Statt Plädoyers erneuter Drogentest

Schon nach dem psychiatrischen Gutachten am Montag hatten von Lukowicz und Staatsanwalt Niels-Broder Greve mehrfach nachgefragt, ob nicht doch am Tattag beim Angeklagten Hartmut L. (Name geändert) eine Intoxikation durch bislang nicht getestete, unbekannte Drogen vorgelegen haben könnte. Ein Test am UKSH in Lübeck hatte im Blut des Angeklagten nur Cannabis und ein Kokain-Abbauprodukt (von einem länger zurückliegenden Konsum) ergeben. Jetzt habe der Staatsanwalt ermittelt, dass es in Freiburg ein Institut gebe, das das Blut des Angeklagten auf Spice, also berauschende Badesalze, und Halluzinogene untersuche sowie ein Screening von 900 Substanzen vornehme. Drei Wochen dauere es, bis das Ergebnis vorliege. Bis dahin wird der Prozess unterbrochen. Das Thema Drogen, genauer gesagt Cannabis, nahm auch gestern in der insgesamt nur halbstündigen Sitzung breiten Raum ein. Staatsanwalt Greve wollte genau wissen, wo das Tütchen mit dem Cannabis am Tattag gelegen habe, wieviel es enthielt, wie die Mischung war, die Hartmut L. an jenem Tag konsumierte und von wem er es bekommen habe. Ein ehemaliger Bewohner des Hauses in der Eschenburgstraße, so der Angeklagte, habe ihm ein bis zwei Tage vor der Tat das Tütchen gegeben. Nicht gegen Geld, sondern im Rahmen eines Tauschgeschäftes – „gegen Alkohol oder so“, sagt Hartmut L.. Er versichert jedoch, der Mann, dessen Vorname ihm entfallen sei, handele nicht mit Drogen und konsumiere auch nur selten welche. „Ich Idiot wollte was rauchen, habe ihn angesprochen – und er hatte was da“, so der Angeklagte. Aus dem Tütchen habe er unmittelbar vor der Tat am 14. Juli „ungefähr 0,4 Gramm“ mit Tabak für einen Joint gemischt. In der Haft sei er clean, habe nur gelegentlich Rückfälle mit Rauchen erlitten. „Wenn ich irgendwann wieder in Freiheit bin“, erklärt Hartmut L., „wird mein Freundeskreis ein anderer sein als bisher. Es geht um meine Kinder, die ich irgendwann wiedersehen möchte.“ Auf die Frage der Vorsitzenden Richterin, ob er bereit sei, eine Drogentherapie zu machen, antwortet der 30-Jährige: „Ja, jubelnd!“ Einen sogenannten Adhäsionsantrag stellte der Vertreter der Nebenklägerin Hanna M. (Name geändert), der lebensgefährlich verletzten Großmutter des Angeklagten. Dieses Verfahren bietet dem Verletzten einer Straftat die Möglichkeit, einen gegen den Beschuldigten aus der Straftat entstandenen vermögensrechtlichen Anspruch wie Schadensersatz oder Schmerzensgeld bereits im Strafverfahren geltend zu machen. Hanna M. hatte nicht nur viel Blut verloren und musste notoperiert werden, sondern war durch die Folgen der Schläge aufs rechte Auge auch einseitig erblindet. Durch ihre Narben habe die Großmutter des Angeklagten immer noch nicht die volle Bewegungsfähigkeit wiedererlangt, durch den Tod der Tochter sei eine geregelte Altersversorgung nicht gewährleistet. Zudem habe sie aus dem Haus, in dem ihre Tochter zu Tode kam, ausziehen und sich eine Wohnung mieten müssen, führte ihr Vertreter Frank-Eckhard Brand aus. Er beantragte nun, den Angeklagten zu einem Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 40000 Euro zu verurteilen. Spontan wollte Verteidiger Hans-Jürgen Wolter dazu nicht Stellung nehmen. Der Prozess vor der VII. Großen Strafkammer des Landgerichts Lübeck wird am Dienstag, 13. März, um 9 Uhr in Saal 315 des Landgerichts, Schwartauer Landstraße 9-11, fortgesetzt. Dann soll das Ergebnis des jetzt beauftragten umfassenden Drogentests vorliegen. Wann die Plädoyers und das Urteil anstehen, steht noch nicht fest. Von Sabine Risch

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