursprünglich ein Kajak-Projekt starten: kostenlos ein Kajak nehmen und dafür Müll vom Wasser sammeln. Das klappte leider nicht“, erzählt Kahl, „da haben wir uns ein anderes cooles Projekt überlegt – die Bienen.“ Weder der Vermieter noch die anderen Mieter im Haus hätten ein Problem damit gehabt, also legten die Stadtgärtner los. Ihren Honig wollen sie nicht verkaufen, sondern verschenken – „an die Vermieter und Mieter hier im Haus, die alles sehr cool und nett sind“, sagt Imker Peter Jan Schwach. Und natürlich wollen ihn die Stadtgärtner selbst genießen.
Sabine Risch