Straßen-Sperrung: Mehr Verkehr auf Schleichweg

Im Mai schien sich die von Anwohnern im Heiweg und Dreifelderweg als dramatisch empfundene Verkehrslage zu entspannen, nachdem die Stadt mit nachgebesserter Beschilderung auf angeprangerte Missstände reagiert hatte. Schließlich ist die Siedlung seitdem für auswärtige Lastwagen tabu, die wegen der im Bereich An den Schießständen gesperrten Kreisstraße 19 zuvor durch die Tempo-30-Zone gerumpelt waren, um die offizielle Umgehung von Wesloe nach Eichholz und retour abzukürzen. Alles, was Lübeck voranbringt: Jeden Montag gegen 18 Uhr in Ihrem E-Mail-Postfach. Hier kostenlos den Newsletter „Lübeck next“ bestellen! Gefährliche Situationen im schmalen Dreifelderweg: Doch Klaus Lange (66), Vorsitzender des Kleinsiedler-Vereins Brandenbaum, sagt: „Als Heiweg-Anwohner muss ich leider feststellen, dass hier weiter gerast wird und es vor allem im schmalen Dreifelderweg immer wieder auch für Fußgänger oder Radfahrer zu gefährlichen Situationen kommt, weil bei Gegenverkehr über den Bürgersteig gefahren wird. Von Geschwindigkeitskontrollen oder im Mai in Aussicht gestellten weiteren Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung ist nichts zu sehen.“ Frust über erstes „Knöllchen“ für Gehweg-Parken nach 34 Jahren: „Im Gegenteil“, beklagt auch Günter Nofcz. Der Dreifelderweg-Anwohner grollt: „Jetzt haben auch wir zum ersten Mal seit 34 Jahren ein Strafmandat dafür bekommen, dass unser Auto vorm Haus auf dem Gehweg geparkt hat. Wir sollen 20 Euro zahlen, obwohl nirgends Halte- oder Parkverbot-Schilder stehen und auf dem Fußweg immer noch genug Platz für einen Kinderwagen oder einen Rollator ist.“ Der 78-Jährige glaubt: „Das ist eine Retourkutsche, weil wir uns über die Zustände beklagen und nicht wollen, dass sich der Durchgangsverkehr hier weiter breit macht.“ Ordnungsgemäß am Straßenrand geparkt, prompt angefahren: Nachbar Hubert Ohlendorf (67) und Klaus Lange erklären dazu einmütig: „Demnach müssten die Autos in der gesamten Siedlung aufgeschrieben werden. Hier wird überall so geparkt, denn die mitunter 1,70 Meter breiten Bürgersteige und die teilweise nur 3,50 Meter schmalen Fahrbahnen liegen mit den 40 Zentimeter breiten Rinnsteinen ja auf einer Ebene.“ Ohlendorf fügt hinzu: „Wenn man ordnungsgemäß am Straßenrand parkt, kommt ja kein Fahrzeug mehr durch, ohne über den gegenüberliegenden Bürgersteig zu fahren. Und unser Auto wurde prompt angefahren, als wir es so abgestellt hatten.“ „Anwohner sollen auf ihren Grundstücken parken“: Stadt-Sprecherin Nicole Dorel erklärt zu dieser Gemengelage: „Gehwegparken ist auch dort nicht erlaubt. Widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge werden verwarnt – so geschehen in der vergangenen Woche durch das 3. Polizeirevier.“ Insbesondere im Hinblick auf dort nicht mehr durchkommenden Einsatzfahrzeuge könne auch das Zustellen der Fahrbahn nicht geduldet werden. Anwohner sollten mit ihren Fahrzeuge auf den Grundstücken parken „und wenn das nicht möglich ist, dort, wo geparkt werden kann, also nicht auf den Gehwegen, da diese den Fußgängern und Kindern als Radweg vorbehalten sind.“ Anfang Mai wurde die Kreisstraße 19 im Bereich An den Schießständen für den Durchgangsverkehr von Wesloe nach Eichholz und retour für voraussichtlich sieben Monate voll gesperrt. Es war der Beginn aufwendiger Ausbauarbeiten: Es gibt eine neue Fahrbahn nebst Parkflächen, neue Beleuchtung sowie einen neuen Rad- und Gehweg auf 540 Metern. Die Hansestadt verspricht sich vom Ausbau eine Verbesserung der Verhältnisse für alle Verkehrsteilnehmer. Nicht nur Auto-, Bus- und Lkw-Verkehr sollen besser fließen können, auch Radfahrer erwartet größerer Komfort. So soll die Lücke in der Verbindung zwischen der Brandenbaumer Landstraße und dem vorhandenen Geh- und Radweg an den Schießständen geschlossen werden. Auf LN-Anfrage erklärt Stadt-Sprecherin Nicole Dorel: „Die Arbeiten liegen gut im Zeitplan, Fertigstellung ist wie geplant zum 27. November.“ Messung im Heiweg am 16. Juni ergab 2274 Fahrzeuge: Zu etwaigen Maßnahmen gegen „rasenden Schleichverkehr“ in der generell verkehrsberuhigten Siedlung berichtet Dorel von einer Verkehrszählung im Heiweg/Kreuzung Dreifelderweg am 16. Juni. „Der durchschnittliche tägliche Verkehr hat sich im Heiweg überwiegend baustellenbedingt – vor allem durch die Sperrung An den Schießständen – von 1359 Kraftfahrzeugen in 2015 auf 2274 im Juni 2020 erhöht.“ Dabei sei die Verkehrsbelastung „in der relevanten Spitzenstunde“ zwar von 126 auf 175 Kraftfahrzeuge angestiegen, bewege sich damit aber immer noch innerhalb des in den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt06) empfohlenen Wohnstraßen-Limits von bis zu 400 Kfz pro Stunde. Stadt hält weitere Maßnahmen „derzeit nicht für erforderlich“: Und in puncto angemahnter Tempo-Kontrollen speziell im Heiweg schiebt Dorel nach: „Das Ordnungsamt überwacht die Geschwindigkeit dort regelmäßig in unregelmäßigen Abständen. Aufgrund der Ergebnisse der Verkehrszählung sowie nach Rücksprache mit der Polizei sind die bisher getroffenen Maßnahmen ausreichend, weitere werden derzeit nicht für erforderlich gehalten.“ Drei Möglichkeiten zur Entschärfung der aktuellen Lage: Indes betonen Lange und Ohlendorf: „Zur Entschärfung der aktuellen Lage gibt es eigentlich nur drei Möglichkeiten: ein generelles Durchfahrtsverbot für alle Nicht-Anlieger und nicht nur für auswärtige Lkw, Tempo 20 statt 30 oder eine aufwendige Einbahnstraßen-Regelung.“ Von Andreas Oelker

Straßen-Sperrung: Mehr Verkehr auf Schleichweg – Knöllchen für Anwohner